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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Kein Schuldanerkenntnis durch Teilzahlung des Haftpflichtversicherers

    Erbringt der Haftpflicht-VR eine Teilzahlung verbunden mit der Erklärung, man gehe von einer Mithaftung von 50 Prozent aus, stellt dies jedenfalls dann kein der Rückforderung des Betrags entgegenstehendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, wenn der Geschädigte der Einschätzung des VR zur Höhe der Mithaftung widerspricht und den Restbetrag einklagt (LG Saarbrücken 12.10.12, 13 S 100/12, Abruf-Nr. 130156).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Wie aus dem Leitsatz ersichtlich, hatte der VR zunächst auf 50-Prozent-Basis reguliert. Der Anspruchsteller klagte den Restbetrag ein, was im Nachhinein betrachtet ein Fehler war. Denn der Haftpflichtprozess ging wegen erwiesener eigener grober Fahrlässigkeit verloren. Daraufhin verlangte der VR Rückzahlung. AG und LG haben einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB bejaht.

     

    Im Zentrum der LG-Entscheidung steht die Frage, ob der VR mit seiner vorprozessualen Regulierung ein Anerkenntnis abgegeben hat. Wenn ja, wäre die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt. Das LG verneint sowohl ein konstitutives (abstraktes) als auch ein deklaratorisches (bestätigendes) Schuldanerkenntnis. In Abgrenzung zu den Fällen, in denen die Rspr. in einer Regulierungszusage ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesehen hat, kommt die Kammer hier zu dem Ergebnis, dass der VR kein stillschweigendes Anerkenntnis einer Mindesthaftung von 50 Prozent abgegeben hat. Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten könne nicht von einem vorbehaltlosen Einwendungsverzicht ausgegangen werden. Daran könne der Schädiger/VR erkennbar nur interessiert sein, wenn der Streit um die Haftungshöhe endgültig ausgeräumt sei, der Geschädigte also den Regulierungsvorschlag ohne Wenn und Aber akzeptiere. Der Bereicherungsanspruch des VR scheitere auch nicht an § 814 BGB.

     

    Praxishinweis

    Dass der sprichwörtliche Spatz in der Hand mehr wert sein kann als die Taube auf dem Dach, stellt sich oft erst ex post heraus. Hätte der Kl. klein beigegeben, wären ihm die gezahlten 50 Prozent sicher gewesen. Das Alles-oder-Nichts-Risiko gilt es sorgsam abzuwägen, wenn der VR eine Quotenhaftung akzeptiert. Soweit ersichtlich, nimmt von den Obergerichten nur das Kammergericht ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis auch dann an, wenn der Geschädigte den Restschaden geltend macht (NZV 99, 329 = VersR 99, 504). Darauf sollte man sich als Anwalt des Geschädigten nicht verlassen. Die besseren Gründe sprechen für die Ansicht der überwiegenden Rspr., der sich das LG Saarbrücken in einer überzeugend begründeten Entscheidung jetzt angeschlossen hat.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zum Gesamtkomplex „Schuldanerkenntnis in Verkehrsunfallsachen“ siehe den Beitrag in VA 09, 113. Wie die Rspr.-Übersicht Seite 115 zeigt, kommt es ganz auf die Umstände des Einzelfalls an, ob ein Schreiben des VR ein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis enthält. Wenn nicht, kann es wenigstens ein Schuldbekenntnis i.S.v. BGH NJW 84, 799 sein und damit die Beweisposition des Mandanten - vielleicht entscheidend - verbessern.
    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 21 | ID 37496440