Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Privatliquidation

    Schwellenwertüberschreitungen: Anamnese als Begründung nutzen!

    | Welche Abrechnungskraft kennt das nicht? Die Rechnung des GOZ-Patienten wurde sorgfältig überprüft, die Begründungen für eine Steigerung über den 2,3-fachen Satz sind vorhanden - und trotzdem gibt es Probleme für den Patienten bei der Erstattung. Beihilfestellen und auch private Krankenversicherungen vertreten regelmäßig die Meinung, nur besondere, außergewöhnliche Schwierigkeiten und Umstände rechtfertigen einen höheren als den 2,3- fachen Satz. Häufig werden von kostenerstattenden Stellen personenbezogene Begründungen gefordert. Hier kann es sich lohnen, auch mal einen Blick auf die Anamnese zu werfen. |

    Kriterien für Faktorerhöhungen

    Der § 5 Abs. 2 GOZ nennt die Kriterien, an die Sie sich halten müssen, um den Gebührensatz zu bestimmen. Als Bemessungskriterien werden benannt:

    • Schwierigkeit der einzelnen Leistung,
    • Zeitaufwand der einzelnen Leistung,
    • Umstände bei der Ausführung der Leistung.

    Begründungen für Faktorerhöhung - Sache des Zahnarztes

    Ob und in welchem Maße die ausgeführte Leistung wirklich schwierig war, bewertet ganz allein der behandelnde Zahnarzt. Das heißt: Der Zahnarzt legt den Faktor fest und liefert auch die Begründungen. Soweit die Theorie, doch die Praxis sieht teilweise anders aus. So gibt es zum Beispiel in einigen Praxen die Vorgabe, dass bestimmte Leistungen (zum Beispiel Kronen) immer zu einem höheren Faktor abgerechnet werden sollen. In der Karteikarte fehlt jedoch die Begründung für den jeweiligen Fall. In anderen Praxen steht der tatsächliche Zeitaufwand für jede Behandlung in der Dokumentation und die Abrechnungsmitarbeiterin errechnet nach dem Stundensatz der Praxis die Höhe des Steigerungsfaktors. Häufig muss sie sich dann selbst erarbeiten, welche Umstände die Leistungen erschwert haben.

     

    PRAXISHINWEIS | Schauen Sie sich die Anamnese der Patienten einmal an. Finden sich dort Hinweise auf Allgemeinerkrankungen, Behinderungen oder Einnahme von Medikamenten, die Ihre Behandlung beeinflussen oder zusätzliche Behandlungsschritte notwendig machen?

     

    Diese Angaben können Ihnen helfen, eine Begründung zur Schwellenschwertüberschreitung zu schreiben, die auch von den kostenerstattenden Stellen akzeptiert wird - schließlich sind die Allgemeinerkrankungen auch dort bekannt. Beschreiben Sie die Schwierigkeiten so genau wie möglich, die Sachbearbeiter in den kostenerstattenden Stellen sind nicht so erfahren in der Zahnheilkunde und den Behandlungsabläufen wie Sie!

    Beispiele für Begründungen von Faktorerhöhungen

    Es folgen einige Anregungen, wie Sie die Anamnese zur Begründungsfindung heranziehen können:

     

    • Beispiel 1: Eingeschränkte Lagefähigkeit des Patienten

    Erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand bei extremer Einschränkung des Sichtbereiches durch eingeschränkte Lagerfähigkeit des Patienten aufgrund

    • Körperbehinderung
    • Wirbelsäulenerkrankung
    • Multiple Sklerose, Rheuma o.Ä.
    • labiler Kreislaufsituation
    • des Alters des Patienten (zum Beispiel bei Senioren)
    • Adipositas
     
    • Beispiel 2: Erhöhte Infektionsgefahr durch den Patienten

    Erhöhter Schwierigkeitsgrad wegen erhöhter Infektionsgefahr aufgrund

    • einer Diabetes
    • einer Immunschwäche
    • laufender Chemotherapie/Biphosphonattherapie
    • eines langen Krankenhausaufenthalts
     
    • Beispiel 3: Besondere Umstände bei der Präparation der Kavitäten

    Erhöhter Schwierigkeitsgrad und erhöhter Zeitaufwand bei der Präparation der Kavitäten aufgrund

    • des Einsatzes von Handinstrumenten für besonders schonendes Exkavieren bei sehr ängstlichem Kind,
    • des Einsatzes von Handinstrumenten zum Exkavieren zur Vermeidung der Verletzungsgefahr bei hyperaktivem/hypermobilem Kind
     

    Die obigen Beispiele sollen Ihnen helfen, die Anamnese als Hilfsmittel zur Rechnungserstellung zu nutzen. Bedenken Sie immer, dass die Patienten nicht nur die Rechnungen aus der Zahnarztpraxis bei den Beihilfestellen oder/und Krankenversicherungen einreichen, sondern auch die Allgemeinärzte, Therapeuten usw. Somit sind die Grunderkrankungen bei den kostenerstattenden Stellen bekannt.

     

    FAZIT | Jeder Zahnarzt ist dazu verpflichtet, die Anamnese des Patienten aktuell zu halten. Den Praxen bringt das reichlich organisatorischen Aufwand - und häufig wird der Nutzen als gering eingeschätzt. Die obigen Beispiele sollten aber gezeigt haben, dass die Anamnese durchaus Ansatzpunkte für die Begründungsfindung von Faktorerhöhungen liefert. Dies wiederum zieht ein besseres Erstattungsverhalten der Privatversicherer nach sich, was den Nutzen für die Praxis erhöht. Die Zufriedenheit beim Patienten erhöhen Sie auf diese Weise auch, denn diese mögen es auch nicht, mit den Erstattungsstellen im Clinch um die Eigenanteile zu stehen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 10 | ID 42479260