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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Bei Langzeitgarantie keine Verweisung auf „Billigwerkstatt“

    Der Eigentümer eines Mercedes mit 30-jähriger Durchrostungsgarantie braucht sich nicht auf eine freie Karosseriefachwerkstatt verweisen zu lassen (OLG Hamm 19.9.13, 24 U 147/12, Abruf-Nr. 140733).

     

    Praxishinweis

    Nach einem Reparaturschaden an seinem Mercedes (vermutlich älter als drei Jahre) hat der Kl. ein Ersatzfahrzeug mit USt.-Anfall erworben und die Reparaturkosten auf Basis des Gutachtens mit kalkulierten Mercedes-Preisen abgerechnet. Das OLG spricht die geltend gemachten Bruttoreparaturkosten zu. Der Kl. müsse sich nicht auf die benannte freie Werkstatt verweisen lassen. Es seien keine „greifbaren Anhaltspunkte“ dafür ersichtlich, dass der Kl. das Fahrzeug nicht stets in Mercedes-Betrieben habe warten und reparieren lassen. Bei Arbeiten in einer freien Werkstatt drohe der Verlust der 30-jährigen Durchrostungsgarantie. Auch mit Blick auf diese Garantie (mobilo life) ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kl. „maßgebliche Arbeiten“ vor dem Unfall nicht bei Mercedes habe ausführen lassen.

     

    Das Urteil verquickt zwei Gesichtspunkte - durchgängige Werkstatttreue („Scheckheftpflege“) einerseits und Werkstattbindung andererseits. Angesichts ansteigender Garantielaufzeiten, zumal bei asiatischen Fabrikaten, ist die Dreijahresgrenze des BGH oftmals überholt. Außerdem sind Anschlussgarantien und Gebrauchtwagen-Garantien zu berücksichtigen. Bei Letzteren ist eine Werkstattbindung zwar höchst problematisch, was aber schadensrechtlich nicht zulasten des geschädigten Garantienehmers gehen kann.

     

    Das Urteil des OLG Hamm ist aus drei weiteren Gründen interessant:

     

    • innerprozessuale Stellungnahme des (Privat-)Gutachters als Erwiderung auf eine von den Bekl. vorgelegte Dekra-Stellungnahme (Kosten nicht anerkannt)
    • Nutzungswille bei Nutzungsentschädigung und Einfluss auf die Kostenentscheidung (vor Ersatzanschaffung keine Dokumentation des Nutzungswillens, sodass Kostenlast teilweise beim Geschädigten).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zum Thema „freie Werkstatt und Sonderkonditionen“ ist auf die - auch zu anderen Verweisungsfragen - sehr gründlich argumentierende Entscheidung des AG Siegburg vom 12.2.14, 124 C 203/13, Abruf-Nr. 140736, hinzuweisen (Einsender: RA J. Stomper, Siegburg).
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 60 | ID 42557272