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  • · Fachbeitrag · Honorar-Rückforderungen

    Wann kann der Zahnarzt Rückforderungen der Factoring-Gesellschaft abwehren?

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, Hannover, www.armedis.de 

    | Unter Zahnärzten ist es gängige Praxis, Honorarforderungen gegenüber Privatpatienten nach entsprechender Einwilligung des Patienten an sogenannte Factoring-Gesellschaften zu verkaufen. Der Zahnarzt erhält im Gegenzug sofort sein Honorar, das nur um die mit der Factoring-Gesellschaft vereinbarten Abzüge vermindert ist. Diese macht die Honoraransprüche des Zahnarztes im eigenen Namen gegenüber dem Patienten geltend. Zu Konflikten kann es kommen, wenn der Patient nicht oder nicht in vollem Umfang zahlt. Dann stellt sich die Frage, ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft von dem Zahnarzt Erstattung verlangen kann. |

    Interessanter Fall vor dem Amtsgericht Hannover

    Mit dieser Frage hatte sich vor kurzem das Amtsgericht (AG) Hannover in einem Urteil vom 7. Juni 2013 (Az. 421 C 1535/13, Abruf-Nr. 132182) zu befassen. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Zahnarzt bereits im Jahre 2006 eine privatzahnärztliche Honorarforderung in Höhe von knapp 5.000 Euro an eine bundesweit tätige Factoring-Gesellschaft verkauft. Nachdem die Patientin nicht gezahlt hatte, erhob die Gesellschaft im Juni 2007 Zahlungsklage gegen die Patientin. Das Verfahren war dann über mehrere Jahre ausgesetzt, um zunächst das Ergebnis eines Parallelprozesses abzuwarten. Mit Urteil vom 17. August 2012 wies das Amtgericht die Klage ab (Az. 559 C 8727/07) und begründete dies damit, dass die Patientin nicht wirksam in die Abtretung der Honorarforderung des Zahnarztes an die Factoring-Gesellschaft eingewilligt habe, sodass letztere nie Inhaberin der Honorarforderung des Zahnarztes geworden sei.

     

    Die Factoring-Gesellschaft legte gegen das Urteil des AG Hannover keine Berufung ein. Stattdessen erklärte sie gegenüber dem Zahnarzt den Rücktritt von dem 2006 zustande gekommenen Forderungskauf und verklagte ihn vor dem AG Hannover auf Rückzahlung des Kaufpreises.

    Das Urteil

    Mit diesem Ansinnen scheiterte die Factoring-Gesellschaft allerdings abermals vor dem AG Hannover. In seinem Urteil vom 7. Juni 2013 stellte das Gericht fest, dass ein Rückforderungsanspruch der Factoring-Gesellschaft gegenüber dem Zahnarzt aus gar keinem denkbaren Rechtsgrund bestehen würde.

     

    AGB-Klauseln der Gesellschaft waren unwirksam

    Zwar würden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Factoring-Gesellschaft Klauseln enthalten, nach denen der Gesellschaft im Prinzip der Rücktritt vom Kaufvertrag mit dem Zahnarzt möglich ist, sodass dieser zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet werden könnte. Jedoch würden die hier verwendeten Klauseln den Zahnarzt im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligen und seien daher unwirksam. In den AGB-Klauseln hieß es unter anderem, dass die Gesellschaft vom Kaufvertrag zurücktreten kann,

     

    • „wenn die Forderung von Anfang an rechtlich nicht bestanden oder nicht in der im Angebot angegebenen Höhe besteht“ und
    • „soweit zur Durchsetzung der Forderung die Durchführung eines streitigen Verfahrens erforderlich wird und eine vollständige Titulierung der Forderung nicht erfolgt, beispielsweise, weil die ursprünglich geltend gemachte Forderung vom Gericht nicht in voller Höhe anerkannt wurde.“

     

    Diese Klauseln in den AGB der Gesellschaft ermöglichen dieser nach Auffassung des Amtsgerichts den Rücktritt vom Kaufvertrag zulasten des Zahnarztes auch dann, wenn sie die Tatsache, dass die Forderung gegen den Patienten nicht durchsetzbar ist, selbst zu vertreten hat. Das aber sei eine unangemessene Benachteiligung des Zahnarztes. Dieser hatte im vorliegenden Fall seine Patientin eine Einverständniserklärung in die Abtretung an die Gesellschaft unterschreiben lassen, die ihm von dieser selbst zur Verfügung gestellt und dringend empfohlen worden war.

     

    Selbst wirksame AGB-Klauseln hätten hier nicht geholfen

    Das AG Hannover wies in den Entscheidungsgründen weiterhin darauf hin, dass die Klage wohl auch dann abgewiesen worden wäre, wenn die Gesellschaft hier wirksam von dem Forderungskaufvertrag mit dem Zahnarzt hätte zurücktreten können. Der Zahnarzt hätte den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft dann wirksam mit Schadensersatzforderungen aufrechnen können, da seine ursprüngliche Honorarforderung zwischenzeitlich wohl verjährt ist.

     

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es für die Fälligkeit einer ärztlichen Honorarforderung aus, wenn der Patient eine Rechnung erhält, die die formellen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt. Bei zahnärztlichen Honorarforderungen nach der GOZ müsse Ähnliches gelten, da die Vorschriften von GOÄ und GOZ hier identisch sind. Die Gesellschaft hatte der Patientin bereits im Jahre 2006 eine Rechnung erteilt. Die Verjährungsfrist für zahnärztliche Honorarforderungen beträgt drei Jahre, gerechnet ab dem 1. Januar des auf die Erteilung der Rechnung folgenden Jahres. Die Klage der Abrechnungsgesellschaft gegen die Patientin habe den Ablauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt, sodass die Patientin, wenn der Zahnarzt jetzt die Forderung geltend machen würde, sich ihm gegenüber mit Aussicht auf Erfolg auf Verjährung berufen könne.

     

    FAZIT |  Zahnärzte sollten Rückforderungsansprüche ihrer Factoring-Gesellschaften genau prüfen. Wenn diese ihre Rückforderungsansprüche auf Klauseln stützt, die ihr den Rücktritt vom Forderungskaufvertrag unabhängig davon ermöglichen, wer die Nichtdurchsetzbarkeit der Honorarforderung beim jeweiligen Patienten zu vertreten hat, sollte man in jedem Fall die Wirksamkeit dieser Klausel anwaltlich überprüfen lassen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 1 | ID 40148640