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  • · Nachricht · Geschwindigkeitsüberschreitung

    Blutende Fingerverletzung rechtfertigt keine Geschwindigkeitsüberschreitung

    | Es liegt keine rechtfertigende Notstandssituation vor, wenn ein Ehemann seine Frau mit überhöhter Geschwindigkeit in eine Klinik transportiert, weil er nicht auf den Rettungswagen warten will. |

     

    Das ist das Ergebnis eines Ordnungswidrigkeitsverfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt a. M. Dem Verfahren lag ein Geschwindigkeitsverstoß des Betroffenen zugrunde. Dieser war innerorts mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80 km/h unterwegs. Tatsächlich war an der Stelle lediglich 30 km/h erlaubt. Der Betroffene verteidigte sich damit, dass seine Ehefrau sich beim Kochen am Zeigefinger geschnitten habe. Die Wunde habe so stark geblutet, dass er sich ‒ erschrocken über das Ausmaß ‒ entschieden habe, keinen Rettungswagen zu rufen, sondern selbst ins Krankenhaus zu fahren. Einige Monate zuvor habe sich bereits ein Vorfall ereignet, bei dem der wegen Unterleibsschmerzen der Ehefrau gerufene Rettungswagen erst nach rund 40 Minuten eingetroffen sei.

     

    Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 50 km/h eine Geldbuße von 235 EUR sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat festgesetzt. Zwar könne auch eine Ordnungswidrigkeit grundsätzlich durch Notstand gerechtfertigt sein. Hier scheide eine solche Rechtfertigung jedoch aus zweierlei Gründen aus. Zum einen habe schon keine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der Ehefrau vorgelegen. Es waren weder ihr Tod noch eine sonstige Komplikation aufgrund der Verletzung ernsthaft zu erwarten. Zum anderen käme eine Rechtfertigung auch nur dann in Betracht, wenn die gegenwärtige Gefahr objektiv nicht anders abwendbar gewesen wäre. Hier sei es dem Betroffene nach der Begründung des Gerichts jedoch im Sinne eines alternativ rechtmäßigen Verhaltens zumindest zumutbar gewesen, ein Rettungsfahrzeug zu rufen.

     

    Quelle | Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 22.3.2019, 971 Owi 955 Js-OWi 65423/19

    Quelle: ID 46646570