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  • Rechnungslegung
    Bilanzierung der Kosten eines Internet-Auftritts nach HGB und IAS
    von Dipl.-Kffr. Christiane Nöcker, Lüdinghausen
    Seit Verabschiedung des Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes (KapAEG) am 13.2.98 besteht für börsennotierte Unternehmen die Möglichkeit, den Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards (z.B. IAS oder US-GAAP) aufzustellen und offenzulegen. Damit wird diesen Unternehmen die Möglichkeit gegeben, ihren Kapitalbedarf auch international zu befriedigen. Für die Ermittlung von Steuern und Dividenden sind jedoch weiterhin die nach dem HGB erstellten Einzelabschlüsse maßgeblich. Mit diesen unterschiedlichen Anforderungen an Einzel- und Konzernbilanzen bleibt die Übersichtlichkeit weitgehend auf der Strecke.
    Die Vorteile der Bilanzierung nach IAS liegen in dem weitgehend realistischeren Bild von Vermögen und Ertragskraft des Unternehmens. Dies wird bei der Bewertung von Firmenimmobilien oder dem Maschinenpark mit aktuellen Marktwerten erreicht. Eigene Patente oder Marken erhöhen das Bilanzvermögen ebenso wie der Internet-Auftritt der Unternehmung. Sie zählen zu den immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens.
    Am Beispiel des immateriellen Wirtschaftsgutes in Form des Internet-Auftritts werden im Folgenden die Unterschiede der verschiedenen Bilanzierungsformen verdeutlicht.
    1. Der Internet-Auftritt als Vermögensgegenstand
    Bei einem Internet-Auftritt handelt es sich um keinen körperlichen Gegenstand, sondern um einen immateriellen Vermögensgegenstand. Unter einem Internet-Auftritt wird das Gefüge von Internet-Seiten (Web-Seiten, Webpages) verstanden, die in systematischer Weise miteinander verknüpft sind. Dazu gehören die entsprechenden Multimedia-Dateien, die das eigentliche Informationsangebot darstellen wie Text-, Bild-, Video- und Tondateien, der HTML-Code, der die verschiedenen Elemente integriert sowie etwaige speziell erstellte Zusatzprogramme oder Skripte. Nicht dazugerechnet werden fertige Standard-Softwarekomponenten wie z.B. die Server-Software, das Serverbetriebssystem, Redaktions- oder Sicherheitsprogramme sowie die notwendige Hardware.
    2. Bilanzierung des Internet-Auftrittes nach HGB
    Die Gegenstände, die nach deutschem Recht unter die Definition des immateriellen Vermögensgegenstandes fallen, sind in § 266 Abs. 2 HGB aufgelistet. Gemäß § 248 Abs. 2 HGB besteht für diese Gegenstände ein Aktivierungsverbot. Jedoch folgt aus dem Vollständigkeitsgrundsatz (§ 246 Abs. 1 HGB) eine Ansatzpflicht für entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.
    Die Aufwendungen für den Internet-Auftritt können demnach als immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden, wenn ein entgeltlicher Erwerb vorliegt. Eine Bilanzierung kommt somit nur bei Fremderstellung im Rahmen eines Werkvertrages in Betracht. Ist der Internet-Auftritt selbst oder im Rahmen eines Dienstvertrages (d.h. der Dritte schuldet nur die Dienstleistung, z.B. Beratung in gestalterischer Form) erstellt worden, ist die Bilanzierung ausgeschlossen (§ 248 Abs. 2 HGB) Dies gilt nach § 5 Abs. 2 EStG auch für die Steuerbilanz.
    In der Regel wird jedoch ein Werkvertrag und damit die Bilanzierungsfähigkeit vorliegen, d.h. das Unternehmen gibt die komplette Erstellung eines Internet-Auftritts (Konzeption, technische und graphische Gestaltung) bei einem oder mehreren selbstständigen Dritten in Auftrag, wobei als Ergebnis vertraglich eine voll funktionsfähige und durchgestaltete Website von den beauftragten Dritten geschuldet wird.
    Trotz externer Erstellung ist eine Bilanzierung dennoch nicht möglich, wenn die Planung und Gestaltung des Internet-Auftritts durch das eigene Unternehmen erfolgt, die Web-Designer also nur die tatsächliche Ausführung von Planung und Gestaltung übernehmen(vgl. Tz. 2.2).
    2.1 Erstellung durch einen Dritten
    Das Unternehmen beauftragt einen Webdesigner mit der Erstellung des Internet-Auftritts. Die Vorstellungen über die Gestaltung werden dem Designer dabei mitgeteilt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer wirtschaftlicher Eigentümer wird. Ein zivilrechtliches Eigentum an immateriellen Gegenständen kann grundsätzlich nicht bestehen. Für eine Aktivierung des urheberrechtlich geschützten Internet-Auftrittes wird eine Lizenzeinräumung notwendig.
    Der Nachweis wird durch die Vorlage des Werkvertrages zu erbringen sein, in dem der Ersteller die Urheberverwertungsrechte und Leistungsschutzrechte dem Auftraggeber, dem Unternehmen, zur Nutzung überlässt. Zusätzlich müssen die Urheberverwertungsrechte in dem Umfang eingeräumt werden, dass der Urheber wirtschaftlich von der Einwirkung ausgeschlossen wird, das heißt, es muss die alleinige, uneingeschränkte gewerbliche Nutzung sichergestellt werden. Unter diesen Voraussetzungen liegt das wirtschaftliche Eigentum beim bilanzierenden Unternehmen. Die erworbenen Webseiten sind zu aktivieren.
    Die auf den Seiten enthaltenen Informationen unterliegen einer Abnutzung. Für die erforderliche planmäßige Abschreibung besteht handelsrechtlich Verfahrensfreiheit. Der Abschreibungszeitraum ist mangels entsprechender AfA-Tabellen individuell zu schätzen. Steuerlich ist die degressive AfA ebenso wenig zulässig wie die Sonder-AfA nach § 7g EStG (H 42 EStH "Bewegliche Wirtschaftsgüter"). Das Ende der voraussichtlichen Nutzungsdauer ist zu dem Zeitpunkt gegeben, indem der Internet-Auftritt vollständig und nicht nur teilweise geändert wird.
    2.2 Eigene Erstellung eines Internet-Auftritts
    Sofern das bilanzierende Unternehmen selbst die Herstellung übernimmt, indem Planung und Gestaltung durch das eigene Unternehmen erfolgen und die beauftragten Webdesigner nur die tatsächliche Ausführung übernehmen, ist eine eigenständige Bilanzierung trotz externer Erstellung im Rahmen eines Werkvertrages nicht möglich. Die Verantwortlichkeit bleibt beim bilanzierenden Unternehmen. Die Aufwendungen für Personal- und Sachkosten für die Entwicklung stellen sofort abziehbare Betriebsausgaben dar.
    2.3 Kosten für die Pflege und Erweiterung des Auftritts
    Da Internet-Auftritte inhaltlich, optisch und technisch stets aktualisiert werden müssen, fallen regelmäßig Aufwendungen für die Pflege und Erweiterung des Internet-Auftritts an.
    Sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen liegen vor, wenn lediglich vorhandene Dateien gegen funktionsgleiche ausgetauscht oder die Programmbefehle überarbeitet werden. Diese Maßnamen führen nicht zu einer Verbesserung des Informationsgehalts des Internet-Auftritts und sind damit nicht aktivierungsfähig.
    Nachträgliche Herstellungskosten für einen bereits aktivierten Internet-Auftritt liegen vor, wenn er wesentlich verbessert oder erweitert wird (§ 255 Abs. 2 S. 1 HBG). Eine wesentliche Verbesserung liegt vor, wenn die technischen Eigenschaften des Internet-Auftritts erheblich weiterentwickelt werden (z.B. deutliche Beschleunigung des Bildschirmaufbaus) oder ein zusätzliches Nutzungspotenzial geschaffen wird (z.B. Bestellfunktion). Sie ist jedoch zu verneinen, wenn lediglich eine Modernisierung (z.B. Anpassung an neue Browserfunktionen) vorliegt. Eine Erweiterung des Internet-Auftritts ist im Übrigen anzunehmen, wenn der Informationsgehalt zunimmt. Das kann z.B. durch eine Erhöhung der Seitenanzahl erreicht werden.
    Nachträgliche Herstellungskosten sind nur dann zu aktivieren und zusammen mit dem bereits bestehenden Wirtschaftsgut abzuschreiben, wenn ein Webdesigner mit der Verbesserung des Internet-Auftritts beauftragt wurde und dieser die Verantwortung dafür trägt.
    2.4 Kosten für einen Relaunch
    Wenn die Mehrzahl der Webseiten ausgetauscht wird und nicht nur einzelne Punkte geändert werden, wird ein neues Wirtschaftsgut geschaffen. Die Aufwendungen sind zu aktivieren, wenn der Auftrag von einem anderen Unternehmen im Rahmen eines Werkvertrags durchgeführt wird. Werden dagegen die Tätigkeiten durch das bilanzierende Unternehmen selbst durchgeführt, liegen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben vor. Sollte das alte Wirtschaftsgut "Internet-Auftritt" noch in der Bilanz stehen, ist es in voller Höhe abzuschreiben.
    3. Der selbst erstellte Internet-Auftritt nach IAS
    Der IAS-Jahresabschluss fördert den Ansatz immaterieller Wirtschaftsgüter bei Erfüllung bestimmter Kriterien (vgl. Tz. 3.1). Die vom HGB abweichenden Vorstellungen schlagen sich dabei in der Definition des Vermögensgegenstandes nach IAS nieder.
    Für die Bilanzierung immaterieller Wirtschaftsgüter ist IAS 38 maßgebend. Mit Datum vom 25.3.02 wurden die Auslegungshinweise zum IAS 38 "Bilanzierung immaterieller Wirtschaftsgüter" durch Ausführung zur Bilanzierung selbsterstellter Internet-Auftritte ergänzt. Zur Zeit ist diese Stellungnahme in Deutschland lediglich für die Bilanzierungspraxis im Rahmen von Konzernabschlüssen und der Inanspruchnahme der Befreiungsvorschrift des § 292a HGB relevant.
    3.1 Kriterien
    Das Standard Interpretations committee (SIC), das die Auslegungen zu den einzelnen Standards vornimmt, hat die grundsätzliche Einordnung eines selbsterstellten Internet-Auftritts in den Anwendungsbereich des IAS 38 bejaht. Damit wurde implizit die Frage nach der Vermögensguteigenschaft sowie nach der Immaterialität beantwortet.
    IAS 38 beinhaltet ausschließlich die Regelung zu immateriellen Wirtschaftsgütern, die folgendermaßen definiert werden: Ein immaterieller Vermögensgegenstand (intangible asset) ist ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Form, der zu Zwecken der Produktion, der Vermietung oder der Verwaltung gehalten wird.
    An die Aktivierung eines immateriellen Vermögensgegenstandes sind drei Kriterien geknüpft:
  • Abgrenzbarkeit (identifiability): Ein immaterieller Vermögensgegenstand darf nur angesetzt werden, sofern dieser veräußert, vermietet oder verkauft werden kann, ohne dass gleichzeitig ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen anderer Vermögenswerte veräußert wird.
  • Künftiger ökonomischer Nutzen (future economic benefit): Von dem immateriellen Vermögenswert hat ein künftiger ökonomischer Nutzen durch den Verkauf, die Kosteneinsparung oder andere Vorteile der internen Nutzung auszugehen.
  • Kontrolle (control): Zur Aktivierung ist es erforderlich, dass das Unternehmen den künftigen ökonomischen Nutzen des immateriellen Vermögenswerts gerichtlich durchsetzen kann.
    3.2 Abschreibungsvolumen, -methode und -zeitraum
    Treffen die oben genannten Kriterien auf einen Vermögenswert zu, sind zugleich die Aktivierungsvoraussetzungen erfüllt. Können die Kosten für den Vermögenswert zuverlässig angegeben werden, so besteht im Gegensatz zur Rechnungslegung nach HGB neben entgeltlich erworbenen auch für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte eine Aktivierungspflicht.
    Beim Zugang sind die immateriellen Vermögensgegenstände mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Nach der erstmaligen Erfassung des Vermögenswertes hat die Folgebewertung nach der Benchmark-Methode zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich kumulierter planmäßiger Abschreibung und kumulierter Verluste aus Wertminderung zu erfolgen. Existiert ein aktiver Markt für entsprechende Werte, so kann eine Bewertung zum jeweiligen Tagesneuwert am Bilanzstichtag vorgenommen werden (IAS 38.64).
    Das Abschreibungsvolumen ist planmäßig über seine bestmöglich geschätzte Nutzungsdauer zu verteilen. Bei der Ermittlung der Nutzungsdauer müssen viele Faktoren in Betracht gezogen werden, so unter anderem technische, technologische oder andere Arten der Veralterung, die Stabilität der Branche, in der der Vermögenswert zum Einsatz kommt, die Höhe der Erhaltungsausgaben oder auch voraussichtliche Handlungen seitens des Wettbewerbs. Für die Abschreibungsmethode gilt der Grundsatz, das der Verlauf, in dem der wirtschaftliche Nutzen des Vermögenswertes verbraucht wird, widergespiegelt werden soll. Kann dieser Verlauf nicht zuverlässig bestimmt werden, ist die lineare Abschreibungsmethode anzuwenden.
    Am Ende eines Geschäftsjahres sind Abschreibungszeitraum und Abschreibungsmethode zu überprüfen. Sollte sich die erwartete Nutzungsdauer des Vermögenswertes wesentlich von vorangegangenen Schätzungen unterscheiden, ist der Abschreibungszeitraum entsprechend zu ändern. Hat sich der erwartete Abschreibungsverlauf des Vermögenswertes wesentlich geändert, ist eine andere Abschreibungsmethode zu wählen, um dem veränderten Verlauf Rechnung zu tragen.
    3.3 Aktivierungskriterien bei selbsterstellten Internet-Auftritten
    Den Ausführungen des SIC folgend muss bei selbsterstellten Internet-Auftritten unterschieden werden in Webseiten,
  • die der Imagebildung dienen oder
  • bei denen Online-Bestellungen und möglicherweise ein Onlinevertrieb der Produkte und Dienstleistungen möglich ist.
    Die Kosten eines selbsterstellten Internet-Auftritts, der zum Zwecke der Imagebildung genutzt wird, bleibt nach IAS von der Aktivierung ausgeschlossen. Probleme der Abgrenzung entstehen in Fällen von Webseiten, die der Vermarktung ebenso dienen wir der Imagebildung. Ob in solchen Fällen zwei Vermögensgegenstände angenommen werden müssen, bleibt in den Ausführungen des SIC unberührt.
    Handelt es sich bei der Webseite um einen Vermögensgegenstand, mit dem zukünftig ökonomische Vorteile, beispielsweise in Form von Einnahmen, erwirtschaftet werden können, sind die entstehenden Kosten gemäß dem SIC folgend zeitlich zu erfassen:
  • In der Planungsphase zur Erstellung des Internet-Auftritts sind die Ausgaben zum Zeitpunkt ihres Entstehens gewinnmindernd zu berücksichtigen.
  • In der Phase, in der die technische und graphische Umsetzung der Planungsüberlegungen erfolgt, sind die Kosten, sofern sie direkt zuordnungsfähig sind, dem Vermögensgegenstand direkt zuzurechnen.
  • Von der Konzeption und der Umsetzung des Internet-Auftritts sind die Aufwendungen zu trennen, die dem Bilanzierenden dadurch entstehen, dass seine Produkte oder Dienstleistungen innerhalb des Auftritts angeboten und vertrieben werden. Diese Aufwendungen sind im Zeitpunkt ihres Entstehens gewinnmindernd zu berücksichtigen.
  • Aufwendungen, die durch den Betrieb der Internetpräsenz entstehen, sind laufenden Betriebsausgaben.
    Eine der wichtigeren Fragen, die der Abschreibungsdauer, bleibt in den Ausführungen des SIC unpäzise. Im Ergebnis wird festgestellt, dass eine Webseite einer planmäßigen Abschreibung unterliegt und insofern auch abgeschrieben werden kann. Auf Grund technischer Entwicklungen kann die Abschreibung regelmäßig innerhalb einer kurzen Zeit erfolgen. Den Wunsch einer genauen Zeitangabe für die Abschreibungsdauer erfüllt das SIC ebensowenig wie die IAS.
    Quelle: Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung - Ausgabe 06/2002, Seite 142
    Quelle: Ausgabe 06 / 2002 | Seite 142 | ID 109376

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