22.07.2024 · IWW-Abrufnummer 242797
Amtsgericht Dortmund: Urteil vom 11.04.2024 – 729 OWi-256 Js 414/24-34/24
1. Rentner*innen sind grundsätzlich nicht auf eine Fahrerlaubnis angewiesen und können dementsprechend auch allein aus der Tatsache, nicht über eine Fahrerlaubnis für eine befristete Zeit verfügen zu können, keinerlei fahrverbotsrelevante Härten für sich geltend machen.
2. Zum Umgang mit Hinweismeldungen des Messgerätes Poliscan FM1
AG Dortmund
Urteil vom 11.4.2024
729 OWi-256 Js 414/24-34/24
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Bußgeldverfahren
gegen ,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Dortmund
aufgrund der Hauptverhandlung vom 11.04.2024,
an der teilgenommen haben:
Richter am Amtsgericht
als Richter
Gem. §§ 71 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 226 Abs. 2 StPO wird von der Hinzuziehung einer Urkundsbeamtin/eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgesehen.
für R e c h t erkannt:
Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer
Geldbuße von 200,00 €
verurteilt.
Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene.
G r ü n d e:
Der Betroffene ist ledig und Rentner. Der Betroffene hatte sich von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptwandlung entbinden lassen und war durch einen Unterbevollmächtigten in Rahmen der Hauptverhandlung vertreten. Auf Nachfrage wurde von diesem kein Wunsch auf eine Ratenzahlungsanordnung an das Gericht herangetragen.
Der Betroffene ist verkehrsrechtlich nicht vorbelastet.
Am 24.11.2023 befuhr der Betroffene um 19:07 Uhr in Dortmund die Straße Südwall in Höhe der Hausnummern 5 bis 9 als Führer eines Pkw VW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX. An der genannten Stelle befindet sich eine Lichtzeichenanlage. Der Betroffene missachtete an der Lichtzeichenanlage das dortige Rotlicht. Trotz guter Erkennbarkeit der Lichtzeichenanlage für den fließenden Verkehr zeigte die Rotlichtanlage bereits 2,7 Sekunden Rotlicht, als der Betroffene den auf der Fahrbahn aufgebrachten Haltebalken überfuhr. Der Rotlichtverstoß konnte festgestellt werden mittels des Messsystems Poliscan speed stationär, dass am Tattag von dem Zeugen A der Stadt Dortmund eingesetzt worden war und entsprechend der Bedienungsanleitung eingerichtet worden war. Das Messgerät war zur Tatzeit gültig geeinigt, und zwar bis Ende des Jahres 2024.
Der Betroffene selbst hatte sich von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbinden lassen und durch persönlich unterschriebene Erklärung, die das Gericht verlesen konnte, eingeräumt, zur Tatzeit Fahrzeugführer gewesen zu sein. Er bestreite jedoch die Tatbestandsmäßigkeit des Verstoßes. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen werde er in der Hauptverhandlung keine Angaben machen und auch keine weiteren Angaben zur Sache. Auch der bevollmächtigte Verteidiger bestätigte die Fahrereigenschaft des Betroffenen im Rahmen der Hauptverhandlung. Der Verstoß wurde pauschal bestritten.
Das Gericht konnte den Rotlichtverstoß jedoch feststellen durch Verwertung nachfolgender Beweismittel:
Ansonsten wies das Messfoto, das das Gericht in Augenschein genommen hat, keinerlei Besonderheiten auf, sondern zeigte eine im Dunkeln liegende übersichtliche Lichtzeichenanlage bei mehrspurigem ankommenden Fahrzeugverkehr. Der Betroffene befand sich zur Zeit der Messung ausweislich des Messfotos auf der linken Rechtsabbiegerspur aus seiner Fahrtrichtung kommend.
Dementsprechend bei der Betroffene wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes nach §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen.
Bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Betroffene nämlich die Rotlicht zeigende Lichtzeichenanlage erkennen können und müssen und rechtzeitig vor dem Haltebalken der Lichtzeichenanlage anhalten können und müssen.
Da die Zeitdauer der Rotlichtphase länger als 1 Sekunde andauerte, hat der Betroffene den Bußgeldtatbestand des 132.3 BKat verwirklicht, der eine Regelgeldbuße von 200,00 € und ein Regelfahrverbot von einem Monat anordnet. Anlass, von der Regelgeldbuße abzuweichen, gab es nicht, zumal Rentner in Deutschland ohne geltend gemachte Besonderheiten als ausreichend wirtschaftlich situiert angesehen werden können, Regelgeldbußen des Bußgeldkataloges zahlen zu können.
Soweit ein Regelfahrverbot festzusetzen war, hat der Verteidiger geltend gemacht, der Betroffene sei auf seine Fahrerlaubnis angewiesen. Weiteres wurde insoweit nicht konkretisiert. Das Gericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Rentner grundsätzlich nicht auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sind und dementsprechend auch keinerlei fahrverbotsrelevante Härten für sich geltend machen können allein aus der Tatsache, nicht über eine Fahrerlaubnis für eine befristete Zeit verfügen zu können. Weitere Härten wurden jedenfalls nicht geltend gemacht. Aus den Tatumständen ergaben sich auch keinerlei Besonderheiten, die eine Abweichung von dem Regelfahrverbot hätten nahelegen können. Das Gericht war sich durchaus bewusst, dass es durchaus möglich gewesen wäre, unter Anwendung des § 4 Abs. 4 BKatV von einer Fahrverbotsanordnung abzusehen unter Erhöhung der Geldbuße. Das Gericht hat dies trotz fehlender Voreintragungen nicht vornehmen wollen, da der in Rede stehende Verstoß innerörtlich stattfand und zu-dem zu einer Zeit, in der die Innenstadt in Dortmund erheblich frequentiert ist, ins-besondere auch der Bereich des Südwalls.