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  • · Fachbeitrag · Forderungsmanagement

    Bilanzielle und steuerliche Behandlung beim Factoring

    von StB Dipl.-Bw. (FH) Thorsten Normann, Olsberg

    | Viele Unternehmen nutzen Factoring als Instrument zur Finanzierung und zur Bilanzpolitik. Wird dieses Mittel eingesetzt, sind bilanzielle und steuerliche Besonderheiten zu beachten, die im Folgenden vorgestellt werden. |

    1. Begriff und Erscheinungsformen

    Beim Factoring handelt es sich um einen Forderungsverkauf. Ein operativ tätiges Unternehmen (der Anschlusskunde) veräußert hierbei seine kurz-fristigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Factoring-gesellschaft (den Factor). Das Factoringunternehmen zahlt dem Anschlusskunden unmittelbar den Rechnungsbetrag abzüglich eines Abschlags für Zinsen, Haftungsübernahme und erbrachte Dienstleistungen (Factoringgebühr). Die Zahlungen der Endabnehmer stehen nach dem Forderungsverkauf nicht mehr dem Anschlusskunden, sondern der Factoringgesellschaft zu.

     

    Die folgende grafische Darstellung verdeutlicht den klassischen Ablauf eines Factoringgeschäfts:

     

     

    Factoring kann in der Praxis in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten. Beim echten Factoring geht mit der Übertragung der Forderung auch das Risiko eines möglichen Ausfalls auf den Factor über. Zivilrechtlich handelt es sich hierbei um einen Forderungsverkauf. Im Unterschied hierzu hat der Factor beim unechten Factoring ein Rückgriffsrecht gegenüber dem Anschlusskunden. Das Ausfallrisiko trägt demzufolge weiterhin der Anschlusskunde. Zivilrechtlich handelt es sich um ein Kreditgeschäft.

     

    Hinweis | Wird dem Endabnehmer der Verkauf der Forderung mitgeteilt, handelt es sich um offenes Factoring. In der Praxis wird überwiegend das stille Factoring eingesetzt, bei dem der Endabnehmer den Rechnungsbetrag i.d.R. auf separat eingerichtete Treuhandkonten überweist.

    2. Betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte

    Der Factoringeinsatz bietet dem Anschlusskunden gleich mehrere Vorteile. Hier sind u.a. folgende Aspekte zu nennen:

     

    • Ein wesentlicher Vorteil des Factorings ist die unmittelbare Verbesserung der Unternehmensliquidität. Die flüssigen Mittel können z.B. genutzt werden, um eigene Kreditoren zu bezahlen und Lieferantenskonti zu nutzen. Dies kann die Wettbewerbssituation entscheidend verbessern.

     

    • Der Einsatz von Factoring bewirkt darüber hinaus eine erhebliche Erleichterung im Bereich der Debitorenbuchhaltung. Insbesondere die arbeitsintensive Fristenüberwachung und das Mahnwesen können auf den externen Factor übertragen werden.

     

    • Aufgrund des Factorings wird der Forderungsausweis reduziert und somit die Bilanz verkürzt. Bei den Unternehmenskennzahlen führt dies u.a. zu einer verbesserten Eigenkapitalquote.

     

    • Durch das echte Factoring können die Ausfallrisiken minimiert werden. Eine Absicherung des Forderungsausfalls ist zwar z.B. auch mittels Kreditversicherung möglich. Der Ausgleich von Forderungsausfällen nimmt jedoch bei Versicherungen in der Regel einige Zeit in Anspruch.

    3. Umsatzsteuerliche Beurteilung

    Nach einer Entscheidung des EuGH (26.6.03, C-305/01) ist bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung des Factorings nicht zwischen echtem und unechtem Factoring zu differenzieren. Die Finanzverwaltung hat diese Sichtweise im A 2.4 UStAE im Wesentlichen übernommen. Unter Ausblendung der Behandlung von zahlungsgestörten Forderungen ergeben sich folgende allgemeine Grundsätze:

     

    • Die Abtretung der Forderung vom Anschlusskunden an den Factor ist nicht als sonstige Leistung zu klassifizieren. Vielmehr ist der Anschlusskunde Empfänger einer Leistung des Factors.

     

    • Die Factoringleistung fällt in den Katalog der Leistungsbeschreibungen des § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 6 Buchst. a UStG. Die Leistung ist grundsätzlich steuerpflichtig, da sie von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ausgenommen ist.

     

    • Grundsätzlich ist eine mit der Factoringleistung einhergehende Kreditgewährung des Factors an den Anschlusskunden von untergeordneter Bedeutung und teilt daher als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung.

     

    Die Bemessungsgrundlage (BMG) bestimmt sich grundsätzlich wie folgt:

     

    • Ermittlung der BMG

    Nominalbetrag der abgetretenen Forderung

    ./. Auszahlungsbetrag an den Anschlusskunden 

    = Bruttoentgelt (bzw. Brutto-Factoringgebühr)

     

    Bruttoentgelt

    ./.darin enthaltene Umsatzsteuer (19 %) 

    = Nettoentgelt (BMG); zu versteuern mit dem allg. Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG)

     

    Hinweis | Nur in Ausnahmefällen stellt die Kreditgewährung eine selbstständige, steuerfreie Leistung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG dar. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Forderung in mehreren Raten oder insgesamt nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Übertragung fällig ist oder die Voraussetzungen des A 3.11 Abs. 2 UStAE (u.a. gesonderte Vereinbarung) erfüllt sind.

    4. Bilanzielle Abbildung

    Im Gegensatz zur umsatzsteuerlichen Würdigung ist bei der bilanziellen Beurteilung eine Unterscheidung zwischen echtem und unechtem Factoring notwendig. Hier ist von entscheidender Bedeutung, wer am Bilanzstichtag wirtschaftlicher Eigentümer der Forderungen ist. Dieser Grundsatz gilt sowohl für die Handelsbilanz (§ 246 Abs. 1 S. 2 HGB) als auch für die Steuerbilanz (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO). In der Praxis wird regelmäßig wie folgt verfahren:

     

    • Beim echten Factoring wird der Factor mit der Abtretung bzw. dem Verkauf der Forderung zivilrechtlicher und auch wirtschaftlicher Eigentümer, da er ab diesem Zeitpunkt die Gefahr des Forderungsausfalls übernimmt. Die Folge: Der Factor bilanziert die Forderungen und der Anschlusskunde bucht seine Forderungen gegenüber den Endabnehmern aus.

     

    • Nach herrschender Meinung bleibt der Anschlusskunde beim unechten Factoring wirtschaftlicher Eigentümer der Forderungen, da er aufgrund des Rückgriffsrechts weiterhin das Risiko des Forderungsausfalls trägt. Die abgetretenen Forderungen sind somit weiterhin bei ihm zu aktivieren. Der Zahlungseingang vom Factor führt zu einer Verbindlichkeit beim Anschlusskunden und zu einer Darlehensforderung beim Factor.

     

    • Hinweis | Nach Broemel/Endert (BBK 7/13, 300) besteht beim unechten Factoring ein handelsrechtliches Wahlrecht, entweder analog zum echten Factoring zu verfahren oder den Vorgang wie eine Kreditgewährung zu behandeln. Um eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz zu vermeiden, erscheint jedoch handelsrechtlich eine Verbuchung des unechten Factorings als Darlehensgeschäft ratsam (Broemel/Endert, BBK 7/13, 301).

     

    Bei der Frage der Forderungs-Bilanzierung kann in der Praxis folgendes Prüfschema genutzt werden:

     

     

    Die folgenden Beispiele verdeutlichen die unterschiedliche bilanzielle Abbildung beim echten und beim unechten Factoring:

     

    • Beispiel zur buchhalterischen Abbildung des echten Factorings

    Die Müller KG (Anschlusskunde) hat Forderungen aus Lieferungen und Leistungen i.H. von 3.570 TEUR an die Schulze Finanzierungs-GmbH veräußert. Das Ausfallrisiko wurde auf die Schulze Finanzierungs-GmbH verlagert. Die unmittelbare Auszahlung an die Müller KG betrug 3.213 TEUR (90 %).

     

    Buchungsvorschlag Anschlusskunde: 

     

    Bank

    3.213.000 EUR

    Aufwand Factoringgebühren

    300.000 EUR

    Vorsteuer

    57.000 EUR

    an Forderungen

    3.570.000 EUR

     

     

    Buchungsvorschlag Factor: 

     

    Forderungen

    3.570.000 EUR

    an Bank

    3.213.000 EUR

    an Ertrag

    300.000 EUR

    an Umsatzsteuer

    57.000 EUR

     

    Hinweis | In der Praxis bucht der Anschlusskunde die diversen Debitoren nicht einfach aus, sondern bucht den Zahlungseingang gegen spezielle Korrekturkonten. Diese Korrekturkonten gleichen mit ihrem Habensaldo die Forderungen gegenüber den Debitoren aus.

     

    • Beispiel zur buchhalterischen Abbildung des unechten Factorings

    Wie Beispiel zuvor, jedoch wurde der Schulze Finanzierungs-GmbH für mögliche Zahlungsausfälle ein Rückgriffsrecht eingeräumt. Die unmittelbare Auszahlung der Schulze Finanzierungs-GmbH betrug 3.391.500 EUR (95 %).

     

    Buchungsvorschlag Anschlusskunde: 

     

    Bank

    3.391.500 EUR

    Aufwand Factoringgebühren

    150.000 EUR

    Vorsteuer

    28.500 EUR

    an Verbindlichkeiten

    3.570.000 EUR

     

     

    Buchungsvorschlag Factor: 

     

    Forderungen

    3.570.000 EUR

    an Bank

    3.391.500 EUR

    an Ertrag

    150.000 EUR

    an Umsatzsteuer

    28.500 EUR

     

    5. Gewerbesteuerliche Würdigung

    Diskontbeträge bei der Veräußerung von Geldforderungen (insbesondere Factoringgebühren) sind als gewerbesteuerliche Hinzurechnung zu erfassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Factoringgebühren aus verschiedenen Bestandteilen bestehen. Hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung hat die Verwaltung (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.7.12, Tz. 23) klargestellt, dass in den Abschlägen enthaltene angemessene Wertermittlungskosten oder vergleichbare Gebühren (z.B. Risikoprämien) nicht der Hinzurechnung unterliegen.

     

    PRAXISHINWEIS | Um die Gewerbesteuerberechnung zu erleichtern, kann es ggf. sinnvoll sein, die Factoringgebühr bereits im Rahmen der laufenden Buchhaltung in einen Zins- und einen Gebührenanteil aufzuteilen und auf separaten Konten zu buchen.

     

     

    Beachten Sie | Das FG Hamburg (29.2.12, 1 K 138/10) hält die Hinzurechnung der Entgelte für Schulden sowie der Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG für verfassungswidrig. Geeignete Fälle können unter Verweis auf das beim BVerfG anhängige Verfahren (1 BvL 8/12) offengehalten werden.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 127 | ID 42568515

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