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  • · Fachbeitrag · Amalgamentfernung

    LG Aachen: Für die Verwendung von Kofferdam kommt es auf den Einzelfall an

    von Ass. jur. Till Arens, Münster

    | Bei einer Amalgamentfernung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob der Zahnarzt Kofferdam verwendet oder nicht. Diese Auslegung des Urteils des Landgerichts (LG) Aachen vom 22.03.2018 ist nicht auf den ersten Blick erkennbar (Az. 11 O 97/16). Hier die Einzelheiten. |

     

    Der aktuelle Fall wurde in der Presse verfälscht wiedergegeben

    In dem zugrunde liegenden Fall ging es u. a. um den Vorwurf einer Patientin, sie habe eine Quecksilbervergiftung dadurch erlitten, dass ihr Zahnarzt bei dem Entfernen einer Amalgamfüllung an Zahn 38 keinen Kofferdam angelegt hatte. In der Fachpresse wurde das Gerichtsurteil folgendermaßen interpretiert: Bei einer Amalgamentfernung ist grundsätzlich Kofferdam zu verwenden und lege artis darf nur „ausnahmsweise“ hierauf verzichtet werden.

     

    Doch ein solches Verständnis des Urteils ginge zu weit. Das Gericht hat sich mit dieser Frage überhaupt nicht auseinandergesetzt ‒ weil es hierauf gar nicht ankam. Stattdessen wurde lediglich bezogen auf den vorliegenden Fall entschieden, dass der Verzicht auf Kofferdam hier nicht zu beanstanden war, weil dieser aufgrund des schwierigen Zugangs zum Zahn „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ ohnehin nicht hätte regelgerecht angelegt werden können. Diese Aussage des Urteils kann aber nicht im Umkehrschluss dahin gehend generalisiert werden, dass eine Amalgamentfernung in anderen Fällen nur noch unter Verwendung von Kofferdam erfolgen dürfe.

     

    Amalgam-Füllung entspricht Regeln der ärztlichen Kunst

    Das LG Aachen hat nicht entschieden, dass bei dem Entfernen von Amalgamfüllungen grundsätzlich Kofferdam eingesetzt werden muss. Es ist auch nicht ersichtlich, dass hiervon derzeit nach dem Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft auszugehen ist. Insofern ist insbesondere auf eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) vom 03.11.2014 zu verweisen. Neben der Empfehlung, Amalgamrestaurationen als möglichst große Fragmente zu entfernen anstatt vollständig zu zerspanen, wird ausdrücklich klargestellt, dass es bislang keinen Hinweis darauf gebe, „dass die routinemäßige Verwendung von Kofferdam während des Entfernens von Amalgam notwendig ist.“

     

    MERKE | Das Verwenden von Amalgam ist zwar weiterhin Gegenstand von Diskussionen, entspricht aber den Regeln der ärztlichen Kunst. Es darf allerdings nach der EU-Quecksilberverordnung seit dem 01.07.2018 grundsätzlich nicht mehr für die Behandlung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von schwangeren oder stillenden Patientinnen verwendet werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 7 | ID 45995518