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  • 12.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207674

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 20.12.2018 – 3 Ws (B) 303/18

    1. Rügt der Betroffene die rechtswidrige Ablehnung eines Akteneinsichtsantrags, muss die Rechtsbeschwerdebegründung eine konkret-kausale Beziehung zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt dartun.
    2. Hierzu bedarf es substantiierten Vortrags, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen die Verteidigung daraus gezogen hätte.
    3. Soweit eine konkrete Benennung mangels Zugriffs auf die Unterlagen nicht möglich ist, muss sich der Verteidiger bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge weiter um die Einsicht bemüht haben und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Rechtsbeschwerdegericht dartun.


    In der Bußgeldsache gegen

    x

    wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit

    hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 20. Dezember 2018
    beschlossen:

    1.    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 28. September 2018 wird mit der Maßgabe verworfen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein des Betroffenen nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft (§ 25 Abs. 2a StVG).

    2.    Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.                    


    Der Senat merkt lediglich an:

    1.    Soweit der Beschwerdeführer die Verfahrensrüge der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung gemäß § 338 Nr. 8 StPO (i.V.m. §§ 79 Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 3 Satz 1 und 3 OWiG) erhebt, weil ihm eine beantragte Akteneinsicht verwehrt worden sei, genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen von §§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG. Rügt der Beschwerdeführer eine rechtswidrige Ablehnung eines Akteneinsichtsantrags, muss die Rechtsbeschwerdebegründung eine konkret-kausale Beziehung zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt dartun. Es ist ein substantiierter Vortrag erforderlich, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen die Verteidigung daraus gezogen hätte (vgl. BGH NStZ 2010, 530; StV 2000, 248; Senat VRS 132 Nr. 7; DAR 2013, 211; OLG Braunschweig ZfSch 2014, 473; OLG Celle ZfSch 2013, 412; OLG Hamm NZV 2016, 291). Soweit eine konkrete Benennung mangels Zugriffs auf die Unterlagen nicht möglich ist, muss sich der Verteidiger bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge weiter um die Einsicht bemüht haben und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Rechtsbeschwerdegericht auch dartun (vgl. Senat a.a.O.).

    Diesen Anforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht. Es enthält schon keine Angaben dazu, in welche konkreten Unterlagen die Akteneinsicht begehrt worden ist. Ebenso wenig finden sich Angaben dazu, welche Konsequenzen sich aus der Akteneinsicht für die Verteidigung ableiten lassen sollen. Die spekulativen Erwägungen der Verteidigung, möglicherweise hätten sich in der Akte weitere Dokumente, Lichtbilder etc. befunden, die hätten in Augenschein genommen werden können, genügen nicht den dargelegten Anforderungen. Dass ihm eine konkrete Benennung mangels Zugriffs auf die Akte nicht möglich war, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen.

    Soweit der Betroffene durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 17. Dezember 2018 weitere Verfahrenstatsachen vorgetragen hat, wird er damit nach Ablauf der Frist zur Begründung seiner Rechtsbeschwerdeanträge nach §§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG vor dem Senat nicht gehört.  

    2.       Auch die Sachrüge deckt keine den Betroffenen beschwerenden Rechtsfehler auf. Zutreffend hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahm vom 27. November 2018 darauf hingewiesen, dass die Erörterung eines vom Verteidiger des Betroffenen so bezeichneten „Augenblicksversagens“ des Betroffenen erkennbar dem alleinigen Zweck dient, Vorsatz von (hier angenommener) Fahrlässigkeit abzugrenzen, nicht aber zur Begründung leichter Fahrlässigkeit (vgl. grundlegend dazu BGH NZV 1997, 525). Ohnedies geben die getroffenen Feststellungen, wonach der Betroffene nach dem durch Zeichen 334 gekennzeichneten Ende der Autobahn die Seestraße in 13353 Berlin befuhr und dort den Geschwindigkeitsverstoß beging, keinen Raum für die Annahme lediglich leichter Fahrlässigkeit. Der Senat schließt aus, dass es dem in Berlin wohnhaften Betroffenen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen verborgen geblieben sein kann, dass die Seestraße keine Autobahn ist. Soweit der Betroffene die Rechtsansicht vertritt, der „Grenzwert der erlaubten Geschwindigkeit“ habe bei 59 km/h gelegen, verkennt er, dass die erlaubte Geschwindigkeit innerorts für Kfz gesetzlich durch § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO geregelt 50 km/h beträgt.

    In der gebotenen Gesamtschau ist den Ausführungen des Amtsgerichts noch zu entnehmen, dass sich die Tatrichterin des ihr durch § 25 Abs. 1 StVG eingeräumten Ermessens bewusst war und das in Nr. 11.3.6 der Anlage zur BKatV vorgesehene Fahrverbot keinen Automatismus begründet.


    3.       Aus Klarstellungsgründen hat der Senat den Tenor hinsichtlich des – vom Amtsgericht in den schriftlichen Urteilsgründen (UA S. 4) zutreffend angenommenen – Wirksamwerdens des Fahrverbots nach § 25 Abs. 2a StVG ergänzt. Die aus dem Tenor ersichtliche, aus §§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG folgende Kostenentscheidung bleibt davon unberührt.

    VorschriftenStPO §§ 333 Nr. 8, 344 Abs. 2 Satz 2 OWiG § 79 Abs. 3 Satz 1