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  • 13.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188629

    Landgericht Bonn: Urteil vom 31.05.2016 – 8 S 15/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn

    8 S 15/16

    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 18.12.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.937,53 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 961,61 € seit dem 14.02.2014 und aus einem Betrag in Höhe von 975,92 seit dem 16.01.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 248,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2015 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 19% und die Beklagte zu 81 %, die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 37% und die Beklagte zu 63 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1

    Gründe:

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    I.

    3

    Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht wird, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.

    4

    II.

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    Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

    6

    1.

    7

    Der Klägerin steht betreffend den Schadensfall Firma G – der allein Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – gegen die Beklagte nach Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.884,83 € noch ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 961,61 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 und 3 StVG i. V. m. §115 Abs. 1 Nr. 1 VVG sowie §§ 535 Abs. 2, 398 i. V. m. §§ 249 ff. BGB zu.

    8

    Die Kammer geht davon aus, dass die Klägerin für einen Zeitraum von 26 Tagen die Kosten für einen Mietwagen, deren Höhe in der Berufung nicht mehr im Streit steht, erstattet verlangen kann.

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    Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Anspruch auf Nutzungsentschädigung grundsätzlich auf die für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung notwendige Zeit beschränkt (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 249, Rdnr. 37). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei dem geschädigten Fahrzeug um ein Leasingfahrzeug gehandelt hat. Denn auch der dem Leasingnehmer entstandene Nutzungsschaden wird grundsätzlich nach den Aufwendungen für die Wiederbeschaffung eines der geleasten Sache gleichwertigen Ersatzes berechnet (OLG Hamm. Urteil vom 09.12.2002, Az: 6 U 98/02, zitiert nach juris mit weiteren Nachweisen). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schaden des Leasingnehmers im Entzug der Sachnutzung liegt (OLG Hamm a.a.). Für die Bewertung der Sachnutzung ist demnach nach dem für das Schadensersatzrecht maßgeblichen Grundgedanken des § 249 BGB - Herstellung des ohne das Schadensereignis bestehenden Zustandes - der Kauf- bzw. Wiederbeschaffungswert der maßgebliche Anknüpfungspunkt (BGH, Urteil vom 05.11.1991, Az: VI ZR 145/91, zitiert nach juris). Dies bedeutet aber, dass der Geschädigte, dessen Leasingfahrzeug bei einem Unfall einen Totalschaden erlitten hat, nicht ohne weiteres einen Anspruch darauf hat, einen neuen Leasingvertrag abzuschließen, da der Leasingnehmer auch mit einem über die Ersatzleistung beschafften gleichwertigen Fahrzeug die Sachnutzung in gleicher Weise wie vor dem Unfall fortsetzen kann (BGH a.a.O.). Dem steht auch nicht die von der Klägerin in der Berufungsbegründung zitierte Rechtsprechung des BGH entgegen. Zwar hat der BGH in einem Urteil vom 15.10.2013 ausgeführt, dass ein Geschädigter nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung verwiesen werden kann (BGH, Urteil vom 15.10.2013, Az: VI ZR 471/12, zitiert nach juris). Allerdings sind diese Ausführungen im Kontext mit den weiteren Ausführungen in diesem Urteil zu sehen, wonach Ziel des Schadenersatzes ist, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (BGH, a.a.O.). Im Falle der Beschädigung eines Leasingfahrzeugs wird dieser Zustand – die Schädigung liegt im Entzug der Sachnutzung – aber gerade dadurch hergestellt, dass ihm ein gleichwertiges Fahrzeug zur Verfügung steht, was – ohne dass er zugunsten des Schädigers sparen würde – auch durch die Anschaffung eines solchen Fahrzeugs möglich ist. Dies bedeutet zwar nicht, dass der Geschädigte nicht auch den Weg des Abschlusses eines neuen Leasingvertrages wählen kann. Allerdings führt dies sehr wohl dazu, dass er, wenn dieser Weg im Vergleich zu der Wiederbeschaffung durch Kauf eines Ersatzfahrzeuges länger dauert, nicht ohne weiteres die damit verbundenen Mehrkosten auf den Schädiger abwälzen kann.

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    Vielmehr kann auch ein Geschädigter, wenn er für die Ersatzbeschaffung den Abschluss eines neuen Leasingvertrages wählt, über die laut Gutachten erforderliche Wiederbeschaffungsdauer hinaus Ersatz für Mietwagenkosten nur unter besonderen Voraussetzungen erstattet verlangen. Eine solche Verlängerung kommt dabei in Betracht, wenn dem Geschädigten die Gebrauchsvorteile durch ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers (Verzug oder zögerliches Regulierungsverhalten der einstandspflichtigen Versicherung) für eine längere Zeit entgehen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.08.2011, Az: 1 U 54/11, zitiert nach juris). Anhaltspunkte hierfür hat die Klägerin aber trotz des Hinweises der Kammer vom 03.03.2016 nicht vorgetragen und sind solche auch sonst nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Geschädigte im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) gehalten wäre, den Schädiger auf die Gefahr eines drohenden höheren Schadens hinzuweisen (Palandt a. a. O., § 254 Rn. 37, OLG Celle, VersR 1980, 633, KG Berlin, MDR 2010, 79). Auch dem ist der Geschädigte vorliegend nicht nachgekommen, da er die Beklagte zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen hat, dass es möglicherweise zu höheren Kosten kommen würde. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Einwand der Klägerin, wonach der Geschädigte bei der Entscheidung, einen neuen Leasingvertrag abzuschließen, noch nicht vorhergesehen haben mag, dass dies einen längeren Zeitraum als die im Gutachten angegebene Wiederbeschaffungsdauer in Anspruch nehmen würde. Insoweit lässt die Klägerin unberücksichtigt, dass im vorliegenden Fall dem Geschädigten dieser Umstand jedenfalls während der „Verhandlungsphase“ mit dem neuen Leasinggeber bewusst geworden sein muss. So hat die Klägerin selbst ausgeführt, dass ohne die Zahlung des Fahrzeugschadens durch die Beklagte eine Beendigung des alten Leasingvertrages nicht möglich gewesen sei, die Beendigung desselben aber Voraussetzung für den Abschluss eines neuen Leasingvertrages war. Spätestens bei Kenntnis dieses Umstands hätte der Geschädigte aber die Pflicht gehabt, die Beklagte auf einen drohenden höheren Schaden hinzuweisen, wenn diese nicht zeitnah regulieren würde. Dem aber ist der Geschädigte nicht nachgekommen.

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    Der mithin mangels Vorliegen besonderer Voraussetzungen maßgebliche Zeitraum, für den die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten hat, beträgt ausweislich des unstreitigen und gemäß § 314 ZPO bindenden Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils 20 Tage. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufung (in der Klageerwiderung hatte sie selbst die Wiederbeschaffungsdauer mit 20 Tagen angegeben) darauf hinweist, dass in der von der Klägerin eingereichten Vorabkalkulation eine Wiederbeschaffungsdauer von 14-18 Tagen genannt sei, ändert dies nichts an der Bindungswirkung des § 314 ZPO, da der insoweit zu erbringende Gegenbeweis schon nicht durch vorher eingereichte Schriftsätze möglich ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 314 Rdnr. 6), damit aber erst recht nicht durch die mit diesen Schriftsätzen eingereichten Anlagen.

    12

    Dieser Zeitraum beginnt allerdings – anders als vom Amtsgericht angenommen – nicht schon mit dem Unfalltag zu laufen, sondern erst mit Zugang des Gutachtens, aus welchem sich die Wiederbeschaffungsdauer ergibt, zuzüglich einer angemessenen Überlegungsfrist (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: OLG Stuttgart, Urteil vom 01.10.1998, Az: 7 U 284/97, zitiert nach juris). Da mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Vorabkalkulation dem Geschädigten erst am 08.11.2013 zugegangen ist und auch die von der Klägerin geltend gemachte Bedenkzeit „übers Wochenende“ angemessen ist, ergibt sich ein über die reine Wiederbeschaffungsdauer hinausgehender erstattungsfähiger Zeitraum von weiteren sechs Tagen, nämlich vom 05.11.2013 bis zum 10.11.2013. Hingegen bleibt der Zeitraum vom 02.11.2014 (Unfalltag) bis zum 04.11.2016 unberücksichtigt, da der Geschädigte erst am 05.11.2013 das Mietfahrzeug angemietet hat, mithin in diesem Zeitraum keine Kosten entstanden sind.

    13

    Demnach steht der Klägerin hinsichtlich des Schadensfalles Firma G folgender Anspruch zu:

    14

    26 Tage      
    Normaltarif    1.733,42 €      
    20%iger Aufschlag    346,68 €      
    Selbstbeteiligung    466,18 €      
    Winterreifen    255,32 €      
    Zustellung/Abholung    44,84 €      
    Summe    2.846,44 €      
    ./. Zahlung    1.884,83 €      
    ./. Urteil 1. Instanz    315,05 €      
        646,56 €     

    15

    2.

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    Die ausgeurteilte Verzinsung folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB,. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten beruht auf §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, BGB, wobei deren Höhe in beiden Schadensfällen auf Grundlage eines Gegenstandswerts von jeweils bis 1.000,00 € zu berechnen war, so dass insgesamt ein Anspruch in Höhe von 248,00 € besteht [2 x (1,3 fache Geschäftsgebühr in Höhe von 104,00 € nebst Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 €) liegt. Der zugehörige Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

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    III.

    18

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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    IV.

    20

    Für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO besteht keine Veranlassung. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

    21

    V.

    22

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 1.032,77 €.