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  • 15.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140094

    Oberlandesgericht Naumburg: Urteil vom 01.02.2013 – 10 U 29/12

    Tritt der Käufer/Darlehensnehmer beim verbundenen Geschäft vom Kaufvertrag zurück, leistet aber an den Darlehensgeber weiter, so hat er im Wege des Rückforderungsdurchgriffs nach § 813 BGB einen Anspruch gegen den Darlehensgeber hinsichtlich der nach dem Rücktritt noch an diesen geleisteten Zins- und Kostenanteile. Dass er sich dann neben dem Verkäufer noch mit einem zweiten Anspruchsgegner auseinandersetzen muss, ist in einer solchen Konstellation unvermeidlich.


    Oberlandesgericht Naumburg

    Urt. v. 01.02.2013

    Az.: 10 U 29/12

    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2013 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Landgericht Weichert und den Richter am Oberlandesgericht Nolte

    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 01. Juni 2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 1 des Landgerichts Stendal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.211,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03. Januar 2012 zu zahlen.

    Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 77 % und die Beklagte 23 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 76 % und die Beklagte 24 %.

    Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision der Beklagten gegen dieses Urteil wird zugelassen.

    Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt 5.042 €.
    Gründe
    1

    I. Die Parteien sind über einen Darlehensvertrag vom 06.11.2008 verbunden. Das Darlehen diente dem als Verbraucher handelnden Kläger zur Finanzierung des Restkaufpreises eines PKW, welchen er mit Kaufvertrag selbigen Datums von der Fa. Autohaus K. GmbH erworben hatte, wobei das Darlehen über die Verkäuferin des PKW vermittelt worden war.
    2

    Nachdem der Kläger am 04.01.2009 wegen eines Sachmangels an dem PKW den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt hatte, hat er in einem vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Stendal (Geschäftsnummer 21 O 150/09) sowie im Berufungsverfahren vor dem Senat (Geschäftsnummer 10 U 20/10) die Verkäuferin des PKW auf Rückzahlung der an dieser geleisteten Anzahlung sowie der Darlehensraten in Anspruch genommen. Die dortige Beklagte ist durch Urteil des Senats vom 14. Februar 2011 zur Zahlung von 4.174,70 € nebst Zinsen an den Kläger und zur Rückzahlung von 9.273,36 € (ohne Zinsen) an die hiesige Beklagte verurteilt worden. Wegen der Einzelheiten, insbesondere zur rechnerischen Zusammensetzung des dort zugesprochenen Betrags, wird auf die als Anlage K 2 (Bl. 7 - 33 d.A.) bei den Akten befindliche Abschrift des Senatsurteils vom 14. Februar 2011 Bezug genommen.
    3

    Der Kläger verfolgt im hiesigen Rechtsstreit einen Anspruch auf Erstattung der ungeachtet seiner Rücktrittserklärung an die Beklagte auch nach dem Rücktrittszeitpunkt im Januar 2009 bis Dezember 2010 gezahlten Kreditraten einschließlich Zinsen und Kosten, welchen er auf 5.042,15 € beziffert.
    4

    Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
    5

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger könne die Rückzahlung der Nettokreditraten weder aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB noch aus einer sonstigen Anspruchsgrundlage verlangen. In Höhe von 3.716,64 € könne er die Darlehensraten schon deshalb nicht zurückverlangen, weil er sie bereits von dem Autohaus erhalten habe. Die Leistungen des Klägers an die Beklagte seien auch nach dem Rücktritt vom Kaufvertrag nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, denn dieser verwandele den Kaufvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis und begründe gegenüber dem Darlehensgeber zwar im Hinblick auf § 359 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht, nicht aber einen Rückforderungsanspruch.
    6

    Der Kläger habe aber auch keinen Anspruch auf Rückerstattung der in den Kreditraten enthaltenen Zins- und Kostenanteile, denn bei einem sog. "verbundenen Geschäft" habe der Darlehensnehmer keinen Rückgewähranspruch hinsichtlich der in den Kreditraten enthaltenen Zins- und Kostenanteile; insoweit verweist das Landgericht auf die Auffassung des Senats im Vorprozess. Es bestehe aber auch kein Anspruch aus § 813 BGB, denn das Leistungsverweigerungsrecht des Klägers beruhe nicht auf einer Nichtigkeit des Kaufvertrags, so dass es schon an einer dauernden Einrede i.S.v. § 813 BGB fehle. Zudem sei in dem Urteil im Vorprozess für die Zeit vom 13.11.2008 bis 31.12.2011 bereits ein Zinsanspruch zugesprochen worden.
    7

    Mit der Berufung verfolgt der Kläger den in erster Instanz geltend gemachten Zahlungsanspruch im zuletzt verfolgten Umfang weiter. Er hält das Urteil in materiell-rechtlicher Hinsicht für rechtsfehlerhaft, rügt aber auch Verfahrensfehler. Er hält daran fest, dass für die Zeit nach dem Rücktritt § 813 BGB einen Anspruch auf Rückerstattung der Nettokreditraten begründe. Der XI. Zivilsenat des BGH sei zwar für die Zeit bis zum Rücktritt einer dahingehenden Rechtsprechung des II. Zivilsenats entgegen getreten. Für die Zeit nach dem Rücktritt bestehe aber auch nach dortiger Judikatur (Urt. v. 10.01.2009, XI ZR 252/08, zitiert nach juris) ein Rückzahlungsanspruch gegen die Bank.
    8

    Es bestehe aber auch ein Anspruch auf Rückerstattung von Zinsen und Kosten. Die vom Landgericht zitierte Entscheidung des hiesigen 2. Zivilsenats (Urt. v. 22.11.2001, 2 U 79/01, zitiert nach juris) gehe zwar dahin, dass der Käufer vom Verkäufer nur die Nettodarlehensraten verlangen könne, besage aber nichts darüber, ob die Bank die an sie gezahlten Zins- und Kostenanteile behalten dürfe. Ein solcher Anspruch sei ebenfalls aus § 813 BGB begründet. Nach der Rechtsprechung des XI. ZS des BGH (XI ZR 356/09) könne der Verbraucher sich bei einem Rücktrittsrecht folgenlos, mithin auch unbelastet von Zinsen und Kosten aus dem verbundenen Geschäft lösen. Wenn der Käufer die Zinsen und Kosten nicht vom Verkäufer erlangen könne, aber andererseits das Recht habe, sich hiervon unbelastet von dem Geschäft lösen zu können, müsse die Bank diese an ihn zurückzahlen. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass er Zinsen bereits zugesprochen erhalten habe, habe es unter Verstoß gegen den Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs sein diesbezügliches Vorbringen übergangen, wonach es sich dabei lediglich um die Verzugszinsen seit dem 22.07.2009 gehandelt habe, nicht aber um Zinsen auf die in 2009 und 2010 gezahlten Raten. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei ein Anspruch auf Rückzahlung der Zinsen aus § 818 BGB begründet; herauszugeben sei nicht etwa eine bei ihm nach Saldierung verbliebene Vermögensminderung, sondern die beim Bereicherungsschuldner entstandene Vermögensmehrung. Insoweit bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte als Bank Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen habe. Soweit das Landgericht die im Urteil des Vorprozesses zugesprochenen 3.716,64 € auf die hiesige Forderung für anrechnungsfähig gehalten habe, leide das Urteil an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da sich ihm nicht entnehmen lasse, woraus die Anrechnungspflicht begründet sein soll. Zudem habe das Landgericht entgegen § 156 ZPO die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet, nachdem ihm bei Abfassung des Urteils bewusst geworden sei, dass Verfahrensfehler aufgetreten seien.
    9

    Auf Hinweis des Senats hat der Kläger nunmehr die Kontoauszüge hinsichtlich der tatsächlichen Zahlungen an die Beklagte wie auch hinsichtlich des Kreditkontos bei der Beklagten vorgelegt. Beide entsprechen sich dahin, dass der Kläger vor dem Rücktritt am 01.01.2009 noch 232,15 € an die Beklagte gezahlt hat und nach dem Rücktritt ab dem 01.02.2009 bis zum 01.12.2010 insgesamt 4.810,00 € bezahlt hat. Einer letzten Zahlung vom 01.01.2011 über 207,00 € steht eine Rücklastschrift über 210,00 € gegenüber.
    10

    Der Kläger beantragt
    11

    Das am 06.06.2012 zugestellte Urteil des Landgerichts Stendal mit dem Az. 21 O 289/11 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.042,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit Zustellung der Klage zu zahlen.
    12

    sowie hilfsweise,
    13

    das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die I. Instanz zurückzuverweisen.
    14

    Die Beklagte beantragt,
    15

    die Berufung zurückzuweisen.
    16

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, es wäre auch deshalb unbillig, dem Kläger den Zins- und Kostenanteil an den Raten zurückzuerstatten, weil dieser im Vorprozess gegen die Verkäuferin auch einen Anspruch auf Herausgabe der von ihr auf das Darlehenskapital gezogenen Nutzungen erstritten habe.
    17

    II. Die zulässige Berufung führt zu einer teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils.
    18

    1. Das angefochtene Urteil leidet allerdings nicht unter einem Verfahrensfehler. Entgegen der Annahme des Klägers hat das Landgericht nicht dadurch seinen Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt, dass es ihm einen Anspruch aus § 813 BGB hinsichtlich der nach dem Rücktritt gezahlten Darlehensraten nicht zuerkannt hat. Es liegt im Wesen des kontradiktorisch geführten Zivilprozesses, dass oftmals eine der Parteien mit einer von ihr vertretenen Rechtsauffassung oder einem tatsächlichen Vorbringen im Ergebnis nicht durchdringen kann. Deren Anspruch auf die Wahrung rechtlichen Gehörs wäre indessen nur übergangen, wenn das Landgericht ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder ggf. erforderliche Hinweise zu dessen Vertiefung oder Ergänzung nicht erteilt hätte. Das Landgericht hat sich hier jedoch mit dem Vorbringen in dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt, dieses jedoch im Ergebnis nicht für durchgreifend erachtet.
    19

    Soweit der Kläger beanstandet, das Landgericht habe seinen Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs auch dadurch verkürzt, dass es den Entscheidungsgründen die Feststellung zugrunde gelegt habe, ihm seien bereits im Berufungsurteil in dem Vorprozess auch ein Zinsanspruch gegenüber der Verkäuferin zugesprochen, obwohl er darauf hingewiesen hatte, dass Verzugszinsen erst seit dem 22.07.2009 zuerkannt worden seien, vermengt er zwei nicht voneinander zu trennende Sachverhalte: Soweit das Landgericht im vorletzten Absatz auf Seite 7 der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, ihm sei bereits im Urteil des Vorprozesses ein Zinsanspruch auf den Nettokaufpreis zuerkannt worden, bezieht sich diese Feststellung gerade nicht auf die im Tenor des Senatsurteils vom 14. Februar 2011 auf die Hauptforderung zuerkannten Zinsen, bei welchen es sich im Übrigen nicht um einen Verzugszinsanspruch, sondern um einen solchen aus § 291 BGB handelt. Vielmehr hat der Senat dem Kläger im Urteil des Vorprozesses als Teil der zuerkannten Hauptforderung einen Anspruch auf Auskehr der von der Verkäuferin gezogenen Nutzungen (Zinsen) auf den von ihr vereinnahmten Nettokaufpreis zuerkannt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter B. II. 1. b) dd) Bezug genommen.
    20

    2. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, soweit der Kläger von der Beklagten die Erstattung der an sie nach der Rücktrittserklärung vom 04.01.2009 noch geleisteten Netto-Kreditraten verlangt. Ein Anspruch besteht insoweit weder aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB noch aus § 813 BGB, denn die Beklagte ist insoweit jedenfalls nicht bereichert. Vielmehr hat sie in dieser Höhe eine Vermögensminderung erfahren, wie sich daraus ergibt, dass sie zunächst den Nettodarlehensbetrag von 12.990 € weisungsgemäß an die Verkäuferin ausgezahlt hat, von dort aber nach dem Urteil des Vorprozesses nur 9.273,36 € zurückerhält, mithin im Ergebnis 3.716,64 € verloren hat. Hierbei handelt es sich genau um jenen Betrag, hinsichtlich dessen dem Kläger bereits im Vorprozess ein Erstattungsanspruch gegenüber der Verkäuferin zuerkannt worden ist. Denn nach der Übersicht Bl. 23 des Urteils im Vorprozess enthält der im Tenor zugesprochene Betrag von 4.174,70 € als Rechnungsposten einen Betrag von 3.716,64 €; insoweit sollte dem Kläger ausweislich Ziffer II. 1. b) der dortigen Entscheidungsgründe ein Anspruch auf Erstattung der an die hiesige Beklagte geleisteten Nettodarlehensraten zuerkannt werden. Nach den weiteren Ausführungen unter Ziffer II. 1 b) bb) (3) lagen dem gerade die ab Januar 2009 und bis Dezember 2010 von dem Kläger an die hiesige Beklagte gezahlten Netto-Darlehensraten zugrunde.
    21

    2. Die Berufung führt hingegen zur Abänderung des angefochtenen Urteils, soweit der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der nach der Rücktrittserklärung an die Beklagte noch geleisteten Zins- und Kostenanteile an den Darlehensraten verfolgt.
    22

    a) Dem steht das Berufungsurteil des Senats vom 14. Februar 2011 in dem Vorprozess zwischen dem Kläger und der Verkäuferin des PKW nicht entgegen. Soweit der Senat dort zu den Ansprüchen des Klägers gegenüber der Verkäuferin ausgeführt hatte, dass der Erstattungsanspruch auf die Nettokreditraten begrenzt sei, wirkt die Rechtskraft nur im dortigen Rechtsverhältnis.
    23

    An der dort vertretenen Auffassung hält der Senat nicht weiter fest, soweit ein Anspruch gegenüber der finanzierenden Bank auf Erstattung des Zins- und Kostenanteils an den nach der Rücktrittserklärung noch dorthin gezahlten Darlehensraten aus § 813 BGB in Rede steht.
    24

    b) Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit nur § 813 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. Eine Kondiktion aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB würde daran scheitern, dass der Rücktritt vom Kaufvertrag den Darlehensvertrag als Rechtsgrund für die Zahlungen an die Darlehensgeberin nicht entfallen lässt.
    25

    Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts vor, denn dem Kläger stand gegen den Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Darlehensraten für den hier in Rede stehenden Zeitpunkt nach der Rücktrittserklärung eine dauerhafte rechtshemmende Einwendung zur Seite. Insoweit hat der wirksame Rücktritt vom Kaufvertrag das Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und der Verkäuferin des PKW in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Die Leistungspflichten des Klägers sind damit auf Dauer entfallen, was er gem. § 359 S. 1 BGB auch der hiesigen Beklagten, der Darlehensgeberin, entgegenhalten kann. Gleichzeitig handelt es sich jedoch nicht um eine rechtsvernichtende Einwendung, auf die § 813 Abs. 1 S. 1 BGB nicht anwendbar wäre (MüKo-Schwab, Rn. 5 zu § 813 BGB), denn der Rücktritt vom Kaufvertrag lässt den Bestand des Darlehensvertrages unberührt.
    26

    c) Es bestehen auch keine durchgreifenden systematischen Bedenken dagegen, in der vorliegenden Konstellation in Anwendung von § 813 BGB den sog. "Rückforderungsdurchgriff" gegenüber der Darlehensgeberin zuzulassen.
    27

    Richtig ist zwar, dass die Regelung in § 359 BGB, ebenso wie die Vorgängernorm in § 9 Abs. 3 VerbrKrG dem Verbraucher bei einem verbundenen Geschäft die aus der Aufspaltung der Rechtsverhältnisse sonst resultierende Auseinandersetzung mit zwei Anspruchsgegnern ersparen soll, indem bei einem Sachmangel die Rückabwicklung innerhalb des finanzierten Geschäfts erfolgt und der Käufer bzw. Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gegenüber die weitere Bedienung des Darlehens verweigern kann. Insoweit entspricht es allerdings überwiegender, wenn auch nicht unbestrittener Auffassung, dass der Verkäufer nur die Nettodarlehensraten wieder auszukehren hat (vgl. das Senatsurteil im Vorprozess des Klägers mit der Verkäuferin vom 14. Februar 2011 m.w.N.). Demgegenüber muss sich der Käufer bzw. Darlehensnehmer entgegen dieser Intention doch mit zwei Anspruchsgegnern auseinandersetzen, wenn man für den Fall, dass er von der Einwendung aus § 359 BGB keinen Gebrauch gemacht hat, sondern das Darlehen auch nach erklärtem Rücktritt weiter bedient hat, den sog. "Rückforderungsdurchgriff" aus § 813 BGB neben der Regelung in § 359 BGB für anwendbar hält.
    28

    Vor diesem Hintergrund wird die Frage, ob der sog. "Rückforderungsdurchgriff" gem. § 813 BGB bei einem verbundenen Geschäft neben der Regelung in § 359 BGB anwendbar ist, in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.
    29

    aa) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei einem verbundenen Geschäft neben dem Einwendungsdurchgriff auch ein auf § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gestützter sog. "Rückforderungsdurchgriff" gegen den Darlehensgeber eröffnet ist, ist in der Rechtsprechung des BGH in jüngerer Zeit wiederholt in Fällen diskutiert worden, in denen die Rückabwicklung von kreditfinanzierten Beitritten zu Immobilienfonds in Rede stand.
    30

    (1) Der XI. Zivilsenat des BGH hat in einer solchen Konstellation zunächst für den Fall einer von Anfang an bestehenden Nichtigkeit des finanzierten Kaufvertrages (dort: Nichtigkeit der Vollmacht der die Bank vertretenden Treuhänderin) einen auf § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gestützten Rückforderungsdurchgriff gegenüber der Bank grundsätzlich zugelassen (Urt. v. 04.12.2007, XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 ff., hier zitiert nach juris), wenngleich im dort entschiedenen Fall die Voraussetzungen verneint worden sind. Schon für die Vorgängerregelung in § 9 Abs. 3 VerbrKG sei anerkannt gewesen, dass der Gesetzgeber die Frage, ob bei einem verbundenen Geschäft eine Rückforderung (auch) gegenüber dem Darlehensgeber möglich sei, bewusst Rechtsprechung und Lehre überlassen habe. Einer teilweise für erforderlich gehaltenen Analogie zu § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKG bedürfe es nicht, da § 813 B Abs. 1 S.1 BGB für solche Fallgestaltungen eine unmittelbar anwendbare Anspruchsgrundlage biete. Wenn der Kaufvertrag von Anfang an nichtig sei, begründe die nach § 9 Abs. 3 S. 1 VerbrKG (jetzt: § 359 BGB) eröffnete Möglichkeit, diese Einwendung im Verhältnis zum Darlehensgeber geltend zu machen, eine von Anfang an bestehende, dauernde Einrede. Dem stehe entgegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Meinung nicht entgegen, das der Darlehensvertrag als Rechtsgrund im Sinn von § 812 BGB anzusehen sei, denn wie sich aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB ergebe, könne eine Forderung, der eine dauernde Einrede entgegenstehe, grundsätzlich kein Rechtsgrund sein.
    31

    (2) In der weiteren Folge hat der XI. Zivilsenat diese Rechtsprechung noch dahin präzisiert (Urt. v. 10.11.2009, XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 ff., hier zitiert nach juris), dass Voraussetzung für einen solchen Rückforderungsdurchgriff gem. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB sei, dass der Leistende zum Zeitpunkt der Leistung berechtigt gewesen sei, die Leistung dauerhaft zu verweigern. Das hat der XI. Zivilsenat des BGH zwar für den dort zu entscheidenden Fall verneint, da selbst bei der im dortigen Fall festgestellten arglistigen Täuschung durch den Vermittler nur ein in die Zukunft wirkendes Kündigungsrecht bestanden habe und dieses zum Zeitpunkt der Leistungserbringung (der Zahlung an die Bank) noch nicht ausgeübt gewesen sei. Für die hier zu entscheidende Fallkonstellation liegt diese Voraussetzung indessen vor, da nur die nach dem Rücktrittszeitpunkt noch geleisteten Zahlungen rückabgewickelt werden sollen und zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem Anspruch der Bank auf Zahlung der Darlehensraten insgesamt (und nicht etwa beschränkt auf die Nettokreditraten) die Einwendung aus § 359 BGB bestand.
    32

    (3) Soweit der Kläger auch das weitere, erst ganz kurz vor dem Senatsurteil im Vorprozess ergangenen Urteil des XI. Zivilsenats des BGH vom 18.01.2011 (XI ZR 356/09, hier zitiert nach juris, veröffentlicht in: NJW 2011, 1063 ff. [BGH 18.01.2011 - XI ZR 356/09]) für seine Auffassung heranziehen möchte, betrifft dieses allerdings eine anders gelagerte Fallkonstellation; denn dort war nicht über die Rückabwicklung des drittfinanzierten Beitritts zu einem Immobilienfonds zu entscheiden, sondern im dortigen Fall war ein Teil eines in der Gesamtsumme höheren Darlehens zum Abschluss einer Restschuldversicherung genutzt und direkt an den Versicherer ausgezahlt worden war. Diese Entscheidung betrifft mithin nicht eine Rückabwicklung nach einem Rücktritt vom verbundenen Geschäft, sondern einen Widerruf beider Geschäfte, und ist deshalb auf §§ 357 Abs. 1, 346 BGB gestützt und nicht auf § 813 Abs. 1 S. 1 BGB. Ungeachtet dieser schon anderen Ausgangskonstellation lässt sich diesem Urteil, anders als der Kläger meint, insbesondere nichts dafür entnehmen, ob die Rückforderung (bzw. dort: Verrechnung gegen das Darlehen) mit den Netto- oder Bruttozahlungen vorzunehmen ist. Der vom Kläger zitierte Satz, die Vorschrift (dort: § 358 BGB) solle dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnen, sich von dem verbundenen Geschäft folgenlos, d.h. auch unbelastet von Zinsen und Kosten aus dem zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen, zu lösen, betrifft gerade nicht den auf die Finanzierung des Versicherungsvertrages, des verbundenen Geschäfts, entfallenden Teil des Darlehens, sondern die Restdarlehenssumme, hinsichtlich derer der dortige Kläger nach §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 und 2 BGB Zinsen zu zahlen hat.
    33

    bb) Bislang findet sich in der nach der vorzitierten Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH vom 04.12.2007 veröffentlichten obergerichtlichen Rechtsprechung, soweit ersichtlich, aber noch keine Entscheidung, welche einen Rückforderungsdurchgriff auf der Grundlage von § 813 Abs. 1 S. 1 BGB auch für den Fall des Rücktritts vom verbundenen Geschäft (Kaufvertrag) nach Sachmängeln der Kaufsache betrifft.
    34

    Das insoweit vielfach als Beleg gegen die Anwendbarkeit von § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zitierte Urteil des OLG Stuttgart vom 08.01.2011 (6 U 57/00, ZIP 2001, 692 ff., [OLG Stuttgart 08.01.2001 - 6 U 57/00] hier zitiert nach juris) schließt den Rückforderungsdurchgriff für die hier zu entscheidende Sachverhaltskonstellation gerade nicht aus. Denn dort wird ein Rückforderungsdurchgriff zunächst zwar mit der Erwägung abgelehnt, dieser führe zu einer Verlagerung des Insolvenzrisikos des Verkäufers auf die Bank und damit zu einem Vorteil aus der Aufspaltung der Rechtsbeziehungen, während das Verbraucherkreditgesetz lediglich die Nachteile aus der Aufspaltung der Vertragsbeziehungen habe vermeiden wollen. Allerdings meint auch das OLG Stuttgart in jener Entscheidung, dass "lediglich" für den Fall einer von Anfang an vorliegenden Nichtigkeit des finanzierten Geschäfts (doch) ein Rückforderungsdurchgriff in Betracht zu ziehen sei und bei einer Kündigung oder einem Rücktritt lediglich ein ex nunc wirkendes Leistungsverweigerungsrecht vorliege. Bereits vor der Kündigung liegende Leistungen könnten nicht zurück gefordert werden. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass auch nach dortiger Auffassung für nach der Kündigung bzw. einem Rücktritt erfolgte Leistungen die Rückforderung möglich wäre.
    35

    Die bereits im Urteil im Vorprozess zitierte Entscheidung des OLG Hamm (Urt. vom 08.09.2005, 28 U 60/05, NZV 2006, 421, zitiert nach juris), wonach die Rückabwicklung nur die Nettoraten umfassen soll, betrifft zum einen einen gegenüber dem Verkäufer, nicht aber gegenüber der Bank geltend gemachten Anspruch und ist zum anderen vor den oben zitierten Entscheidungen des XI. Zivilsenats des BGH ergangen. Das spätere Urteil des OLG Hamm vom 05.08.2010 (28 U 22/10, ZGS 2011, 54, hier zitiert nach juris), welches jene Rechtsprechung nochmals bestätigt, betrifft ebenfalls lediglich die Abwicklung zwischen Verkäufer und Käufer und ist damit für einen Anspruch aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber der finanzierenden Bank nicht einschlägig. Das Senatsurteil vom 10.02.2007 (10 U 42/06, zitiert nach juris) betrifft zum einen ebenfalls einen Anspruch gegenüber der Verkäuferin und stützt sich in der Begründung (dann konsequent) vor allem darauf, dass diese gem. § 346 BGB nur das herauszugeben habe, was sie selbst empfangen habe, mithin nur den Nettodarlehensbetrag.
    36

    cc) In der Literatur wird der Rückforderungsdurchgriff auch nach einem Rücktritt teilweise in analoger Anwendung von § 358 Abs. 4 BGB für möglich gehalten (Ermann-Wester-mann, Rn. 11 zu § 359 BGB). Dieses Umweges bedarf es jedoch jedenfalls für die hiesige Konstellation nicht, wenn Zahlungen nach der Rücktrittserklärung erfolgt sind und demzufolge die Einrede aus § 359 BGB als dauernde Einrede im Sinn des § 813 Abs. 1 S. 1 BGB angesehen werden kann.
    37

    Umgekehrt wird ein Rückforderungsdurchgriff teilweise gerade mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem Urteil des XI. Zivilsenat des BGH vom 04.12.2007 für eine analoge Anwendung von § 358 Abs. 4 BGB kein Raum sei (so Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 1887). Das übersieht jedoch, dass der BGH die Analogie zu § 358 Abs. 4 BGB bzw. dort § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG lediglich deshalb für entbehrlich gehalten hat, weil § 813 Abs. 1 S. 1 BGB eine unmittelbar anwendbare Rechtsgrundlage bietet, es mithin an einer Regelungslücke fehlt.
    38

    Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, dass ein auf § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gestützter Rückforderungsdurchgriff bei einem Mangel des Kaufgegenstands daran scheitere, dass § 813 Abs. 1 S. 1 BGB eine dauerhafte und schon im Zeitpunkt der Leistung bestehende Einrede erfordere, der Rücktritt aber erst ex nunc wirke und erst von diesem Zeitpunkt an ein Leistungsverweigerungsrecht begründe (vgl. MüKo-Habersack, Rn. 75 zu § 359 und MüKo-Schwab, Rn. 13 zu § 813 BGB, Palandt-Güneberg, Rn. 8 zu § 359 BGB), wird dabei unterstellt, dass der Käufer/Darlehensnehmer für den Zeitpunkt nach dem Rücktritt vernünftigerweise von dem Leistungsverweigerungsrecht aus § 359 BGB Gebrauch machen wird. Tut er dies indessen, wie hier, aus irgendeinem Grunde nicht und zahlt trotzdem an den Darlehensgeber weiter, steht gerade dann diese Argumentation dem Anspruch aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB aus den oben schon einleitend genannten Gründen nicht entgegen.
    39

    Zusammenfassend hegt der Senat daher im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH keine durchgreifenden systematischen Bedenken, für die vorliegende Konstellation einen Rückforderungsdurchgriff des Klägers aus § 813 BGB hinsichtlich der nach dem Rücktritt noch an die Beklagte geleisteten Zins- und Kostenanteile zuzulassen. Dass er sich dann mit einem zweiten Anspruchsgegner auseinanderzusetzen hat, ist in einer solchen Konstellation dann in der weiteren Konsequenz allerdings unvermeidlich.
    40

    d) Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass der Senat dem Kläger in dem Urteil im Vorprozess gegen die Verkäuferin bereits einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen (Zinsen) auf den Nettokaufpreis in Höhe von 1.557,25 € zuerkannt hat. Denn hierbei handelt es sich um einen im Rahmen des dortigen Rückabwicklungsverhältnisses gem. §§ 346 Abs. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 100 BGB zu berücksichtigenden Ausgleich für die Nutzung des Nettokaufpreises, nicht aber um den Zinsanteil an den Darlehensraten, welcher der Kläger an die Beklagte gezahlt hat. Hätte der Kläger sofort nach dem Rücktritt der Beklagten gegenüber die Einrede aus § 359 BGB erhoben und die Zahlungen eingestellt, wäre der Beklagten jener Zinsanteil an den Zahlungen des Klägers ebenfalls nicht zugeflossen und trotzdem wäre das ausgezahlte und dann von der Verkäuferin an die Beklagte zurückzuzahlende Netto-Darlehenskapital für die Zeit der Nutzung durch die Verkäuferin von jener gegenüber dem Kläger zu verzinsen gewesen, während die Beklagte für die Bereitstellung des Darlehenskapitals keine Zinsen erhalten hätte. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB stellt jedoch nur die Lage wieder her, die bestehen würde, wenn angesichts der dauernden Einrede erst gar nicht geleitet worden wäre. Die Rückerstattung der Zinsen für das Darlehen führt aber nicht dazu, dass der Kläger insoweit einen ihm nicht zustehenden, doppelten Zinsanspruch erhalten würde.
    41

    e) Der Höhe nach umfasst der Anspruch des Klägers die nach der Rücktrittserklärung noch an die Beklagte geleisteten Zins- und Kostenanteile. Nach der Rücktrittserklärung vom 04.01.2009 hat der Kläger ausweislich der in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten und ihrer inhaltlichen Richtigkeit nicht im Streit stehenden Kontoauszüge, Anlage BK 1 (Bl. 156 f.) und BK 2 (Bl. 158 - 165 d.A.), unter Berücksichtigung einer Rücklastschrift insgesamt noch 4.810,00 € an die Beklagte gezahlt. Zieht man hiervon den auf diese Zahlungen entfallenden Anteil der Nettokreditraten mit 74,81 % (vgl. zur Höhe die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 14. Februar 2011 zu B II. 1. lit. b) (3)) und damit in Höhe von 3.598,36 € ab, verbleibt ein zurück zu erstattender Zins- und Kostenanteil in Höhe von 1.211,64 €.
    42

    f) Der Kläger hat zudem Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen, § 291 BGB.
    43

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO.
    44

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergeht gem. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
    45

    Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO lässt der Senat die Revision der Beklagten gegen dieses Urteil zu, da der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es ist über den vorliegenden Einzelfall hinaus zu erwarten, dass sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen bei der Rückabwicklung von drittfinanzierten Kaufverträgen wegen eines Sachmangels die Frage stellt, ob hinsichtlich solcher Zahlungen des Schuldners auf die Nettokreditraten, die ungeachtet eines bestehenden Leistungsverweigerungsrechts noch nach der Rücktrittserklärung erfolgt sind, eine Rückforderung gegenüber der finanzierenden Bank im Wege des Rückforderungsdurchgriffs gem. § 813 BGB eröffnet ist.
    46

    Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO i.V.m. §§ 47, 48 GKG.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 359 BGB, § 813 BGB