Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 10.01.2025 · IWW-Abrufnummer 245845

    Landgericht Karlsruhe: Beschluss vom 10.12.2024 – 16 Qs 79/24

    1. Der Angeklagte kann im Strafverfahren bzw. der Betroffene im Bußgeldverfahren die Kosten- und Auslagenentscheidung einer Einstellungsentscheidung nach § 206b StPO anfechten, obwohl die Hauptsacheentscheidung unanfechtbar ist.

    2. Die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten bzw. Betroffenen sind im Falle einer Einstellung nach § 206b StPO grundsätzlich von der Staatskasse zu tragen, weil die Entscheidung einen Freispruch ersetzt.


    16 Qs 79/24

    Landgericht Karlsruhe
    - auswärtige Strafkammern Pforzheim -

    Beschluss

    In dem Bußgeldverfahren 
    gegen pp.

    Verteidiger

    wegen Ordnungswidrigkeit

    hat das Landgericht Karlsruhe - 16. große Strafkammer (auswärtige Strafkammer Pforzheim) durch die unterzeichnenden Richter am 10. Dezember 2024 beschlossen:

    1. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen pp. wird der Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 13.11.2024 im Kosten- und Auslagenausspruch (Ziff. 2 des Tenors) dahingehend abgeändert, dass die Staatskasse die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt.

    2. Die Staatskasse hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen.

    Gründe: 

    Mit dem Beschluss vom 13.11.2024 hat das Amtsgericht das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen wegen Gesetzesänderung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206b StPO eingestellt; die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt, nicht aber die notwendigen Auslagen des Betroffenen.

    Die von der Verteidigung mit rechtzeitig beim Amtsgericht Pforzheim eingegangenem Schriftsatz vom 22.11.2024 eingelegte "Anhörungsrüge" ist als sofortige Beschwerde gegen den Kosten- und Auslagenausspruch des Beschlusses vom 13.11.2024 auszulegen und als solche sowohl zulässig als auch begründet.

    Entscheidungen nach § 206b StPO sind gemäß Satz 2 der Vorschrift mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Zwar ist nach h.M. der Angeklagte (im Bußgeldverfahren, für das § 206b StPO über § 46 Abs. 1 OWiG unmittelbar gilt, der Betroffene) nicht beschwerdeberechtigt, wenn das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, weil es ihm an einer Beschwer fehlt (MüKoStPO/Wenske, 2. Aufl. 2024, StPO § 206b Rn. 32 m.w.N.), dies stellt aber keinen Hinderungsgrund für eine Anfechtung der Kosten- und Auslagenentscheidung im Sinne des § 464 Abs. 3 S. 1 StPO dar - unstatthaft ist die sofortige Beschwerde dann, wenn die betroffene Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist, nicht aber, wenn von einem statthaften Rechtsmittel gegen die Hauptentscheidung lediglich kein Gebrauch gemacht wurde oder lediglich einem bestimmten Beschwerdeführer bei grundsätzlicher Statthaftigkeit des Rechtsmittels dieses mangels (individueller) Beschwer im Einzelfall nicht zusteht (OLG Köln StraFo 2017, 295 = BeckRS 2017, 113455; OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 13681; OLG Köln NStZ-RR 2010, 392; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 19; KK-StPO/Gieg, 9. Aufl. 2023, StPO § 464 Rn. 8).

    Auch ist der Beschwerdewert des § 304 Abs. 3 StPO erreicht.

    In der Sache sind die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten bzw. Betroffenen im Falle einer Einstellung nach § 206b StPO nach allgemeiner Meinung grundsätzlich von der Staatskasse zu tragen, weil die Entscheidung einen Freispruch ersetzt. Neben § 467 Abs. 1 StPO gelten auch dessen Abs. 2 sowie Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1; § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO, der nur echte Verfahrenshindernisse betrifft, ist nicht anwendbar (KK-StPO/Schneider, 9. Aufl. 2023, StPO § 206b Rn. 10; OLG München NJW 1974, 873; OLG Hamburg MDR 1975, 511). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO analog, § 46 Abs. 1 OWiG.