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  • · Fachbeitrag · Versiegeln oder exkavieren?

    Tiefe Dentinkaries im bleibenden Zahn: Welche Behandlungsmöglichkeiten sind empfohlen?

    | Dank adhäsiver Füllungsmaterialien kann heute defektbezogen therapiert werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die alte Frage neu, ob Karies komplett exkaviert und damit eine Exposition der Pulpa riskiert werden soll oder ob es nicht vielleicht besser wäre, bewusst Karies zurückzulassen oder gar die Läsion lediglich zu versiegeln. |

     

    Eine Literatur-Übersicht wägt die Alternativen ab

    Eine Literaturübersicht der Universität Zürich zeigt Behandlungsmöglichkeiten beim bleibenden Zahn mit radiologisch fortgeschrittener (pulpanaher) Dentinkaries auf und wägt sie gegeneinander ab. Auf der einen Seite der klinischen Überlegungen steht der Infekt des Dentins, auf der anderen die Immunantwort in der Pulpa mit den entsprechenden möglichen Komplikationen für den Patienten. Beide Aspekte werden in dieser Arbeit beleuchtet, und biologische Überlegungen sowie vergleichende klinische Studien zu den verschiedenen Interventionsmodalitäten werden diskutiert.

     

    Grundsätzlich lässt sich aufgrund der momentanen Kenntnislage nicht klar sagen, welche Intervention wann die beste ist. Insbesondere beim bleibenden Zahn mit voll ausgebildetem Wurzelwachstum und Karies bis ins pulpennahe Dentin spricht nichts dagegen, bis auf hartes Dentin zu exkavieren und ‒ wenn die Karies bis in die Pulpa reicht ‒ eine Wurzelkanalbehandlung einzuleiten. Alle anderen Vorgehensweisen sind zwar von hohem akademischem Interesse, aber momentan nicht genügend mit verlässlichen Daten untermauert.

     

    Anders sieht es beim Zahn mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum aus. Obwohl auch hier gute vergleichende Studien weitgehend fehlen, macht es Sinn, zumindest in den Wurzelkanälen eine vitale Pulpa zu erhalten, damit sich die Wurzel voll ausbilden kann. Wie weit man schließlich mit der Exkavation geht, hängt von der Compliance des Patienten und auch davon ab, in welchem Grad die Pulpa entzündet ist. Bestehen bereits Schmerzen, sollte man eine volle Pulpenkammer-Pulpotomie in Betracht ziehen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, im gesunden Gewebe zu überkappen.

     

    Die Empfehlungen im Überblick

    Abschließend treffen die Zahnmediziner der Klinik für Präventivzahnmedizin,

    Parodontologie und Kariologie der Universität Zürich folgende Aussagen:

     

    • Reine Versiegelungen bei bleibenden Zähnen mit tiefer Karies sind nicht indiziert.

     

    • Direkte Überkappungen sollten zumindest im nicht ästhetischen Bereich mit einem Kalziumsilikatzement wie MTA und nicht mehr mit Kalziumhydroxidpräparaten durchgeführt werden. Im ästhetischen Bereich ist auf einen bismutfreien Kalziumsilikatzement oder ein entsprechendes Kalziumhydroxidpräparat auszuweichen.

     

    • Bei spontan schmerzenden Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum und tiefen kariösen Läsionen sollte von vitalerhaltenden Methoden abgesehen werden.

     

    • Nicht invasive Exkavationsmethoden mit Belassen von Restkaries haben den Nachteil, dass der Infektionsgrad des pulpennahen Dentins und des Entzündungsgrads der Pulpa selbst nicht beurteilt werden kann. Somit bleibt ungewiss, ob die Pulpa die Therapie langfristig überleben kann. Das intentionelle Belassen von Restkaries sollte momentan dem asymptomatischen Zahn mit dem noch nicht abgeschlossenen Wurzelwachstum beim nicht gut kooperierenden Kind vorbehalten bleiben.

     

    • Die Pulpenkammer-Pulpotomie könnte sich als Alternative zur konventionellen Wurzelkanalbehandlung (Pulpektomie) bei Zähnen mit Karies bis in die Pulpa erweisen. Gut kontrollierte Studien und Langzeitbeobachtungen zur Obliteration der Wurzelkanäle stehen allerdings noch aus.

     

    Quelle

    • Marending M et al. Behandlungsmöglichkeiten bei tiefer Dentinkaries im bleibenden Zahn. SWISS DENTAL JOURNAL SSO 2016; 126: 1018-1027.

     

    Literatur

    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 2 | ID 44424051