02.10.2025 · IWW-Abrufnummer 250480
Amtsgericht Bad Hersfeld: Beschluss vom 24.06.2025 – 71 OWi 360 Js 17036/24 (871/24)
Hat der Betroffene nach seiner ersten Anhörung eine Einlassung bis nach Abgabe des Verfahrens in das gerichtlichen Verfahren zurückgehalten, hat er den weiteren Verfahrensgang nach seiner ersten Anhörung sowie die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen mindestens mitveranlasst, so dass der Anwendungsbereich des §109a Abs. 2 OWiG eröffnet ist und eine Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse nicht in Betracht kommt.
Amtsgericht Bad Hersfeld
71 OWi 360 Js 17036/24 (871/24)
Beschluss
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Bad Hersfeld durch den Richter am 24.06.2025 beschlossen:
Die Gehörsrüge des Betroffenen vom 20.05.2025 gegen den Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 23.06.2024 um 14:38 Uhr auf der BAB A 5 in Breitenbach auf Höhe km 377,300 das LKW-Gespann mit dem amtlichen Kennzeichen pp-geführt zu haben, obwohl dessen Verkehrssicherheit durch eine Funktionslosigkeit der ABS-Sensoren sowie eine Mangelhaftigkeit der Bremsscheiben und Bremstrommeln der zweiten Achse links wie rechts beeinträchtigt gewesen sei.
Der Betroffene wurde hierzu durch den Kontrolleur pp. vor Ort angehört, äußerte sich jedoch zu dem Tatvorwurf nicht.
Unter dem 21.08.2024 wurde gegen den Betroffenen insoweit ein Bußgeldbescheid erlassen, mit dem eine Geldbuße in Höhe von 80,00€ festgesetzt wurde. Der Bußgeldbescheid wurde dem Betroffenen am 23.08.2024 zugestellt. Unter dem 29.08.2024 bestellte sich der Verteidiger des Betroffenen und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, woraufhin das Verfahren an das hiesige Gericht abgegeben wurde, wo es am 18.10.2024 einging.
Erstmals mit Schriftsatz vom 20.11.2024 äußerte sich der Verteidiger namens des Betroffenen zur Sache und machte diverse entlastende Umstände geltend, hinsichtlich derer Einzelheiten auf BI. 38 ff. d. A. Bezug genommen wird. Es erfolgten hernach weitere schriftliche Einlassungen der Verteidigung, hinsichtlich derer Einzelheiten auf BI. 43, 52, 55 ff., 75 ff. d. A. Bezug genommen wird.
Das Gericht hörte sodann die Staatsanwaltschaft Fulda zu seiner Absicht, das Verfahren nach §47 Abs. 2 OWiG einzustellen, an. Diese stimmte der beabsichtigten Verfahrenseinstellung unter dem Vorbehalt, dass eine Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen unterbleiben würde, zu.
Mit Beschluss vom 08.05.2025 stellte das Gericht das Verfahren ohne Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen ein.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Anhörungsrüge vom 20.05.2025, mit der er im Wesentlichen beanstandet, dass das Gericht ihn zu der beabsichtigten Einstellung nicht angehört habe, was seinen Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletze. Da die Entscheidung ohne Begründung ergangen sei, stelle sie sich zudem als willkürlich dar. Dies indiziere ferner, dass das Gericht das schriftsätzliche Vorbringen des Betroffenen außer Acht gelassen habe. Gründe für ein Absehen von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse seien weder nach §467 Abs. 2, 3, 4 StPO noch nach §109a Abs. 2 OWiG gegeben. Hinsichtlich des genauen Vorbringens des Betroffenen wird auf BI. 88 ff. d. A. Bezug genommen.
Die Gehörsrüge nach §46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 33a StPO gegen den Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 ist statthaft und legt in ihrer Begründung dar, woraus sich nach der Ansicht des Betroffenen ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergeben soll, so dass sich die Gehörsrüge als zulässig erweist.
In der Sache ist sie jedoch nicht begründet, da mit dem Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 nicht der Anspruch der Angeschuldigten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt wurde.
Hierzu führte das OLG Bremen mit Beschluss vom 26.10.2017, Az. 1 Ws 120/17 (zitiert nach BeckRS 2017, 134934), überzeugend aus:
„Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das Gebiet des gerichtlichen Verfahrens (vgl. BeckRS 2017, 134934 BVerfG, Beschluss vom 05.11.1986 - 1 BvR 706/85, juris Rn. 14, BVerfGE 74, 1; Beschluss vom 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90, juris Rn. 7, BVerfGE 84, 188). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Worte kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1991, a.a.O., juris Rn. 7; Beschluss vom 01.08.2017 - 2 BvR 3068/14, juris Rn. 47, GesR 2017, 574).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.1960 - 2 BvR 96/60, juris Rn. 5., BVerfGE 11, 218; Beschluss vom 01.02.1978 - 1 BvR 426/77, juris Rn. 16, BVerfGE 47, 182). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.1978, a.a.O., juris Rn. 16; Beschluss vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91, juris Rn. 39, BVerfGE 86, 133). (...)
Schließlich muss die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch entscheidungserheblich gewesen sein. In den Worten der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 33a StPO ist eine unterbliebene Anhörung nur dann entscheidungserheblich, „wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis des Beschlusses ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der Betroffene nichts anderes vortragen, sich also nicht anders verteidigen können, als er tatsächlich bereits vorgetragen hat, oder ist es sonst ausgeschlossen, dass das Gericht bei ordnungsgemäßer Anhörung anders entschieden hätte, ist der Gehörsverstoß nicht entscheidungserheblich" (so die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) BT-Drucks 15/3706, S. 17). Das Bundesverfassungsgericht hat sich dem angeschlossen und die Aufhebung einer Entscheidung unter dem Gesichtspunkt nachträglichen rechtlichen Gehörs versagt, wenn der Betroffene nicht darzulegen vermag, dass die Umstände, zu denen kein rechtliches Gehör gewährt wurde, für die Entscheidung ursächlich waren, so dass auch die Gewährung rechtlichen Gehörs zu keinem abweichenden Ergebnis führen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.05.2014 - 2 BA 683/12, juris Rn. 15).
Sind die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein zulässiger Antrag auf nachträgliche Anhörung als Nachholungsverfahren gemäß § 33a StPO als unbegründet zurückzuweisen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 07.09.2016 - 5 Ws 75/16, juris Rn. 14, StV 2017, 657 (Ls.); siehe auch BGH, Beschluss vom 24.06.1993 -4 StR 166/93, juris Rn. 2, NStZ 1993, 552).“
Nach diesen zutreffend skizzierten Maßstäben ist für das Gericht kein Gehörsverstoß festzustellen, der sich letztlich in entscheidungserheblicher Weise auf den angefochtenen Beschluss ausgewirkt hätte.
So begründet es schon keinen Gehörsverstoß, soweit der Betroffene beanstandet, dass die angefochtene Entscheidung ohne Begründung erlassen wurde, da gegen die Einstellung nach §47 Abs. 2 OWiG kein ordentliches Rechtsmittel gegeben ist, so dass es nach §46 OWiG i. V. m. §34 StPO keiner Begründung bedurfte.
Allerdings beanstandet der Betroffene im Ausgangspunkt zurecht, dass er vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht zu der beabsichtigten Verfahrenseinstellung gehört wurde. Denn vor der beabsichtigten Verfahrenseinstellung ist der Betroffene zu hören, um ihm Gelegenheit zu geben, einerseits auf eine andere Art der Verfahrenserledigung, namentlich durch Freispruch, oder auf eine Erstattung notwendiger Auslagen hinzuwirken (VerfG Bbg Beschl. v. 22.3.2019 - VfGBbg 1/18, BeckRS 2019, 5494 Rn. 12; BeckOK OWiG/A. Bücherl, 46. Ed. 1.4.2025, OWiG § 47 Rn. 29; KK-OWiG/Mitsch OWiG § 47 Rn. 140). Dies wurde vorliegend unterlassen.
Allerdings wirkt sich der Gehörsverstoß im Ergebnis nicht aus. Der Betroffene hat mit seiner Rügeschrift nichts vorzubringen vermocht, was zu einer im Ergebnis abweichenden Kostenentscheidung geführt hätte.
Denn das Absehen von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse war jedenfalls nach §109a Abs. 2 OWiG gerechtfertigt. Hiernach kann von einer Auferlegung von Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse abgesehen werden, wenn deren Entstehung durch rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände hätte vermieden werden können. So ist der Betroffene zur Vermeidung der Kostenfolge des §109a Abs. 2 OWiG grundsätzlich gehalten, ihn entlastende Umstände schon bei der ersten Anhörung vorzubringen (KK-OWiG/Hadamitzky OWiG § 109a Rn. 11; BeckOK OWiG/Grommes, 46. Ed. 1.4.2025, OWiG § 109a Rn. 11).
Vorliegend wurde der Betroffene unmittelbar nach Durchführung der Kontrolle durch den Kontrolleur pp. zu dem Tatvorwurf angehört, äußerte sich jedoch nicht (vgl. BI. 7 RS d. A.). Erst mit Schriftsatz vom 20.11.2024 und mithin knapp drei Monate nach Zustellung des Bußgeldbescheides und etwa einen Monat nach Abgabe des Verfahrens an das hiesige Gericht machte der Betroffene erstmals entlastende Umstände geltend, die letztlich zur Einstellung des Verfahrens führten.
Denn es bestanden nach der Einlassung des Betroffenen Zweifel an der inneren Tatseite, insbesondere der Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der zur Last gelegten Mängel der Bremsbeläge, die der Betroffene schon im Rahmen seiner Anhörung hätte aufwerfen können.
Dadurch, dass er diese Einlassung jedoch erst bis nach Abgabe in das gerichtlichen Verfahren zurückgehalten hat, hat er den weiteren Verfahrensgang nach seiner ersten Anhörung sowie die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen mindestens mitveranlasst, so dass der Anwendungsbereich des §109a Abs. 2 OWiG eröffnet ist.
Es lag auch kein anerkennenswerter Grund für dieses verspätete Vorbringen vor, der zu einer abweichenden Ermessensausübung veranlassen würde. Insoweit kommt es darauf an, ob sich für das Verhalten des Betroffenen ein verständlicher und einfühlbarer Grund finden lässt, oder ob es vom Standpunkt eines redlichen Betrachters aus nicht gebilligt oder entschuldigt werden kann (KK-OWiG/Hadamitzky OWiG § 109a Rn. 12).
Solche Gründe sind hier trotz dessen, dass die Verteidigung mit der Rügeschrift die Möglichkeit des §109a Abs. 2 OWiG ausdrücklich in Erwägung gezogen hat, nicht aufgezeigt oder ersichtlich.
Dementsprechend erweist sich die Auslagenentscheidung auch unabhängig von der ursprünglich Gehörsverletzung als richtig.
Die Zurückweisung der Gehörsrüge als unbegründet zieht als Kostenfolge die Kostentragungspflicht des Betroffenen nach sich (OLG Bremen a. a. O. Rn. 17)
71 OWi 360 Js 17036/24 (871/24)
Beschluss
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Bad Hersfeld durch den Richter am 24.06.2025 beschlossen:
Die Gehörsrüge des Betroffenen vom 20.05.2025 gegen den Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 23.06.2024 um 14:38 Uhr auf der BAB A 5 in Breitenbach auf Höhe km 377,300 das LKW-Gespann mit dem amtlichen Kennzeichen pp-geführt zu haben, obwohl dessen Verkehrssicherheit durch eine Funktionslosigkeit der ABS-Sensoren sowie eine Mangelhaftigkeit der Bremsscheiben und Bremstrommeln der zweiten Achse links wie rechts beeinträchtigt gewesen sei.
Der Betroffene wurde hierzu durch den Kontrolleur pp. vor Ort angehört, äußerte sich jedoch zu dem Tatvorwurf nicht.
Unter dem 21.08.2024 wurde gegen den Betroffenen insoweit ein Bußgeldbescheid erlassen, mit dem eine Geldbuße in Höhe von 80,00€ festgesetzt wurde. Der Bußgeldbescheid wurde dem Betroffenen am 23.08.2024 zugestellt. Unter dem 29.08.2024 bestellte sich der Verteidiger des Betroffenen und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, woraufhin das Verfahren an das hiesige Gericht abgegeben wurde, wo es am 18.10.2024 einging.
Erstmals mit Schriftsatz vom 20.11.2024 äußerte sich der Verteidiger namens des Betroffenen zur Sache und machte diverse entlastende Umstände geltend, hinsichtlich derer Einzelheiten auf BI. 38 ff. d. A. Bezug genommen wird. Es erfolgten hernach weitere schriftliche Einlassungen der Verteidigung, hinsichtlich derer Einzelheiten auf BI. 43, 52, 55 ff., 75 ff. d. A. Bezug genommen wird.
Das Gericht hörte sodann die Staatsanwaltschaft Fulda zu seiner Absicht, das Verfahren nach §47 Abs. 2 OWiG einzustellen, an. Diese stimmte der beabsichtigten Verfahrenseinstellung unter dem Vorbehalt, dass eine Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen unterbleiben würde, zu.
Mit Beschluss vom 08.05.2025 stellte das Gericht das Verfahren ohne Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen ein.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Anhörungsrüge vom 20.05.2025, mit der er im Wesentlichen beanstandet, dass das Gericht ihn zu der beabsichtigten Einstellung nicht angehört habe, was seinen Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletze. Da die Entscheidung ohne Begründung ergangen sei, stelle sie sich zudem als willkürlich dar. Dies indiziere ferner, dass das Gericht das schriftsätzliche Vorbringen des Betroffenen außer Acht gelassen habe. Gründe für ein Absehen von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse seien weder nach §467 Abs. 2, 3, 4 StPO noch nach §109a Abs. 2 OWiG gegeben. Hinsichtlich des genauen Vorbringens des Betroffenen wird auf BI. 88 ff. d. A. Bezug genommen.
Die Gehörsrüge nach §46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 33a StPO gegen den Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 ist statthaft und legt in ihrer Begründung dar, woraus sich nach der Ansicht des Betroffenen ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergeben soll, so dass sich die Gehörsrüge als zulässig erweist.
In der Sache ist sie jedoch nicht begründet, da mit dem Beschluss des Gerichts vom 08.05.2025 nicht der Anspruch der Angeschuldigten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt wurde.
Hierzu führte das OLG Bremen mit Beschluss vom 26.10.2017, Az. 1 Ws 120/17 (zitiert nach BeckRS 2017, 134934), überzeugend aus:
„Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das Gebiet des gerichtlichen Verfahrens (vgl. BeckRS 2017, 134934 BVerfG, Beschluss vom 05.11.1986 - 1 BvR 706/85, juris Rn. 14, BVerfGE 74, 1; Beschluss vom 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90, juris Rn. 7, BVerfGE 84, 188). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Worte kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1991, a.a.O., juris Rn. 7; Beschluss vom 01.08.2017 - 2 BvR 3068/14, juris Rn. 47, GesR 2017, 574).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.1960 - 2 BvR 96/60, juris Rn. 5., BVerfGE 11, 218; Beschluss vom 01.02.1978 - 1 BvR 426/77, juris Rn. 16, BVerfGE 47, 182). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.1978, a.a.O., juris Rn. 16; Beschluss vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91, juris Rn. 39, BVerfGE 86, 133). (...)
Schließlich muss die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch entscheidungserheblich gewesen sein. In den Worten der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 33a StPO ist eine unterbliebene Anhörung nur dann entscheidungserheblich, „wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis des Beschlusses ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der Betroffene nichts anderes vortragen, sich also nicht anders verteidigen können, als er tatsächlich bereits vorgetragen hat, oder ist es sonst ausgeschlossen, dass das Gericht bei ordnungsgemäßer Anhörung anders entschieden hätte, ist der Gehörsverstoß nicht entscheidungserheblich" (so die Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) BT-Drucks 15/3706, S. 17). Das Bundesverfassungsgericht hat sich dem angeschlossen und die Aufhebung einer Entscheidung unter dem Gesichtspunkt nachträglichen rechtlichen Gehörs versagt, wenn der Betroffene nicht darzulegen vermag, dass die Umstände, zu denen kein rechtliches Gehör gewährt wurde, für die Entscheidung ursächlich waren, so dass auch die Gewährung rechtlichen Gehörs zu keinem abweichenden Ergebnis führen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.05.2014 - 2 BA 683/12, juris Rn. 15).
Sind die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein zulässiger Antrag auf nachträgliche Anhörung als Nachholungsverfahren gemäß § 33a StPO als unbegründet zurückzuweisen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 07.09.2016 - 5 Ws 75/16, juris Rn. 14, StV 2017, 657 (Ls.); siehe auch BGH, Beschluss vom 24.06.1993 -4 StR 166/93, juris Rn. 2, NStZ 1993, 552).“
Nach diesen zutreffend skizzierten Maßstäben ist für das Gericht kein Gehörsverstoß festzustellen, der sich letztlich in entscheidungserheblicher Weise auf den angefochtenen Beschluss ausgewirkt hätte.
So begründet es schon keinen Gehörsverstoß, soweit der Betroffene beanstandet, dass die angefochtene Entscheidung ohne Begründung erlassen wurde, da gegen die Einstellung nach §47 Abs. 2 OWiG kein ordentliches Rechtsmittel gegeben ist, so dass es nach §46 OWiG i. V. m. §34 StPO keiner Begründung bedurfte.
Allerdings beanstandet der Betroffene im Ausgangspunkt zurecht, dass er vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht zu der beabsichtigten Verfahrenseinstellung gehört wurde. Denn vor der beabsichtigten Verfahrenseinstellung ist der Betroffene zu hören, um ihm Gelegenheit zu geben, einerseits auf eine andere Art der Verfahrenserledigung, namentlich durch Freispruch, oder auf eine Erstattung notwendiger Auslagen hinzuwirken (VerfG Bbg Beschl. v. 22.3.2019 - VfGBbg 1/18, BeckRS 2019, 5494 Rn. 12; BeckOK OWiG/A. Bücherl, 46. Ed. 1.4.2025, OWiG § 47 Rn. 29; KK-OWiG/Mitsch OWiG § 47 Rn. 140). Dies wurde vorliegend unterlassen.
Allerdings wirkt sich der Gehörsverstoß im Ergebnis nicht aus. Der Betroffene hat mit seiner Rügeschrift nichts vorzubringen vermocht, was zu einer im Ergebnis abweichenden Kostenentscheidung geführt hätte.
Denn das Absehen von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse war jedenfalls nach §109a Abs. 2 OWiG gerechtfertigt. Hiernach kann von einer Auferlegung von Auslagen des Betroffenen an die Staatskasse abgesehen werden, wenn deren Entstehung durch rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände hätte vermieden werden können. So ist der Betroffene zur Vermeidung der Kostenfolge des §109a Abs. 2 OWiG grundsätzlich gehalten, ihn entlastende Umstände schon bei der ersten Anhörung vorzubringen (KK-OWiG/Hadamitzky OWiG § 109a Rn. 11; BeckOK OWiG/Grommes, 46. Ed. 1.4.2025, OWiG § 109a Rn. 11).
Vorliegend wurde der Betroffene unmittelbar nach Durchführung der Kontrolle durch den Kontrolleur pp. zu dem Tatvorwurf angehört, äußerte sich jedoch nicht (vgl. BI. 7 RS d. A.). Erst mit Schriftsatz vom 20.11.2024 und mithin knapp drei Monate nach Zustellung des Bußgeldbescheides und etwa einen Monat nach Abgabe des Verfahrens an das hiesige Gericht machte der Betroffene erstmals entlastende Umstände geltend, die letztlich zur Einstellung des Verfahrens führten.
Denn es bestanden nach der Einlassung des Betroffenen Zweifel an der inneren Tatseite, insbesondere der Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der zur Last gelegten Mängel der Bremsbeläge, die der Betroffene schon im Rahmen seiner Anhörung hätte aufwerfen können.
Dadurch, dass er diese Einlassung jedoch erst bis nach Abgabe in das gerichtlichen Verfahren zurückgehalten hat, hat er den weiteren Verfahrensgang nach seiner ersten Anhörung sowie die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen mindestens mitveranlasst, so dass der Anwendungsbereich des §109a Abs. 2 OWiG eröffnet ist.
Es lag auch kein anerkennenswerter Grund für dieses verspätete Vorbringen vor, der zu einer abweichenden Ermessensausübung veranlassen würde. Insoweit kommt es darauf an, ob sich für das Verhalten des Betroffenen ein verständlicher und einfühlbarer Grund finden lässt, oder ob es vom Standpunkt eines redlichen Betrachters aus nicht gebilligt oder entschuldigt werden kann (KK-OWiG/Hadamitzky OWiG § 109a Rn. 12).
Solche Gründe sind hier trotz dessen, dass die Verteidigung mit der Rügeschrift die Möglichkeit des §109a Abs. 2 OWiG ausdrücklich in Erwägung gezogen hat, nicht aufgezeigt oder ersichtlich.
Dementsprechend erweist sich die Auslagenentscheidung auch unabhängig von der ursprünglich Gehörsverletzung als richtig.
Die Zurückweisung der Gehörsrüge als unbegründet zieht als Kostenfolge die Kostentragungspflicht des Betroffenen nach sich (OLG Bremen a. a. O. Rn. 17)