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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Mietwagenkosten: Ferrari für Rolls-Royce geht

    | Bei einem Tagessatz von 1.200 EUR laufen Versicherer mit ihren Sparargumenten offene Türen ein. Übers Sparziel hinausgeschossen ist das LG Berlin. Mit deutlichen Worten hat das KG die Entscheidung korrigiert. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Aus abgetretenem Recht macht ein Autohaus restliche Mietwagenkosten geltend. Bei einem Unfall mit voller Haftung der Gegenseite war das Geschäftsführerfahrzeug der Kundin, ein Rolls-Royce Ghost, beschädigt worden. Während des 15-tägigen Werkstattaufenthalts nutzte der Geschäftsführer einen von der Klägerin vermieteten Ferrari California T. Von der Mietwagenrechnung über 18.000 EUR brutto übernahm die beklagte Haftpflichtversicherung lediglich 1.124,34 EUR bei Anerkenntnis einer Mietzeit von nur zehn Tagen.

     

    Das LG Berlin (ZK 50) hat weitergehende Ansprüche zurückgewiesen. Ein Ferrari California T sei gegenüber einem Rolls-Royce Ghost ein völlig anderes Fahrzeug. Diesem Argument ist das KG nicht gefolgt (11.7.19, 22 U 160/17, Abruf-Nr. 210020). Der Senat hat eine 10-tägige Ausfallzeit angenommen und der Klägerin weitere 8.959,69 EUR zugesprochen. Der Kundin der Klägerin wurde wirtschaftlich vernünftiges Handeln bescheinigt. Zu ersetzen seien die Kosten bis zur Höhe der Miete für einen einem Rolls-Royce Ghost wirtschaftlich entsprechenden Mietwagen. Mit dem Ferrari sei ein Wagen einer niedrigeren Fahrzeugklasse gewählt worden, sodass dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen sei und auch wegen Eigenersparnis nichts abzuziehen sei.

     

    Auch die Miethöhe hat das KG nicht beanstandet. Fraunhofer und Schwacke schieden mangels Listung entsprechender „Luxusfahrzeuge“ als Orientierungshilfe aus. Gestützt auf eine Internetrecherche der Zedentin, der die Beklagte nicht substanziiert entgegengetreten ist, hat das KG einen Tagessatz von 1.200 EUR brutto für den Ferrari als marktüblich anerkannt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Nach der anerkannten Devise „einmal Porsche, immer Porsche“ (OLG Düsseldorf, 1 U 103/95, NZV 96, 496) hätte die Zedentin einen Rolls-Royce Ghost anmieten können. Nur unter besonderen Umständen (z. B. bei längerer Ausfallzeit) verlangt der BGH ein Umsteigen auf ein kleineres/billigeres Fahrzeug (NJW 82, 1518). Nicht nur, aber auch wegen des Wegfalls des Eigenersparnisabzugs sind Eigentümer sog. Luxusfahrzeuge gut beraten, sich eine Nummer kleiner zu setzen, zumal bei ungewisser Ausfallzeit.

     

    Die Reparaturzeit von 15 Tagen wurde mit einem Ersatzteilproblem begründet. Der Senat sieht einen Mangel im Sachvortrag, obgleich die Klägerin, immerhin die Rolls-Royce-Werkstatt, eine „interne Liste“ vorgelegt und einen Zeugen zur Begründung der fünftägigen Verlängerung benannt hatte. Angesichts dieser Strenge sollten Klägeranwälte auch in diesem Punkt so konkret wie möglich vortragen und Beweis anbieten; siehe auch den Praxishinweis in VA 11, 74 zu BGH 22.2.11, VI ZR 353/09, Abruf-Nr. 111228.

     

    Einsender: RA Bert Handschumacher, Berlin

    Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 155 | ID 46058805