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  • · Fachbeitrag · Betriebswirtschaftliche Beratung

    Förderung von E-Transportern durch Sonder-AfA: Betriebswirtschaftlicher Anreiz oder Enttäuschung?

    von Prof. Dr. Peter Hoberg, Worms

    | Was tun, wenn es zum Dieselfahrverbot kommt? 80 % der Handwerker setzen Dieselfahrzeuge ein. Als Alternative könnten E-Tranporter dienen. Der Unterhalt dieser Fahrzeuge ist günstiger, viele Kommunen bieten Vorrechte beim Parken, neu zugelassene E-Fahrzeuge sind zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Zusätzlich erhalten Unternehmer beim Kauf eines E-Autos eine staatliche Kaufprämie. Als ein ganz besonderes Bonbon ist eine Sonder-Abschreibung in Höhe von 50 % in Planung. Handelt es sich dabei betriebswirtschaftlich um den großen Wurf oder eher um mehr Schein als Sein? |

    1. Politischer Hintergrund

    Die Politik steht unter Druck, weil in vielen großen Städten die Luftverschmutzung zu hoch ist. Um das Problem der Luftverschmutzung eleganter zu lösen (andere würde sagen: in andere Gebiete zu verschieben), sollen gewerblich genutzte E-Fahrzeuge gefördert werden. Da diese E-Transporter deutlich teurer sind als die herkömmlichen Lieferwagen, soll laut Koalitionsvertrag vom 7.2.18 (S. 77) eine auf fünf Jahre befristete Sonder-Abschreibung in Höhe von 50 % für gewerblich genutzte E-Fahrzeuge im Jahr der Anschaffung einen großen Anreiz zum Umstieg bieten. Die erhöhte Abschreibung führt im Anschaffungsjahr zu einer deutlichen Reduktion der Steuerzahlung, was möglichst viele Betriebe zum Umstieg bewegen soll.

    2. Kalkulation

    Es soll nun ermittelt werden, wie groß der Anreiz aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist. Als Beispiel werden die Daten für den inzwischen populären StreetScooter gerechnet, welcher auch von der Post eingesetzt wird. In der Version Work Box kostet er 35.950 EUR ohne Umsatzsteuer, ohne Überführung und vor Förderung. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Lkw beträgt neun Jahre, woraus sich eine Abschreibung von 3.994 EUR/a ergibt. Zunächst wird die Berechnung ohne die Sonderabschreibung durchgeführt.

     

    2.1 Berechnung ohne Sonderabschreibung

    Um die einzelnen Effekte gut nachvollziehen zu können, wird das Instrument des Vollständigen Finanzplans (VoFi) eingesetzt (vgl. z. B. Götze, S. 126 oder Varnholt/Lebefromm/Hoberg, S. 509 ff.). Für jede Zahlungsart und für die steuerlichen Sachverhalte wird eine eigene Zeile eingeführt. Der Grenz-steuersatz wird zunächst mit dem Maximum von Personengesellschaften ohne Kirchensteuer von 47,48 % angenommen. Wie in Steuerkalkulationen üblich wird unterstellt, dass die Steuerzahlung bzw. ihre Änderung jeweils zum Ende des Steuerjahres relevant wird. Diese Annahme ist nicht realistisch, weil in der Praxis schon vorher Abschlagszahlungen geleistet werden müssen. Dies kann mit Aufschlägen auf den Steuersatz gelöst werden (vgl. Hierzu Hoberg [2013], S. 76 f.). Mit diesen Daten ergibt sich Abb. 1:

     

    • Abb. 1: Vollständiger Finanzplan ohne Sonderabschreibung

    Zeitpunkt

    1.1.01

    31.12.01

    31.12.02

    31.12.03

    31.12.04

    31.12.05

    31.12.06

    31.12.07

    31.12.08

    31.12.09

    1

    Anlage-Investitionen

    ‒35.950

    2

    Projekt Cash Flow

    ‒35.950

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    3

    Kreditzinsen

    ‒2.157

    ‒2.111

    ‒2.064

    ‒2.015

    ‒1.965

    ‒1.913

    ‒1.859

    ‒1.804

    ‒1.747

    4

    Guthabenzinsen

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    5

    Cash Flow vor Steuern

    ‒35.950

    ‒2.157

    ‒2.111

    "‒2.064

    ‒2.015

    ‒1.965

    ‒1.913

    ‒1.859

    t‒1.804

    ‒1.747

    6

    Sonderabschreibung

    7

    Normalabschreibung

    9 Jahre

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    8

    Restwert

    31.956

    27.961

    23.967

    19.972

    15.978

    11.983

    7.989

    3.994

    0

    9

    Abschreibungen gesamt

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    10

    Bemessungsgrundlage

    ‒6.151

    ‒6.106

    ‒6.058

    ‒6.010

    ‒5.959

    ‒5.907

    ‒5.854

    ‒5.799

    ‒5.742

    11

    Ertragssteuern

    (+ Erstattung)

    2.921

    2.899

    2.877

    2.853

    2.829

    2.805

    2.779

    2.753

    2.726

    12

    Steuersatz

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    13

    Cash Flow nach Steuern

    ‒35.950

    764

    788

    813

    838

    865

    892

    920

    949

    979

    14

    Finanzierung

    15

    * Kapitalaufnahme

    35.950

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    16

    * Kapitalrückzahlung

    0

    ‒764

    ‒788

    ‒813

    ‒838

    ‒865

    ‒892

    ‒920

    ‒949

    ‒979

    17

    * Zinssatz

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    18

    „Geldanlage“

    19

    * Kapitalanlage

    0

    0

    0

    0

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    20

    * Kapitalrückfluss

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    21

    * Zinssatz

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    22

    Bestandsgrößen

    23

    * Restfinanzierung

    35.950

    35.186

    34.399

    33.586

    32.748

    31.883

    30.991

    30.071

    29.122

    28.143

    24

    * Guthaben

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

     

    Zum Startzeitpunkt (t = 0 oder der 1.1. des ersten Jahres) wird die Anschaffungsauszahlung erfasst. Zur einfacheren Berechnung wird eine vollständige Fremdfinanzierung unterstellt. Im ersten Schritt wird angenommen, dass der Zinssatz 6 % p.a. beträgt. Daraus resultieren dann ein Jahr später, also in t = 1 oder am 31.12.01, eine Zinszahlung von 2.157 EUR (siehe Zeile 3). Diese ist genauso wie die Normalabschreibung (Zeile 7) steuerlich absetzbar, sodass sich eine steuerliche Bemessungsgrundlage von 6.151 EUR ergibt.

     

    Es wird angenommen, dass diese negative Bemessungsgrundlage mit den positiven Bemessungsgrundlagen anderer Projekte verrechnet werden kann, sodass die Gesamtsteuerlast des Unternehmens zunächst einmal sinkt. Im Beispiel beträgt die Steuerwenigerzahlung gemäß Zeile 11 genau 2.921 EUR. Dieser Vorteil wird mit der Zinszahlung verrechnet, wonach immer noch ein positiver Periodenendsaldo von 764 EUR (Zeile 13) bleibt, der dann zur Reduktion des Darlehens verwendet wird (Zeile 16). Dadurch sinkt der Kreditstand in Zeile 23 auf 35.186 EUR.

     

    In der gleichen Weise werden die weiteren Jahre durchgerechnet. Durch die Steuergutschriften reduziert sich der Kreditstand jedes Jahr, bis am Ende der Abschreibungsdauer (in t = 9 bzw. 31.12.09) die Restschuld 28.143 EUR beträgt.

     

    Da der Kaufpreis aber am Anfang entrichtet werden muss, bietet es sich an, den Betrag auf den Startzeitpunkt abzuzinsen. Hierzu ist der Zinssatz nach Steuern von 6 % × (1 ‒ 0,4748) = 3,15 % zu verwenden. Der Barwert beträgt dann 21.287 EUR. Er kann interpretiert werden als die Belastung durch den Kaufpreis nach Abzug der Vorteile durch die steuerliche Absetzbarkeit von Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen (tax shield).

     

    2.2 Berechnung unter Einbezug der Sonderabschreibung

    Nun sei die Situation unter Einschluss der Sonderabschreibung betrachtet. Sie soll einmalig im ersten Jahr 50 % der Investitionssumme betragen und kann zusätzlich zur normalen Abschreibung angesetzt werden. Durch die erhöhte Abschreibung im ersten Jahr wird der Restwert von 0 viel früher erreicht, im Beispiel im fünften Jahr (siehe Zeile 8 in der Abb. 2). Danach kann nicht mehr abgeschrieben werden, sodass es beginnend mit dem sechsten Jahr zu keinen Steuererstattungen mehr kommt. Der Vorteil baut sich teilweise ab.

     

    Im ersten Jahr zeigt die stark negative Bemessungsgrundlage von ‒24.126 EUR (siehe Zeile 10 zum 31.12.01), dass die Sonderabschreibung zunächst wirkt. Die Steuererstattung beträgt 11.455 EUR anstelle den 2.921 EUR im Falle ohne Sonderabschreibung. Somit ist das gebundene Kapital auch deutlich geringer. Dieser Vorteil zieht sich bis ins fünfte Jahr. Dann verringert er sich wieder. Am Ende bleibt bei einem Endwert von 26.231 EUR nur ein Vorteil von 1.913 EUR. Abgezinst auf t = 0 ist dies 1.447 EUR, was in Bezug auf den Kaufpreis lediglich 4,02 % ausmacht.

     

    • Abb. 2: Vollständiger Finanzplan mit Sonderabschreibung

    Zeitpunkt

    1.1.01

    31.12.01

    31.12.02

    31.12.03

    31.12.04

    31.12.05

    31.12.06

    31.12.07

    31.12.08

    31.12.09

    1

    Anlage-Investitionen

    ‒35.950

    2

    Projekt Cash Flow

    ‒35.950

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    3

    Kreditzinsen

    ‒2.157

    ‒1.599

    ‒1.536

    ‒1.470

    ‒1.403

    ‒1.390

    ‒1.434

    ‒1.479

    ‒1.526

    4

    Guthabenzinsen

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    5

    Cash Flow vor Steuern

    ‒35.950

    ‒2.157

    ‒1.599

    ‒1.536

    ‒1.470

    ‒1.403

    ‒1.390

    ‒1.434

    t‒1.479

    ‒1.526

    6

    Sonderabschreibung

    ‒17.975

    7

    Normalabschreibung

    9 Jahre

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒1.997

    0

    0

    0

    0

    8

    Restwert

    13.981

    9.986

    5.992

    1.997

    0

    0

    0

    0

    0

    9

    Abschreibungen gesamt

    ‒21.969

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒3.994

    ‒1.997

    0

    0

    0

    0

    10

    Bemessungsgrundlage

    ‒24.126

    ‒5.594

    ‒5.530

    ‒5.465

    ‒3.400

    ‒1.390

    ‒1.434

    ‒1.479

    ‒1.526

    11

    Ertragssteuern (+ Erstattung)

    11.455

    2.656

    2.626

    2.595

    1.614

    660

    681

    702

    724

    12

    Steuersatz

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    47,48 %

    13

    Cash Flow nach Steuern

    ‒35.950

    9.298

    1.057

    1.090

    1.124

    212

    ‒730

    ‒753

    ‒777

    ‒801

    14

    Finanzierung

    15

    * Kapitalaufnahme

    35.950

    0

    0

    0

    0

    0

    730

    753

    777

    801

    16

    * Kapitalrückzahlung

    0

    ‒9.298

    t‒1.057

    ‒1.090

    ‒1.124

    ‒212

    0

    0

    0

    0

    17

    * Zinssatz

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    18

    „Geldanlage“

    19

    * Kapitalanlage

    0

    0

    0

    0

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    20

    * Kapitalrückfluss

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    21

    * Zinssatz

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    6,0 %

    22

    Bestandsgrößen

    23

    * Restfinanzierung

    35.950

    26.652

    25.595

    24.505

    23.381

    23.169

    23.899

    24.652

    25.429

    26.231

    24

    * Guthaben

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

     

    Die finanziellen Auswirkungen sind also gering. Zwar stimmt es, dass erhöhte Abschreibungen zunächst über reduzierte Bemessungsgrundlagen die Steuern reduzieren, wenn die Unternehmen überhaupt Gewinne machen. Dies ist aber ein vorübergehender Effekt, weil in den Folgeperioden weniger abgeschrieben werden kann. Insofern sollte man von vorgezogenen und nicht von erhöhten Abschreibungen reden. Damit bricht auch ein Großteil des Effekts der ersten Periode in sich zusammen, weil in den Folgeperioden infolge reduzierter Abschreibungen höhere Steuerzahlungen zu leisten sind. Als Nettoeffekt bleibt nur eine Verschiebung der Steuerzahlungen in spätere Perioden. Der Vorteil besteht also lediglich aus einem zinslosen Kredit.

     

    Im Folgenden bleibt zu prüfen, wie sich der Vorteil ändert, wenn alternative Kombinationen von Fremdkapital und Steuersatz relevant werden.

     

    • Abb. 3: Prozentualer Vorteil der Sonder-AfA bei alternativen Zins- und Steuersätzen

    Vorteil in %

    Fremdkapitalzinssatz vor Steuern

    0 %

    2 %

    4 %

    6 %

    10 %

    20 %

    30 %

    Steuersatz

    0,00 %

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    0,00

    10,00 %

    0,00

    0,51

    0,95

    1,32

    1,89

    2,69

    3,00

    20,00 %

    0,00

    0,92

    1,72

    2,40

    3,49

    5,13

    5,86

    25,00 %

    0,00

    1,09

    2,03

    2,85

    4,18

    6,24

    7,21

    30,00 %

    0,00

    1,22

    2,30

    3,23

    4,78

    7,25

    8,49

    35,00 %

    0,00

    1,33

    2,51

    3,55

    5,29

    8,15

    9,68

    40,00 %

    0,00

    1,41

    2,67

    3,80

    5,70

    8,94

    10,75

    44,31 %

    0,00

    1,46

    2,77

    3,95

    5,97

    9,50

    11,57

    47,48 %

    0,00

    1,48

    2,81

    4,02

    6,11

    9,84

    12,10

    50,00 %

    0,00

    1,48

    2,83

    4,06

    6,20

    10,07

    12,47

     

    In den Zeilen sind unterschiedliche Grenzsteuersätze aufgeführt. In den Spalten sind mögliche Fremdkapitalsätze abgebildet. Für Länder mit hoher Inflation gehen diese bis 30 %, was in einigen Auslandsmärkten realistisch ist. Für die Kombination von 6 % Zinssatz und 47,48 % Grenzsteuersatz ergibt sich wieder ein Vorteil von 4,02 % des Kaufpreises. Nur bei deutlich höheren Zinssätzen wird der positive Effekt der Sonderabschreibung deutlich.

     

    FAZIT | Betriebswirtschaftlich ist somit die Wirkung erhöhter Abschreibung gering. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass in weniger gut informierten Unternehmen eine Wirkung (und sei es eine psychologische) ausgelöst wird.

     

    Literaturverzeichnis

    • Götze, U.: Investitionsrechnung, Modelle und Analysen zur Beurteilung von Investitionsvorhaben, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 2014
    • Hoberg, P. (2013): Investitionsrechnung und Steuerzahlungszeitpunkte, in: Der Betrieb, Nr. 3/2013, 66. Jg., S. 76-77
    • Varnholt, N., Lebefromm, U., Hoberg, P.: Controlling ‒ Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Anwendung mit SAP® ERP®, München 2012
    Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 119 | ID 45139481

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