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  • · Fachbeitrag · Beweisverwertungsverbot

    Behörde holt verbotenerweise Vergleichsbilder von der Passbehörde ein

    | Das Bußgeldverfahren ist nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen, wenn sich die Verwaltungsbehörde bewusst entgegen datenschutzrechtlichen Bestimmungen Vergleichsbilder zu dem vom Verkehrsverstoß gefertigten Bild beschafft hat, entschied das AG Landstuhl (26.10.15, 2 OWi 4286 Js 7129/15, Abruf-Nr. 145860 ). |

     

    Sachverhalt

    Mit dem Fahrzeug der Halterin H, das nach dem von dem Verkehrsverstoß gefertigten Messbild von einer männlichen Person geführt wurde, ist ein Abstandsverstoß begangen worden. Anstelle nunmehr z.B. die Adresse der Halterin anzufahren und sich nach männlichen Fahrern zu erkundigen bzw. zunächst einmal lediglich die Anschriften der im Anwesen der Halterin lebenden männlichen Verwandten beim Einwohnermeldeamt zu erfragen, hat die Zentrale Bußgeldbehörde sofort Lichtbilder vom Ehemann der Halterin und danach vom Sohn der Halterin, dem Betroffenen des Verfahrens, bei der Passbehörde angefordert. Nachdem das vorhandene Passbild des Betroffenen diesen aber als sehr jungen Mann zeigte, wurde die örtlich zuständige Polizeiinspektion beauftragt, den Betroffenen anzuhören. Auch dort wurde, allerdings nach verstrichener Anhörungseinladung, das Passbild beigezogen. Dies trug diesmal ein neueres Datum und ließ den Betroffenen jedenfalls als ähnlicher zum Fahrer erkennen. Das Bild wurde an die ZBS zurückgesandt. Von dort wurde ein Anhörungsbogen an den Betroffenen übersandt. Noch vor der Übersendung des Anhörungsbogens erging ein internes Rundschreiben in der ZBS, in welchem auf Rügen des Landesdatenschutzbeauftragten aufmerksam gemacht wurde. Dieser rügte das oben beschriebene und bereits in mehreren Verfahren auffällig gewordene und seitens der jeweiligen Verteidiger beanstandete Vorgehen. Die ZBS hat dennoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BayObLG (NJW 04, 241) und des OLG Bamberg (DAR 06, 336) mit dem Argument, dass weder ein Verfahrenshindernis noch ein Verwertungsverbot bestehe, gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid erlassen. Das AG hat das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Verfahren war aus Gesichtspunkten des Opportunitätsgrundsatzes einzustellen. Denn vorliegend liegt ein erheblicher Verfahrensverstoß der Bußgeldbehörde gegen datenschutzrechtliche Vorschriften vor. Der beseitigt zwar den staatlichen Strafanspruch im konkreten Fall nicht an sich. Er ist jedoch so erheblich im Sinne vorsätzlichen Vorgehens, dass vorliegend eine Sanktionierung mittels der Rechts- und Regelfolgen der BKatV nicht vereinbar wäre. Nachdem für das Handeln der Verwaltungsbehörde die Einstellung nach § 47 OWiG schon dann anerkannt ist, wenn Richtlinien nicht beachtet werden (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 47 OWiG, Rn. 9), muss erst recht die Einstellung des Verfahrens erfolgen, wenn wie hier ein Gesetzesverstoß vorliegt. Das bewusste Handeln entgegen der datenschutzrechtlichen Vorgaben bei gleichzeitiger Kenntnis einer Belehrung und unter Berufung auf die zitierte Rechtsprechung kann zu keinem anderen Ergebnis führen, als die Verfolgung der begangenen Ordnungswidrigkeit zu beenden.