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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Kein Ersatz von Mehrwertsteuer bei Privatleasingfahrzeugen?

    | Das AG Coburg hat die Klage eines Privatleasingnehmers in gewillkürter Prozessstandschaft mit der Begründung abgewiesen, die MwSt. aus den Rechnungen des Sachverständigen und der Werkstatt sei nicht erstattungsfähig. |

     

    Sachverhalt

    Bei dem unfallbeschädigten Opel handelt es sich um ein Fahrzeug, das der Kläger auf der Basis eines „Privatkunden-Leasingvertrag-Neuwagen mit Kilometerabrechnung“ von der Opel Leasing GmbH geleast hatte. Nach dem Unfall teilte die Leasinggesellschaft dem Haftpflichtversicherer mit, ihr Kunde, der spätere Kläger, habe seine Ansprüche aus dem Schadenvorgang an sie, die Leasinggesellschaft, abgetreten. Ferner heißt es in diesem Schreiben: „Bitte seien Sie so freundlich und bestätigen uns, dass eventuelle Entschädigungszahlungen ausschließlich an uns erfolgen werden“. Der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Kläger beauftragte einen Sachverständigen und ließ den Wagen in einer Werkstatt reparieren.

     

    Der Haftpflichtversicherer kürzte beide Rechnungen, allerdings nicht im Umfang der MwSt., sondern aus anderen Gründen (bei der Werkstattrechnung die Verbringungskosten). Für das Verständnis gleichfalls wichtig ist noch ein Schreiben der Leasinggesellschaft an die Klägeranwälte, dass der Kläger gemäß den Leasing AGB „aktivlegitimiert“ sei, sämtliche fahrzeugbezogenen Ansprüche im eigenen Namen und auf eigene Kosten/Rechnung geltend zu machen.

     

    Im Prozess vor dem AG Coburg bestritt der VR die Aktivlegitimation des Klägers. Soweit er in gewillkürter Prozessstandschaft vorgehe und er das Recht habe, in Vertretung der Leasinggesellschaft einen Gutachter zu beauftragen, sei jedenfalls die MwSt. wegen Vorsteuerabzugsberechtigung der Leasinggesellschaft nicht erstattungsfähig. Abgesehen davon seien beide Rechnungen überhöht.

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG hat die Klage auf Zahlung der nichtregulierten Rechnungsbeträge abgewiesen (27.9.18, 15 C 168/18, Abruf-Nr. 205400). Begründung:

     

    Der Kläger klage in gewillkürter Prozessstandschaft aufgrund der Ermächtigung in dem oben erwähnten Schreiben der Leasinggesellschaft an die Klägervertreter. Vom „rechtsdogmatischen Ansatz“ her sei hiernach auf die zum Vorsteuerabzug berechtigte Leasinggesellschaft abzustellen. Dass nur netto zu regulieren sei, folge auch aus der Entscheidung BGH IV ZR 181/92, NJW 93, 2870.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das AG hat die Berufung zugelassen. Besteht Klärungsbedarf? Und wenn ja, inwiefern? Oder ist das Ganze nur ein Missverständnis? Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger seine eigenen Ansprüche aus dem Unfall an die Leasinggesellschaft abgetreten hat. So steht es in deren Schreiben an die Beklagte. Von einer Rückabtretung ist nichts bekannt. Das Schreiben der Leasinggesellschaft an die Klägervertreter „gemäß den Allgemeinen Leasingbedingungen aktivlegitimiert …“ enthält keine Rückabtretung.

     

    Wie so oft wird nicht unterschieden zwischen Aktivlegitimation und Prozessführungsrecht. Letzteres kann bekanntlich kraft gewillkürter Prozessstandschaft gegeben sein. Wie das AG Coburg zutreffend feststellt, klagt der Kläger in gewillkürter Prozessstandschaft. Aufgrund der Ermächtigung in den Leasing-AGB i. V. m. dem Schreiben der Leasinggesellschaft an die Klägervertreter macht er ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend. Diese Ermächtigung verleiht ihm keine Aktivlegitimation, sondern nur ein Prozessführungsrecht. Das wird in den Muster AGB für das Privatleasing (X. 4) durch den Klammerzusatz „Prozessstandschaft“ unterstrichen. Nach Lage der Dinge hat der Kläger ausschließlich (Rest-)Ansprüche der Leasinggesellschaft eingeklagt. Dann ist netto prinzipiell richtig. Das folgt freilich nicht aus der vom AG herangezogenen BGH-Entscheidung IV ZR 181/92. Sie betrifft einen Kaskofall.

     

    Bleibt die Frage, ob ein Versicherer sich auf netto berufen kann, wenn er brutto reguliert hat und es im Prozess um die Berechtigung von Kürzungen ganz anderer Art geht. Streitgegenstand waren zwei Differenzbeträge aus zwei Rechnungen, die wegen angeblich überhöhter Ansätze gekürzt worden waren. Darüber hätte das AG entscheiden müssen, nicht über brutto/netto.

     

    Um Missverständnisse zu vermeiden wäre es besser gewesen, wenn der Kläger sich seine eigenen Ansprüche hätte zurückabtreten lassen, um dann die strittigen Beträge aus eigenem Recht einzuklagen. Auf dem Boden der h. M. hätte das AG dann keine Handhabe gehabt, auf die Nettobeträge aus den beiden Rechnungen abzustellen. Abschließend noch ein Tipp, auch wenn er eventuell überflüssig ist: Immer in den konkreten Leasingvertrag schauen. Abtretungen LN an LG sind nicht selten, z. B. bei einem „Schadenservice“ (zur Frage der Nichtigkeit wegen RDG-Verstoßes s. AG Hannover VA 18, 94).

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 205 | ID 45592260