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  • 10.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144220

    Landgericht Lübeck: Urteil vom 30.01.2015 – 1 S 82/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    1 S 82/14
    25 C 70/14 Amtsgericht Eutin

    Verkündet am: 30. Januar 2015

    LANDGERICHT LÜBECK

    URTEIL

    IM NAMEN DES VOLKES

    In dem Berufungsverfahren

    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
    gegen

    - Beklagte und Berufungsbeklagte -

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

    hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck
    auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2015
    durch den Präsidenten des Landgerichts Dr. Krönert, den Richter am Landgericht Hartlmaier und die Richterin am Landgericht Wink
    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Klägers – wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – das am 24. Juni 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Eutin, 24 C 70/14, abgeändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 622,01 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. Februar 2014 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 21 % und die Beklagte zu 79 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    G r ü n d e :

    I.

    Der Kläger, Inhaber einer gewerblichen Autovermietung, macht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte, Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

    Am 09. Dezember 2013 erlitt die Geschädigte, die Zeugin…., in Timmendorfer Strand einen Verkehrsunfall, an dessen Zustandekommen der Führer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ….die alleinige Schuld trug. Die volle Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten ist zwischen den Parteien dem Grunde nach außer Streit.

    Die Parteien streiten nunmehr um weitere Ansprüche wegen der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs durch die Geschädigte.
    Die Geschädigte brachte das verunfallte Fahrzeug, einen Opel Astra (Erstzulassung 2007 , Gruppe 6 der Eurotax-Schwacke-Liste) nach dem Unfall zu einer Fachwerkstatt in Eutin. Im Anschluss daran mietete die Geschädigte das Ersatzfahrzeug ebenfalls noch am Unfalltag beim Kläger, der die einzige Autovermietung in Eutin betreibt und die nur 300 m von der Fachwerkstatt entfernt ist, an. Gleichzeitig trat sie ihre, die Mietwagenkosten betreffenden Ansprüche gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer an den Kläger ab.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages sowie die Abtretungserklärung wird auf die der Klageschrift vom 21. Januar 2014 beigefügten Anlagen KVS 1 bis 3 Bezug genommen. Am 20. Dezember 2013 gab die Geschädigte das Mietfahrzeug, einen Ford Fiesta (Gruppe 4 der Eurotax-Schwacke-Liste), vereinbarungsgemäß zurück.

    Während der Mietzeit legte die Geschädigte eine Strecke von 540 km zurück.
    Der Kläger stellte der Geschädigten die Mietwagenkosten mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 1.515,82 € in Rechnung. Wegen des Inhalts der Rechnung im Einzelnen wird auf die der Klageschrift vom 21. Dezember.2014 beigefügte Anlage KVS 4 Bezug genommen. Die Rechnung vom 23. Dezember 2013 übersandte der Kläger zusammen mit der ihn legitimierenden Abtretungserklärung an die Beklagte. Diese überwies daraufhin 581,-- € an den Kläger.

    Mit Schreiben vom 06. Januar 2014 lehnte die Beklagte weitere Zahlungen ab. Die Geschädigte wurde vom Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2014 zur Zahlung des Differenzbetrages aufgefordert. Nachdem auch diese nicht zahlte, forderte der Kläger die Beklagte nochmals vergeblich außergerichtlich zur Zahlung auf.

    Der Kläger hat behauptet, die Geschädigte, die auf ständige Mobilität angewiesen sei, habe die von ihm angebotene sog. Ad-hoc-Anmietung genutzt. Er habe, da die Geschädigte nicht in der Lage gewesen sei, bei Anmietung eine Vorauszahlung mittels Kreditkarte zu leisten, keine Vorauszahlung des Mietpreises verlangt, sondern diese Schadenspositionen vorfinanziert. Die Geschädigte habe bei Anmietung des Ersatzfahrzeugs auch nicht sagen können, wie lange das Mietfahrzeug benötigt würde.

    Der Geschädigten sei es auch nicht möglich gewesen, sich zunächst von der Unfallstelle nachhause zu begeben, dort eine Internetrecherche nach möglichen anderen Autovermietungen anzustellen, deren Angebote zu vergleichen und sodann eine Auswahl durchzuführen. Mangels Zeit und ausreichender Internetroutine sei die Geschädigte auch subjektiv nicht in der Lage gewesen, vorab eine Recherche nach sonstigen Autovermietungen oder sonst etwa in Kiel oder Lübeck angebotenen Preisen durchzuführen. Die Anmietung des Ersatzfahrzeugs sei für 11 Tage erforderlich gewesen. Der Lebensgefährte der Geschädigten habe den Mietwagen ebenfalls benötigt, insoweit sei dieser als zugelassener zweiter Fahrer im Mietvertrag einzutragen gewesen. Das Mietfahrzeug sei weiterhin mit Winterreifen ausgerüstet gewesen. Auch habe die Geschädigte - entsprechend der für Ihr beschädigtes Fahrzeug geltenden Vollkaskokonditionen - nur eine Selbstbeteiligung im Schadensfall in Höhe von maximal 350,-- € gewünscht.

    Der Kläger hat beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 783,24 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger darlegen und beweisen müsse, dass der Geschädigten ein günstigerer Tarif nicht zugänglich gewesen sei.

    Die Klageschrift ist der Beklagten am 05. Februar 2014 zugestellt worden.

    Das Amtsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der näheren Einzelheiten einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen wird, insgesamt abgewiesen.

    Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Juli 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 14. August 2014 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese begründet.

    Der Kläger ist der Ansicht, dass es sachgerecht sei, den Normaltarif auf Basis der Schwacke-Liste zu übermitteln. Insoweit verbleibe es bei den Ausführungen in der Klageschrift zu Ziff. 7. Die nachfolgenden Ausführungen würden als Hilfsbegründung für den Fall erfolgen, dass das Berufungsgericht seine Rechtsprechung zum arithmetischen Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer bestätigen solle. Auch auf Basis eines Normaltarifes als Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer sei die Klage überwiegend begründet. Zunächst gelte, dass Zuschläge auf den Normaltarif zu machen seien nach Maßgabe des hiesigen erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 28. April 2014. Für das Fahrzeug sei eine verminderte Selbstbeteiligung im Schadensfall vereinbart worden. Auf die vom Amtsgericht unklar gebliebenen Äußerungen der Zeugen im Termin könne es insoweit nicht ankommen. Denn die vereinbarte Haftungsreduzierung ergebe sich ganz unzweifelhaft aus dem Mietvertrag, aus dem eindeutig - mit nebenstehender Unterschrift der Geschädigten - vereinbart sei: „Haftungsbeschränkung gemäß AVB, Selbstbeteiligung 350,00 €“. Dies sei individuell im Vertrag angekreuzt worden. Auch die Zulässigkeit eines zweiten Fahrers sei im Mietvertragsformular vereinbart worden. Die Ausrüstung mit Winterreifen erfolge beim Kläger standardmäßig im Oktober. Rechtsfehlerhaft habe das Amtsgericht auch eine Erhöhung des Normaltarifs wegen unfallbedingter Mehrleistungen verneint. Im Einzelnen gelte hierzu folgendes: Die Vernehmung der Geschädigten habe unzweifelhaft ergeben, dass das Fahrzeug am 09. Dezember nach ihrem Unfall nicht mehr verkehrssicher sei. Ebenso unstreitig sei, dass die Zeugin am gleichen Tage einen Mietwagen in Anspruch genommen habe. Ebenso unstreitig sei, dass die Zeugin auf das Fahrzeug ebenfalls für Einkaufsfahrten angewiesen sei. In dieser Situation gehe es nicht an, dem Geschädigten - bzw. dem Zessionar - aufzuerlegen, ergänzend noch darzutun, dass gerade am Unfalltag spezifische Mobilitätserfordernisse bestanden hätten. Grundsätzlich gelte nämlich, dass es bei Kraftfahrzeugen deren pure Verfügbarkeit zum Zwecke beliebiger Nutzung einen eigenständigen Vermögenswert darstelle, weshalb für jeden Tag der entgangenen Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsausfallentschädigung zahlbar wäre. Alternativ sei es dem Geschädigten möglich, den entgangenen Gebrauchsvorteil unmittelbar durch Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu kompensieren. In dieser Situation obliege es der Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass die Zeugin auf die Fahrzeugnutzung im bestimmten Zeitraum nicht angewiesen sei. Diesen Nachweis könne die Beklagte mit der Zeugenaussage der Geschädigten jedenfalls nicht führen. Aus der Zeugenaussage ergebe sich auch, dass die Dauer der Anmietung bei Vertragsabschluss nicht festgestanden habe. Es sei nämlich nicht klar gewesen, wie lange das Fahrzeug tatsächlich genutzt werden müsse. Der Mietvertrag weise lediglich auf, dass keine unbefristete Anmietung vereinbart worden sei. Der Kläger vermiete üblicherweise so, dass er einen - geschätzten - Anmietzeitraum vereinbare und den Geschädigten die Möglichkeit vorbehalten sei, diesen Anmietzeitraum zu verkürzen oder auch zu verlängern. Die Geschädigte habe zwar erklärt, zur Begleichung der Kosten unmittelbar durch Inanspruchnahme eines Dispokredites in der Lage gewesen zu sein; schadensersatzrechtlich sei sie aber nicht verpflichtet, Disposchulden zur Verauslagung der Schadensposition einzugehen. Entscheidend sei, dass die Geschädigte nicht zur Begleichung der Kosten aus eigenem Kontoguthaben in der Lage sei.

    -
    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des AG Eutin vom 24. Juni 2014 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 783,24 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. Februar 2014 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Amtsgerichts.

    Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

    Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 622,01 € aus §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 398 BGB zu. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Demgemäß kann der Geschädigte grundsätzlich nur den sog. Normal-Tarif verlangen, der im Wege der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO unter Heranziehung der Mietpreisspiegel von Schwacke und Fraunhofer bestimmt werden kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. etwa BGH Urteile vom 14. Februar 2006, VI ZR 126/05, VersR 2006, 669, 670; vom 12. Juni 2007, VI ZR 161/06, VersR 2007, 1144; vom 26. Juni 2007, VI ZR 163/06, VersR 2007, 1286, 1287, jeweils m.w.N.). Der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders freie Tatrichter muss für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines „Unfallersatztarifs" die Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht in jedem Falle nachvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif" in Betracht kommt.

    Zutreffend hat das Amtsgericht entsprechend der Rechtsprechung der Kammer, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, den Normaltarif gem. § 287 Abs. 1 ZPO auf der Grundlage des arithmetischen Mittels, der sich aus der jeweils zeitlich anwendbaren Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle ergibt, geschätzt, was hier einem Betrag von 637,34 € entsprach. Weiter zutreffend hat das Amtsgericht hiervon einen Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10 %, mithin 63,73 €, vorgenommen, so dass ein Betrag von 573,61 € verblieb.

    Abweichend von der Ansicht des Amtsgerichts waren hier aber weitere Zuschläge vorzunehmen. Die Kosten für eine Haftungsbefreiung sind auch dann erstattungsfähig, wenn für das beschädigte Fahrzeug keine entsprechende Versicherung bestand oder mit der Mietwagennutzung kein Sonderrisiko verbunden ist (BGH NJW 2005, 104; LG Dortmund NZV 2008, 93). Die hier in dem Mietvertrag mit einem Selbstbehalt von bis zu 350,00 € vereinbarte Haftungsbefreiung war auch nicht bereits in den Normaltarifen der Schwacke-Liste bzw. der Fraunhofer-Tabelle mit eingepreist. In den Normalpreisen der Schwacke-Liste 2012 ist insoweit nur eine Haftungsbefreiung mit einem Selbstbehalt von 500,00 € bis 1.000,00 € enthalten, in der Fraunhofer-Liste 2013 nur eine solche mit einem Selbstbehalt von 750,00 € bis 950,00 €. Da es bei der Fraunhofer-Tabelle keine Nebenkostentabelle für die Mietpreise bei einem geringeren Selbstbehalt gibt, ist insoweit nun auf die Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste abzustellen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 01. August 2013, 15 U 9/12, zitiert nach juris). Bei der Gruppe 6 weist diese Tabelle im arithmetischen Mittel einen Preis von 19,73 € pro Tag aus, so dass ein Betrag von 217,03 € für 11 Tage hinzu zu addieren ist. Unerheblich für die Frage der schadensersatzrechtlichen Erstattungsfähigkeit ist der Umstand, dass die Kosten der Haftungsbefreiung nicht gesondert in der Rechnung ausgewiesen wurden. Entscheidend ist, dass diese ausweislich des Mietvertrages zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart wurden, da sie dann dem Geschädigten als Vermögensschaden entstanden und nachgewiesen sind.

    Ferner sind auch die Kosten für einen Zweitfahrer zu erstatten. Gesonderte Kosten für einen Zusatzfahrer hat der Schädiger grundsätzlich zu erstatten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die angegebenen Zusatzfahrer das Fahrzeug tatsächlich genutzt haben. Maßgeblich ist allein, ob die Fahrzeuge für die Nutzung auch durch Zusatzfahrer angemietet wurden. Denn bereits damit ist das mit der Nutzung des Fahrzeugs durch eine andere Person verbundene Risiko eines intensiveren Fahrzeuggebrauchs eröffnet, welches - da es von dem Abschluss einer Vollkasko-Versicherung keineswegs vollständig erfasst wird - mit den Kosten für den Zusatzfahrer abgedeckt werden soll. Ob der Geschädigte auf den Zusatzfahrer angewiesen war oder ob auch das beschädigte Fahrzeug von dem im Mietvertrag angegebenen Zusatzfahrer tatsächlich genutzt wurde, spielt keine Rolle. Denn es gehört grundsätzlich zu den Nutzungsmöglichkeiten eines Fahrzeuges, dieses auch anderen Personen überlassen zu können. Diese Möglichkeit wird durch die Angabe des Zweitfahrers zumindest eingeschränkt wieder hergestellt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 30. Juli 2013, 15 U 186/12, zitiert nach juris). Ausweislich des Mietvertrages wurde auch ein zweiter Fahrer vereinbart. Nach der Nebenkostentabelle Schwacke 2012 betragen die Zusatzkosten für einen Zweitfahrer im arithmetischen Mittel pro Tag 13,74 €, für 11 Tage insgesamt daher 151,14 €.

    Die Kosten für Winterreifen sind bis zur Höhe der Schwacke-Nebenkostentabelle erstattungsfähig (vgl. OLG Köln, Urt. v. 30. Juli 2013, 15 U 186/12, zitiert nach juris). Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Winterreifen ist, dass diese ihrerseits erforderlich gewesen sind, um den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Kraftfahrzeuges auszugleichen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn das verunfallte Fahrzeug mit Winterreifen ausgestattet war, sondern in allen Fällen, in denen während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden muss, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3 lit. a) StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Unerheblich ist, dass die Ausstattung des Fahrzeuges mit Winterreifen weder im Mietvertrag noch in der Rechnung erwähnt wird. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 27. März 2014 (Bl. 53 d. A.) unbestritten vorgetragen, dass seine Tarife - also der mietvertraglich vereinbarte Tarif - die kostenlosen Gestellung von Winterreifen enthielten. Mit kostenlos ist hier wohl gemeint, dass diese Kosten nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden, sondern vielmehr mit dem Tarif abgegolten sind. In diesem Fall müssen die Kosten für einen Winterreifen aber in gleicher Weise erstattungsfähig sein, wie in den Fällen, in denen diese Winterreifen zusätzlich vereinbart werden. Die Anmietung erfolgte auch im Winter, also in einer Zeit, in welcher Winterreifen notwendig sind. Nach der Nebenkostentabelle Schwacke 2012 sind für Winterreifen pro Tag 12,16 € anzusetzen, für 11 Tage ergibt sich mithin ein ersatzfähiger Betrag von 133,76 €.

    Auf die so ermittelten Mietwagenkosten war vorliegend ein pauschaler Aufschlag zur Bemessung des durchschnittlichen Wertes der Mehrleistungen bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen im Vergleich zur „normalen" Autovermietung vorzunehmen (§ 287 ZPO). Die Erhöhung des Normaltarifs war durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt. Für diese betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des erhöhten Unfallersatztarifes kommt es nicht auf die konkrete Situation und Kalkulation des Vermieters an. Vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den höheren Mietpreis rechtfertigen (BGH, Urt. 02. Februar 2010, VI ZR 7/09, zitiert nach juris Tz. 10). Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob dem Geschädigten die Mehrleistungen zu Gute gekommen sind (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rn. 33 unter Zitierung von BGH NJW 2008, 2910, 2010, 1445). Ob und in welchem Umfang die unfallspezifischen Faktoren kostenerhöhend sich auswirken, ist vom Tatrichter unter Anwendung von § 287 ZPO festzustellen. Der Vortrag des Klägers zu den bei ihm anfallenden höheren Kosten in der Situation einer „Unfallanmietung“ veranlasst die Kammer im Rahmen ihres Schadensschätzungsermessens, welches auch für die haftungsausfüllende Kausalität Anwendung findet, hier gegenüber dem Normaltarif gerechtfertigte Mehrkosten in Höhe eines Zuschlages von 20 % anzunehmen. Aufgrund der Besonderheiten der Unfallsituation ist in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich. Zu den durch die Unfallsituation bedingten besonderen Leistungen des Vermieters zählen solche, die bei der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu dem zur Beseitigung des Schadens erforderlichen Aufwand des Geschädigten gehören und nicht nur dem Geschädigten die eigene Mühewaltung oder die Durchsetzung der Ersatzforderung abnehmen, aber in Rechnung stellen. Als rechtfertigende Gründe sind etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter u. ä. zu nennen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005, VI ZR 9/05, in: NJW 2006, 360, 361; eingehend zu den einzelnen Risiko- und Kostenfaktoren bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen LG Bielefeld, Urteil vom 26. Juli 2006, 21 S 290/04: Fahrzeugvorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, erhöhte Kosten für die Zustellung und Abholung der Fahrzeuge, Beschädigungsrisiko bei Fahrzeugen ohne Kreditkartensicherheit, erhöhtes Unterschlagungsrisiko, Forderungsvorfinanzierung, Risiko des Forderungsausfalls nach geänderter Bewertung der Haftungsanteile des Kunden am Unfallgeschehen, erhöhter Verwaltungsaufwand, Erfordernis der Umsatzsteuervorfinanzierung). Ein solcher Aufschlag unabhängig davon, in welchem Umfang im konkreten Fall unfallbedingte Zusatzleistungen des Autovermieters in Anspruch genommen wurden, erscheint auch allein praktikabel und notwendig, um die Schadensabwicklung zu vereinheitlichen und zu erleichtern (vgl. Greger NZV 2006, 1, 5). Einer Beweisaufnahme hierüber bedurfte es nicht, da es gerade nicht auf die konkrete Situation ankommt. Ebenso wenig kommt es für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 BGB darauf an, ob dem Geschädigten im konkreten Fall die unfallspezifische kostenerhöhende Leistung des Vermieters zugute kam (Palandt/Grüneberg a.a.O.). Es bedurfte weder eines Vortrages des Klägers noch eines entsprechenden Beweises dazu, dass die Geschädigte zu einer Vorfinanzierung nicht im Stande war. Diese Frage betrifft nicht die Erforderlichkeit der Herstellungskosten im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, sondern die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 19. Januar 2010, VI ZR 112/09, Tz. 8 zitiert nach juris). Ebenso wenig kommt es im Streitfall darauf an, ob der Geschädigten in ihrer konkreten räumlich und zeitlichen Situation bei zumutbarer Anstrengung ein günstigerer Normaltarif nicht zugänglich gewesen wäre. Hierauf kommt es im Rahmen der von dem Geschädigten zu beweisenden Erforderlichkeit erst dann an, wenn aus betriebswirtschaftlichen Gründen keine unfallspezifischen kostenerhöhenden Faktoren vorlägen. In einem solchen Fall kann der Geschädigte gleichwohl die erhöhten Sätze des Unfallersatztarifs verlangen bzw. die Frage nach der Rechtfertigung des Unfallersatztarifs offen bleiben. Insoweit stehen „betriebswirtschaftliche Rechtsfertigung“ und „Zugänglichkeit“ im Verhältnis der Alternativität zueinander, was die Feststellung der Erforderlichkeit des Unfallersatztarifs angeht (Vuia, NJW 2008, 2369). In einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem der Unfallersatztarif zur Herstellung im Sinne von § 249 BGB gerechtfertigt ist, kann demgegenüber der Schädiger seine Ersatzpflicht nur dadurch reduzieren, dass er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif ohne weiteres zugänglich gewesen wäre (Palandt/Grüneberg a.a.O.). Dies ist indessen eine Frage der Schadensminderungspflicht im Sinne von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB und demgemäß von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 24. Juni 2008, VI ZR 2343/07; Urt. v. 19. Januar 2010, VI ZR 112/009, Tz. 11 zitiert nach juris). Die Beklagte hat eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Zeugin Richter indessen weder darzulegen noch zu beweisen vermocht. Bei der gebotenen subjektbezogenen Betrachtungsweise kommt es hierfür darauf an, ob dem Geschädigten in seiner konkreten Situation ohne weiteres ein günstigeres Angebot eines bestimmten Autovermieters zur Verfügung gestanden hätte (BGH, Urt. v. 02. Februar 2010, VI ZR 139/08, Tz. 18 zitiert nach juris). Insoweit oblag es der Beklagten, konkrete Umstände aufzuzeigen, aus denen sich dies ergibt, etwa weil die Geschädigte bei dem Kläger zu einem günstigeren Tarif hätte anmieten können. Auf diesen Vortrag bzw. diese Feststellungen kann nicht verzichtet werden, weil die Geschädigte ohne Kenntnisse des üblichen Preisniveaus auf Anfragen bei Drittunternehmen gänzlich verzichtet hat. Dies entbindet nicht davon, im konkreten Fall festzustellen, ob sich dies ausgewirkt hat (BGH a.a.O.). Vorliegend hat die Beklagte lediglich konkrete günstigere Angebote anderer Vermieter vorgelegt, deren Anmietstation nicht in Eutin ist und die im Übrigen zu einem ganz anderen Zeitpunkt und anderen Bedingungen eingeholt wurden.

    Zwar kann einschränkend verlangt werden, dass der Geschädigte den Mietvertrag in einer spezifischen Unfallsituation angemietet hat. Hierfür ist es aber ausreichend, wenn der Geschädigte - wie im vorliegenden Fall - das Ersatzfahrzeug am Unfalltag angemietet hat. Mit einer solchen ad-hoc-Anmietung nimmt der Geschädigte im Übrigen auch eine den Unfallersatztarif rechtfertigende spezifische Zusatzleistung dieses Tarifs in Anspruch.

    Der Zinsantrag ist gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

    Soweit die Beklagte mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 28. Januar 2015 den Klageantrag anerkannt hat, war dies nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Insoweit geht § 296a ZPO der Vorschrift in § 307 Satz 2 ZPO vor (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 307 Rn. 10).

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

    Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.

    Dr. Krönert Hartlmaier Wink

    Ausgefertigt
    Lübeck, 07.05.2015

    Rechtsbehelfsbelehrung:
    Gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist der Rechtsbehelf der Erinnerung für jeden zulässig, der durch die Erteilung der Vollstreckungsklausel in seinen Rechten benachteiligt ist.
    Die Erinnerung ist nicht an eine Frist gebunden. Sie ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Landgericht Lübeck, Am Burgfeld 7, 23568 Lübeck einzulegen. Die Erinnerungsschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Erinnerung kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Erklärung erst dann wirksam wird, wenn die Erklärung bei dem Landgericht Lübeck eingeht.
    Die Erinnerungsschrift muss die Bezeichnung der Entscheidung, gegen den die Erinnerung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Erinnerung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.