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  • 15.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112350

    Landgericht Dresden: Urteil vom 20.02.2007 – 6 O 434/05

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:
    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.750,85 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 250,85 € seit dem 09.12.2005 zu zahlen.

    Die Beklagten zu 2. und 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 250,85 € für die Zeit vom 18.11.2005 bis zum 08.12.2005 zu zahlen.

    Die Beklagte zu 3. wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 215 € für die Zeit vom 21.10.2003 bis zum 19.05.2004 und aus 250,85 € für die Zeit vom 20.05.2004 bis zum 17.11.2005 zu zahlen.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1. vom 20.09.2002 um 17.20 Uhr auf der BAB 3 bei Oberhausen, Fahrtrichtung Köln, Kilometer 73,116, noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 19 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 81 %.

    Für den Kläger ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

    Tatbestand
    Am 20.09.2002 befuhr der Kläger die BAB 3 in Fahrtrichtung Köln. Auf Höhe des km 73,116 befand er sich mit einer Geschwindigkeit von rund 110 km/h auf der mittleren Fahrspur. Rechts vor ihm fuhr der Beklagte zu 1. mit dem bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversicherten LKW der Beklagten zu 2. Ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers oder sonstiges Warnzeichen zog der Sattelzug nach links und erfasste den Kläger. Ursache des Unfalls war das Platzen des linken Vorderreifens des LKW infolge zu geringen Luftdrucks. Da der Beklagte zu 1. zum Unfallzeitpunkt unter Berücksichtigung von zwei Pausen sechs Stunden gefahren war, war seine Konzentrationsfähigkeit bereits so vermindert, dass er auf das Platzen des Reifens nicht mehr situationsgerecht reagieren konnte. Der Kläger erlitt bei dem Unfall ein Thoraxtrauma mit Lungenkontusion rechts, ein Schädelhirntrauma mit traumatischer Subarachnoidalblutung hoch frontal rechts, eine contusio cordis und eine BWS/LWS-Prellung. Er wurde vier Tage auf der Intensivstation, weitere sieben Tage stationär im Krankenhaus behandelt. Danach war er noch zehn Tage arbeitsunfähig. Während des Krankenhausaufenthalts des Klägers besuchten ihn die Eltern siebenmal, wobei sie insgesamt 2464 km mit dem PKW zurücklegten. Der Kläger musste eine Eigenbeteiligung für den Krankenhausaufenthalt in Höhe von 108 € entrichten. Bei dem Unfall wurden das Motorrad des Klägers und die Schutzbekleidung, nämlich Helm, Motorradhandschuhe, Motorradstiefel und Rückenprotektor, zerstört bzw. irreparabel beschädigt. Die Beklagte zu 3. verweigerte zunächst die Regulierung. Sie regulierte dann einen Teil der Schäden. Insbesondere zahlte sie dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.500 €. Für die beschädigte Schutzbekleidung zahlte sie 700 €, auf die Fahrtkosten der Eltern des Klägers 350 €.

    Der Kläger behauptet, nachdem er zunächst keine Beschwerde mehr gehabt hätte, hätten sich, als er seiner beruflichen Tätigkeit wieder im vollen Umfang nachgegangen sei, Kopfschmerzen und Schwindelanfälle eingestellt. Seit Mitte 2003 hätte er unter starken Kopfschmerzen gelitten, wenn es zu beruflichen und privaten Stresssituationen oder körperlicher Belastung gekommen sei. Die Beschwerden seien im Verlauf des Jahres 2004 langsam abgeklungen. Sie könnten allerdings jederzeit wieder auftreten. Bei den Beschwerden handele es sich um Folgen der durch den Verkehrsunfall hervorgerufenen Verletzungen. Es sei nicht auszuschließen, dass zur Behandlung weitere Krankenhausaufenthalte erforderlich würden oder der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit aufgrund der Beschwerden nur in vermindertem Umfang oder gar nicht mehr nachgehen könne. Der Kläger vertritt die Auffassung, ein Schmerzensgeld von 10.000 € sei angemessen. Der Kläger bringt weiter vor, der bei dem Unfall beschädigte Helm habe einen Wert von 799,95 €, die Handschuhe von 59,95 €, die Motorradstiefel von 159,95 € und der Rückenprotektor von 129,95 € gehabt. Diese Beträge habe er für die Beschaffung neuer Schutzkleidung aufwenden müssen. Ein Abzug "neu für alt" sei nicht vorzunehmen. Für die Besuchsfahrten seiner Eltern verlangt der Kläger Fahrtkostenersatz in Höhe von 0,21 € je gefahrenem km. Ferner begehrt der Kläger den Ersatz der Eigenbeteiligung für den Krankenhausaufenthalt abzüglich 60 € ersparter Eigenaufwendungen sowie Attestkosten von insgesamt 35,85 €.

    Der Kläger beantragt,

    1.
    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 700,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf 664,80 € vom 21.10.2003 bis zum 19.05.2004 und auf 700,65 € seit dem 20.05.2004 zu zahlen;
    2.
    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen über den gezahlten Betrag von 5.500 € hinausgehendes angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen;
    3.
    festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1. vom 20.09.2002 um 17.20 Uhr, BAB 3 bei Oberhausen, Fahrtrichtung Köln, Kilometer 73,116, noch entstehen werden, soweit derartige Ansprüche nicht aus Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
    Die Beklagten beantragen

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagten behaupten, die beim Kläger im Jahre 2003 aufgetretenen Schmerzen seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Die Behandlung des Klägers sei bereits im Jahre 2003 vollständig abgeschlossen worden. Ein Dauerschaden sei nicht verblieben. Die Beklagten vertreten die Auffassung, das von der Beklagten zu 3. gezahlte Schmerzensgeld von 5.500 € sei angemessen. Die bei dem Unfall beschädigte Schutzbekleidung habe nur einen Gesamtwert von 700 € gehabt. Es müssten die Zeitwerte zugrunde gelegt werden. Die Eigenbeteiligung für den Krankenhausaufenthalt könne der Kläger zwar dem Grunde nach ersetzt verlangen. Er müsse sich aber die Ersparnis eigener Aufwendungen im häuslichen Bereich in Höhe von mindestens 10 € täglich entgegenhalten lassen. Wegen der Besuchsfahrten der Eltern sei dem Kläger kein Schaden entstanden. Tägliche Besuche seien nicht ersatzfähig.

    Für den übrigen Parteivortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben. Für das Beweisergebnis wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Herrn Dr. vom 14.09.2006 verwiesen.

    Entscheidungsgründe
    I.

    Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

    Die Beklagten sind dem Kläger nach seinem unbestrittenen Vorbringen gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.

    Materiellen Schadensersatz kann der Kläger nur noch in Höhen von 250,85 € verlangen. Erstens hat der Kläger Anspruch auf Ersatz der Eigenbeteiligung, die er im Krankenhaus zahlen musste. Es handelt sich um Aufwendungen, die dem Kläger aufgrund der unfallbedingten Verletzungen entstanden. Der Kläger muss sich ersparte Eigenaufwendungen allenfalls in Höhe der von ihm zugestandenen 60 € im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen, sodass er von der Eigenbeteiligung in Höhe von 108 € mindestens die von ihm geltend gemachten 48 € ersetzt erhält. In einer Schätzung gemäß § 287 ZPO belaufen sich die Aufwendungen, die der Kläger dadurch, dass er sich im Krankenhaus befand, im häuslichen Bereich ersparte, auf nicht mehr als 5 € täglich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar im Krankenhaus Essen und ein sauberes Bett erhielt und ihm dies deshalb zuhause nicht bereit gestellt werden musste. Die täglichen Aufwendungen eines durchschnittlichen Haushalts für Essen und Bettwäsche belaufen sich allerdings nicht auf mehr als 5 €. Hinzu kommt, dass der Kläger im Haushalt seiner Eltern lebte, so dass ihm noch nicht einmal in dieser Höhe Aufwendungen entstanden, die er infolge des Krankenhausaufenthaltes ersparte. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass mit einem Krankenhausaufenthalt regelmäßig zusätzliche Aufwendungen, etwa für häufigeren Wäschewechsel, Telefonkosten und Fernsehen verbunden sind, die im eigenen Haushalt in dieser Höhe nicht anfallen und denen keine Ersparnis gegenübersteht, zumal laufende Anschlussgebühren durch einen vorübergehenden Krankenhausaufenthalt nicht entfallen.

    Zweitens kann der Kläger für die Besuchsfahrten seiner Eltern noch mindestens die geltend gemachten 167 € ersetzt verlangen. Die Kosten für Krankenbesuche naher Angehöriger gehören zu den Heilungskosten. Für deren Ersatz ist der Geschädigte selbst aktiv legitimiert. Sieben Besuchsfahrten der Eltern während des zwölftägigen Krankenhausaufenthaltes des Klägers waren angemessen. Zwar kann nicht in jedem Fall Fahrtkostenersatz für tägliche Besuche der Angehörigen verlangt werden. Angesichts der Schwere der Verletzungen des Klägers war es indes angemessen, dass seine Eltern ihn in den zwölf Tagen des Krankenhausaufenthaltes siebenmal besuchten. Während der vier Tage auf der Intensivstation waren tägliche Besuche angemessen. In den folgenden sieben Tagen stationärer Behandlung waren Besuche wenigstens an jeden zweiten Tag angemessen. Die Fahrtkosten können mit 0,21 € je gefahrenen Kilometer in Ansatz gebracht werden. Diese Kosten entstehen bei Benutzung eines privaten PKW mindestens. Abgesehen vom Treibstoff sind anteilige Fahrzeugabnutzung und Wartungskosten zu berücksichtigen, so dass sich schon ohne Fixkosten 0,21 € je km ergeben. Bei den unstreitig zurückgelegten 2464 km errechnet sich der Schadensersatzanspruch mit 517,44 €. Abzüglich der bereits von der Beklagten zu 3. gezahlten 350 € verbleiben 167,44 Euro, wovon der Kläger 167 € geltend macht.

    Kein weiterer Anspruch des Klägers besteht, drittens, wegen der Beschädigung der Schutzbekleidung. Das Gericht hat deren Zeitwert nach § 287 ZPO geschätzt. Selbst wenn die vom Kläger dargelegten Anknüpfungstatsachen auch, soweit sie von den Beklagten bestritten werden, als wahr unterstellt werden und unter Zugrundelegung einer möglichst langen üblichen Nutzungsdauer der Schutzbekleidung - mit der Folge eines hohen Zeitwertes zum Unfallzeitpunkt - ergibt sich ein Schadensersatzanspruch von nur 681 €, der durch die Zahlung der Beklagten zu 3. in Höhe von 700 € bereits vollständig erfüllt ist. Die Schutzbekleidung ist mit dem Zeitwert anzusetzen. Abgesehen davon, dass es schon nicht zutrifft, dass es keinen Markt für gebrauchte Motorradschutzbekleidung gibt, wovon man sich etwa bei e-bay überzeugen kann, wäre der Neupreis auch dann nicht anzusetzen, wenn es einen solchen Markt nicht gäbe. Motorradschutzkleidung unterliegt einer Abnutzung. Sie kann nur für einen gewissen Zeitraum mit gewisser Intensität genutzt werden. Ist die Schutzbekleidung schon eine Weile genutzt worden, reduziert sich hierdurch die Restnutzungsdauer. Demnach ist zu einem früheren Zeitpunkt eine Ersatzbeschaffung erforderlich, als das bei Fabrik neuer Schutzbekleidung der Fall wäre. Für den Helm lässt sich Zeitwert von 490 € schätzen. Der Helm kostete nach Angaben des Klägers im Frühjahr 2001 1.200 DM. Dasselbe Modell kostete im Jahre 2003 799 €. Der Neupreis zum Unfallzeitpunkt ist daher auf 700 € zu schätzen. Nimmt man eine Nutzungsdauer von fünf Jahren an, betrug die restliche Nutzungsdauer des Helms zum Unfallzeitpunkt noch 3,5 Jahre. Der Zeitwert ergibt sich dann mit 700 € x 3,5 : 5 = 490 €. Für die Motorradhandschuhe, die nach Angaben des Klägers 1998 200 DM und 2003 140 bis 150 € kosteten, ist von einem Neuwert von 136 € zum Unfallzeitpunkt auszugehen. Bei einer Nutzungsdauer von acht Jahren ergibt sich zum Unfallzeitpunkt ein Zeitwert von 51 €, errechnet aus einer Restnutzungsdauer von drei Jahren. Für die Motorradstiefel ist von einer Nutzungsdauer von 6 Jahren auszugehen. Bei einem Neupreis von 400 DM bzw. 200 € ergibt sich zum Unfallzeitpunkt, rund vier Jahre nach dem Kauf, ein Zeitwert von 66,67 €. Ein Rückenprotektor kann schätzungsweise im Mittel für zwölf Jahre genutzt werden. Beim Neupreis von 129,95 € im Jahre 2003 kann für den Unfallzeitpunkt ein Preis von rund 110 € geschätzt werden. Dann war der gebrauchte Rückenprotektor des Klägers zum Unfallzeitpunkt noch 73,33 € wert.

    Der Kläger hat, viertens, auch Anspruch auf Ersatz der Attestkosten von insgesamt 35,85 €. Der Geschädigte kann nicht nur die Kosten der Schadensbeseitigung als solcher, sondern auch die der Feststellung und Dokumentation des Schadens ersetzt verlangen.

    Der geltend gemachte Zinsanspruch ist nur zu einem Teil begründet. Zinsen aus dem Anspruch auf Ersatz der Eigenbeteiligung und der Fahrtkosten der Eltern des Klägers hat die Beklagte zu 3. seit dem 21.10.2003 gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu tragen. Mit Verweigerung der Regulierung im März 2003 kam die Beklagte zu 3. in Verzug. Hinsichtlich der Attestkosten ergibt sich ein Zinsanspruch auf derselben Grundlage ab Ablehnung der weiteren Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 27.04.2004. Zinsansprüche gegen die Beklagten zu 1. und 2. stehen dem Kläger nur aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Umstände, aus denen sich ein Zahlungsverzug der Beklagten zu 1. und 2. ergeben könnte, hat der Kläger nicht vorgebracht. Nach § 425 BGB begründet der Zahlungsverzug der Beklagten zu 3. nicht auch einen Zahlungsverzug der übrigen Beklagten. Verzinsungsbeginn ist entsprechend § 187 Abs. 1 BGB jeweils der Zustellung der Klageschrift folgende Kalendertag. Die Klageschrift ist der Beklagten zu 2. am 17.11.2005 zugestellt worden. Der Beklagte zu 1. hat Rechtshängigkeitszinsen spätestens ab Stellung des Antrags auf Klageabweisung mit Schriftsatz vom 09.12.2005 zu zahlen.

    Der Kläger kann von den Beklagten weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 3.500 € verlangen. Insgesamt steht ihm Schmerzensgeld von 9.000 € zu. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sind zunächst die unmittelbar durch den Unfall hervorgerufenen Verletzungen zu berücksichtigen. Der Kläger erlitt ein Thoraxtrauma mit Lungenkontusion rechts, ein Schädelhirntrauma mit traumatischer Subarachnoidalblutung hoch frontal rechts, eine contusio cordis und eine BWS/LWS-Prellung. Die Verletzungen des Klägers waren so schwer, dass er vier Tage auf der Intensivstation und weitere sieben Tage stationär im Krankenhaus behandelt werden musste und darüber hinaus noch zehn Tage arbeitsunfähig war. Ferner musste sich der Kläger in der Folgezeit weiterer ärztlicher Behandlungen unterziehen.

    Für die Bemessung des Schmerzensgeldes ist weiter zu berücksichtigen, dass sich im Jahre 2003 erneut unfallbedingte Beschwerden einstellten. Der Kläger litt unter Kopfschmerzen und Schwindelanfällen. Dass diese auf die Unfall bedingten Verletzungen zurückzuführen sind, steht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Herrn Dr. L vom 14.09.2006 zur Überzeugung des Gerichts fest. Herr Dr. L hat festgestellt, dass es sich bei den Beschwerden des Klägers um einen posttraumatischen Spannungskopfschmerz handelt. Dieser ist auf das Schädelhirntrauma mit Hirnkontusion und die Subarachnoidalblutung zurückzuführen. Gegen eine Verursachung durch den Unfall spricht nicht, dass die Beschwerden zunächst abklangen. Sie traten nämlich im Zusammenhang mit einer erhöhten Belastung des Klägers erneut auf. Da eine solche Belastung zwischenzeitlich nicht bestand, lässt das vorübergehende Ausbleiben der Beschwerden nicht den Schluss zu, dass die Unfallfolgen zunächst vollständig ausgeheilt waren. Zudem wird der Spannungskopfschmerz durch Muskelverhärtungen im Nackenbereich gefördert. Solche Muskelverhärtungen hat der Sachverständige beim Kläger festgestellt. Die Nackenmuskulatur, insbesondere die kleinen Muskeln in unmittelbarer Nähe der Wirbelsäule, können, was gerichtsbekannt ist, noch Jahre nach einer Reizung, etwa durch einen Unfall, Verhärtungen aufweisen. Es handelt sich um eine typische Folge plötzlicher Krafteinwirkungen im Bereich der Wirbelsäule.

    Mit der Höhe des Schmerzensgeldes ist nicht nur dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger in den Jahren 2003 und 2004 unter Kopfschmerzen litt. Schmerzensgeld erhöhend wirkt sich außerdem aus, dass ungewiss ist, ob die Kopfschmerzen oder andere Beschwerden aufgrund des Unfalls erneut auftreten können und wie sich dies auf die berufliche Tätigkeit des Klägers auswirkt. Allein von dieser Ungewissheit geht eine Beeinträchtigung der Lebensqualität des Klägers aus, ohne dass sich das Risiko tatsächlich realisiert haben muss.

    Für die Bemessung des Schmerzensgeldes spielt schließlich die Art und Weise der Entstehung der Verletzungen des Klägers eine Rolle. Nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers kam es zu dem Unfall deshalb, weil, erstens, ein Defekt am linken Vorderreifen des LKW vorlag, der auf ein Wartungsdefizit zurückzuführen war, zweitens, der Beklagte zu 1. zum Zeitpunkt des Unfalls schon so lange gefahren war, dass seine Konzentration gemindert war, weshalb er nicht situationsgerecht reagieren konnte. Der Unfall ist demnach nicht auf einen einfachen Fahrfehler zurückzuführen, vielmehr auf die Verletzung der Sorgfaltspflichten schon im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Teilnahme am Straßenverkehr. Solche Pflichtverletzungen wiegen schwerer als einfache Fahrfehler, die aufgrund von Fehlentscheidungen in wenigen Augenblicken entstehen können. Für die Vorbereitung von Fahrzeug und Fahrer auf den Straßenverkehr steht grundsätzlich unbegrenzt viel Zeit zur Verfügung. Wenn ein Fahrzeug sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet, muss man damit nicht losfahren. Wer zu müde ist, darf kein Fahrzeug führen.

    Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ein Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Haftung der Beklagten für die künftig ihm noch aufgrund des Unfalls entstehenden Schäden. Die unfallbedingten Verletzungen des Klägers sind, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L ergibt, noch nicht mit Sicherheit abgeheilt. Es besteht daher die Gefahr, dass es noch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers kommt, was sowohl zu immateriellen als auch - insbesondere im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Klägers, seine berufliche Tätigkeit auszuüben - zu materiellen Schäden führen kann. Der Antrag ist auch begründet. Dem Kläger steht gemäß §§ 7 Abs,. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall ZPO.

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich für den Kläger nach § 709 Sätzen 1 und 2 ZPO, für die Beklagten nach §§ 708 Nr. 11, 711 Sätzen 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

    Streitwert:

    Klageantrag zu 1: 700,65 €,

    Klageantrag zu 2: 4.500,00 €,

    Klageantrag zu 3: 2.500,00 €

    7.700,65 €.

    Vorschriften§ 823 Abs. 1 BGB § 3 Nr. 1 PflVG § 7 Abs. 1 StVG § 18 Abs. 1 S. 1 StVG § 287 ZPO