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  • 11.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131211

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 14.05.2007 – I-1 U 8/07

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-1 U 8/07

    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 24. November 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 5.001,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2004 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die in erster Instanz angefallenen Kosten werden wie folgt verteilt:

    Die Gerichtskosten werden zu 50 % dem Kläger und zu 50 % den Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldnern auferlegt.

    Die außergerichtlichen Kosten des Klägers fallen diesem zu 42 % selbst und zu 58 % den Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldnern zur Last.

    Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 3. haben diese zu 58 % selbst und zu 42 % der Kläger zu tragen.

    Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden zu 14 % dem Kläger und zu 86 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache teilweise begründet.

    Er macht mit seinem Rechtsmittel zu Recht geltend, dass ihn nicht das alleinige Verschulden an der Entstehung der Kollision trifft. Vielmehr hat der Beklagte zu 1. als Fahrer des unfallbeteiligten Pkw der Beklagten zu 2. fahrlässig die Ausgangsursache für die Entstehung des streitgegenständlichen Zusammenstoßes auf der Überholspur der XXX in Höhe des Autobahnkreuzes XXX gesetzt.

    Allerdings ist der Kläger entgegen der durch ihn vertretenen Rechtsauffassung nicht im Umfang von 75 % seiner unfallbedingten Vermögenseinbußen anspruchsberechtigt. Sein mit der Berufung verfolgtes Zahlungsverlangen macht mit dem Gesamtbetrag von 5.794,71 € ohnehin nur einen Anteil von 63 % seiner materiellen Unfallschäden aus. Die begründete Schadensersatzverpflichtung der Beklagten stellt sich auf die Quote von 50 % und führt im Ergebnis zu der Summe von 5.001,02 €.

    Einer ergänzenden Aufklärung des streitigen Unfallgeschehens durch den Senat bedarf es nicht. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung und des durch das Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ist der Hergang des fraglichen Schadensereignisses hinreichend geklärt.

    I.

    1)Gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige Zweifel sind im vorliegenden Fall gegeben. Sie betreffen die Darlegung im angefochtenen Urteil, ein schuldhaftes Fehlverhalten des Beklagten zu 1. als Fahrzeugführer im Zusammenhang mit der Entstehung des Zusammenstoßes habe die Beweisaufnahme nicht ergeben (Bl. 8 UA; Bl. 197 d. A.).

    2)Den Beklagten zu 1. trifft als Fahrer des unfallbeteiligten Pkw Ford der Beklagten zu 2. Haftung des § 18 Abs. 1 StVG. Ihm ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung nicht der ihm obliegende Nachweis gelungen, dass die Entstehung des Zusammenstoßes nicht auf ein ihm anzulastendes Fehlverhalten zurückzuführen ist.

    a)Zwar trifft es nach den insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil zu, dass kein schuldhafter Verstoß des Beklagten zu 1. gegen die nachkollisionäre Absicherungspflicht des § 15 StVO festgestellt werden kann.

    aa)

    Nach dem Inhalt der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige verging nur ein Zeitraum von etwa 4 Minuten zwischen dem ersten Stillstand des Pkw Ford auf der Überholspur der Autobahn nach der Streifkollision gegen die Mittelleitplanken und dem heftigen Anstoß durch den Pkw Audi des Klägers. Die Unfallzeugin XXX hat anschaulich geschildert, dass der Beklagte zu 1. in der relativ kurzen Dauer des ersten Stillstandes des Pkw Audi auf der Überholspur mehrfach vergeblich versucht hat, durch Betätigung des Zündschlüssels den Motor wieder in Gang zu setzen.

    bb)Wäre dem Beklagten zu 1. dies gelungen und hätte er sodann den Pkw Ford außerhalb des unmittelbaren Gefahrenbereiches auf dem Seitenstreifen oder der Verzögerungsspur der Richtungsfahrbahn abstellen können, hätte sich jedenfalls nicht die Notwendigkeit der Aufstellung eines Warndreiecks auf der durch den Kläger benutzten Überholspur ergeben. Deshalb war der Versuch der Ingangsetzung des Motors eine situationsgerechte Maßnahme zur Gefahrenabwehr.

    cc)
    Dem Beklagten zu 1. kann deshalb nicht angelastet werden, es schuldhaft unterlassen zu haben, sofort nach dem ersten Stillstand des Pkw Ford auf der Überholspur dort in einer Entfernung von etwa 100 m den Nachfolgeverkehr durch Aufstellung des Warndreiecks auf die Gefahrensituation aufmerksam zu machen. Da die mehrfachen vergeblichen Versuche, den Motor des Pkw Ford anzulassen, auch mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden waren, lässt sich nicht sicher feststellen, dass die danach dem Beklagten zu 1. verbliebene Zeit zu der vorgeschriebenen Positionierung des Warndreiecks rechtzeitig vor dem verbotswidrig schnellen Herannahen des Klägers ausgereicht hätte. Berücksichtigt man schließlich die Darstellung der Zeugin XXX, wonach der Beklagte zu 1. „etwas schockiert“ war, ist insgesamt kein Raum für die Annahme, dass der Beklagte zu 1. die ihm zur Verfügung stehende Zeit bis zur Zweitkollision schuldhaft nicht zur Wahrnehmung seiner Absicherungspflicht aus § 15 StVO genutzt hat. Unstreitig hat er jedenfalls entsprechend der Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils gemäß § 15 StVO das Warnblinklicht eingeschaltet, unmittelbar nachdem er erstmals auf der Überholspur zum Stillstand gekommen war (Bl. 3 UA; Bl. 192 d. A.).

    b)Allerdings kann sich die Prüfung eines Mitverschuldens des Beklagten zu 1. an der Entstehung des Unfallereignisses nicht auf sein nachkollisionäres Verhalten beschränken. Vielmehr muss der gesamte Ablauf des Schadensereignisses, so wie er sich nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung darstellt, in die Prüfung einbezogen werden. Der Senat vermag sich nicht der Feststellung des Landgerichts anzuschließen, am Ende eines durch den Beklagten zu 1. vorgenommenen Überholvorganges sei bei dem Wechsel von der linken auf die rechte Fahrspur das Rad an seinem Pkw Ford aus der Aufhängung gerissen, wodurch das Fahrzeug ohne sein Verschulden ins Schleudern geraten und schließlich gegen die Mittelleitplanken geraten sei (Bl. 3 UA; Bl. 192 d. A.). Nach Anscheinsgrundsätzen steht vielmehr folgendes fest: Ohne Einwirkung eines technischen Defektes ist der Pkw bei überhöhter Geschwindigkeit infolge eines Fahrfehlers des Beklagten zu 1. von der Fahrbahn abgekommen und hat sodann ausweislich der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige in Verbindung mit der Unfallskizze auf dem Grünstreifen Wühl- und Kratzspuren auf einer Entfernung von mehr als 60 m hinterlassen, ehe der Ford auf der Überholspur in einer leichten Schrägstellung seine erste Stillstandsposition am späteren Unfallort einnahm (Bl. 3, 10 Beiakte). Zu Recht rügt der Kläger in seiner Berufungsbegründung, das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, der Beklagte zu 1. sei bei trockener Straße aufgrund einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung eigenverschuldet ins Schleudern gekommen (Bl. 228 unten d. A.).

    aa)

    Nach dem Inhalt der beigezogenen Strafakte 101 Js 793/04 StA Mönchengladbach ist nicht ersichtlich, dass der Pkw Ford der Beklagten zu 2. wegen eines aus der Aufhängung gerissenen Rades vorkollisionär ins Schleudern geraten ist. In dem ausführlichen Unfallbericht als Anlage zur polizeilichen Verkehrsunfallanzeige ist als Schilderung des „Unfallbeteiligten 01“, also des Beklagten zu 1., wiedergegeben, bei einer Ausgangsgeschwindigkeit „von ca. 160 bis 180 km/h ... brach aus unerklärlichen Gründen plötzlich das Fahrzeug aus“ (Bl. 4 d. A.). Nach der Unfallrekonstruktion des aufnehmenden Beamten, des Polizeikommissars XXX („Unfallhergang aus Sicht der Polizei“), „geriet das Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von ca. 160 bis 180 km/h außer Kontrolle“ (Bl. 5 Beiakte).

    bb)

    Zwar ist in der Unfallschilderung des „Beteiligten 04“, eines niederländischen Porschefahrers namens XXX, vom 13. April 2004 wiedergegeben (Bl. 15 d. A.), als er auf der Gegenfahrbahn in Richtung XXX unterwegs gewesen sei, sei von der Fahrbahn gegenüber ein Gegenstand auf seine Spur geschleudert worden, der sich nachträglich als „ein abgerissenes Rad mit Aufhängung“ herausgestellt habe. Die polizeilichen Lichtbilder von dem verunfallten Pkw Ford (Bl. 33 – 35 Beiakte) lassen indes keinen Radabriss erkennen. Nach dem Unfallrekonstruktionsgutachten des gerichtlich beauftragten Sachverständigen XXX vom 17. März 2006 ist im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen – möglicherweise schon anlässlich des linksseitigen Erstkontaktes des Pkw Ford mit der Mittelleitplanke – „das Reserverad herausgeflogen“ (Bl. 140 d. A.). Nach Lage der Dinge ist deshalb davon auszugehen, dass der niederländische Fahrer XXX das Reserverad als den auf seine Fahrspur herübergeschleuderten Gegenstand wahrgenommen hat. Dem entspricht die Darstellung in dem polizeilichen Unfallbericht, dass der Beteiligte „04 auf der Gegenseite in Richtung XXX den Ersatzreifen des 01 überfuhr“ (Bl. 5 Beiakte).

    cc)

    Im Ergebnis bestehen deshalb keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der durch den Beklagten zu 1. gesteuerte Pkw Ford vorkollisionär infolge eines technischen Defektes aus seiner Fahrlinie ausgebrochen und von der Fahrbahn abgekommen ist. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit der polizeilichen Unfallrekonstruktion davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1. wegen der überhöhten Ausgangsgeschwindigkeit „von ca. 160 bis 180 km/h“ die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. Unstreitig ist die am Unfallort im Bereich des Autobahnkreuzes XXX vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h begrenzt.

    3)

    Für die Feststellung eines schuldhaften Fahrfehlers des Beklagten zu 1. am Ende eines Überholvorganges als Ursache für das Abkommen des Pkw Ford von der Fahrbahn spricht der Beweis des ersten Anscheins.

    a)

    Nach der Schilderung der Unfallzeugin XXX war sie in ihrem Fahrzeug auf der rechten Fahrbahn der Autobahn A XXX vor dem Autobahnkreuz XXX von dem Pkw Ford der Beklagten zu 2. überholt worden. Nach ihrem Eindruck wollte der Fahrer „vor uns wieder einscheren, ist dann aber ins Schleudern geraten“ und sodann „mit dem Hinterteil in die Leitplanke geraten“ (Bl. 83 d. A.).

    b)

    Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um Tatbestände handeln, für die nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist. In diesem Sinne entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einem Kraftfahrer, der mit dem von ihm geführten Kraftfahrzeug ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer von einer geraden und übersichtlichen Fahrbahn abkommt, ein bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vermeidbarer Fahrfehler zur Last fällt (BGH, NZV 1996, 277 f.; Hentschel a.a.O., § 2 StVO, Rn. 74). Denn in solchen Situationen beruht das Abkommen von der Fahrbahn, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt und die diesen Anschein daher erschüttern, typischerweise auf einem Fehler des Fahrers, wie etwa überhöhter Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit o. ä.. (Senat, Urteil vom 29. November 2004, Az. I-1 U 108/04). Gerade die im vorliegenden Fall durch den Beklagten zu 1. am Unfallort gegenüber dem aufnehmenden Polizeibeamten zugestandene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung („ca. 160 bis 180 km/h“) lässt darauf schließen, dass der Beklagte zu 1. infolge eines Fahrfehlers die Gewalt über den Pkw Ford der Beklagten zu 2. verloren hat.

    c)

    Das Verschulden des Beklagten zu 1. war für die folgende Kollision mit dem vom Kläger geführten Pkw auch adäquat ursächlich.

    aa)

    Der Aufprall auf die Leitplanke und das nachfolgende Liegenbleiben auf dem linken Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn können nicht hinweggedacht werden, ohne dass auch die nachfolgende Kollision mit dem Pkw des Klägers entfiele. Darüber hinaus fehlt es auch nicht an der rechtlichen Zurechenbarkeit des nachfolgenden Unfalls im Sinne der Adäquanz. Diese kann zwar fehlen, wenn der Schaden durch eine außergewöhnliche, außerhalb der Erfahrung liegende, und auch nicht durch den haftungsbegründenden Vorgang herausgeforderte Reaktion des Verletzten hervorgerufen worden ist (Senat a.a.O. mit Hinweis auf Hentschel, a.a.O., Einleitung Rn. 110). So hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass derjenige, der schuldhaft eine Gefahrenquelle schafft, hierfür nicht mehr verantwortlich gemacht werden kann, wenn er die erforderlichen Sicherungsvorkehrungen trifft und ein anderer nunmehr erst dadurch zu Schaden kommt, dass er die getroffenen Vorkehrungen nicht beachtet; in einem solchen Fall sei die ursprüngliche Gefahrenquelle nicht mehr adäquat ursächlich für den eingetretenen Schaden (BGH VersR 1969, 895; vgl. auch Hentschel, a.a.O., § 15 StVO, Rn. 6).

    bb)

    Eine derartige Fallkonstellation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Der Beklagte zu 1. hatte die nach § 15 StVO erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen zur Kenntlichmachung seines liegengebliebenen Fahrzeuges gerade nicht getroffen, ohne dass ihm allerdings ein unfallursächliches schuldhaftes Fehlverhalten angelastet werden kann: Zum Aufstellen eines Warndreiecks zwecks rechtzeitiger Warnung des von hinten mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Überholspur herannahenden Klägers reichte die Zeit nicht mehr. Die durch ihn eingeschaltete Warnblinklichtanlage des Pkw Ford trat unstreitig später außer Funktion, so dass der Beklagte zu 1. sie nicht mehr beizeiten als Gefahrensignal wahrnehmen konnte.

    Deshalb war es nicht außergewöhnlich, dass der Kläger als nachfolgender Fahrzeugführer infolge überhöhter Geschwindigkeit das in der Dunkelheit auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn liegengebliebenes Fahrzeug zu spät als Hindernis erkannte und nicht angemessen reagierte.

    d)

    Zwar war es nach der Darstellung der Zeugin XXX nach dem Stillstand des Pkw Ford auf der Überholspur nachfolgenden Verkehrsteilnehmern noch gelungen, rechtzeitig ihre Fahrtgeschwindigkeit zu verringern und entweder kurz anzuhalten oder an der Unfallstelle gefahrlos vorbeizufahren. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch der weiteren zweifelsfreien Schilderung der Zeugin gemäß die Warnblinkanlage noch eingeschaltet. Nach deren Ausfall war der durch den Kläger gesteuerte Pkw Audi das erste Fahrzeug, welches mit dem liegengebliebenen Unfallwagen Ford kollidierte (Bl. 84, 85 d. A.).

    4)

    Die bei dem Kläger eingetretenen Fahrzeugschäden entstanden „beim Betrieb“ (§ 7 Abs. 1 StVG) des Pkw Ford der Beklagten zu 2.. Trotz unfallbedingten Liegenbleibens auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn befand sich dieses Fahrzeug noch in Betrieb. Der Betrieb endet erst mit dem Motorstillstand außerhalb des öffentlichen Verkehrsbereichs; ein unfallbedingt liegengebliebenes Fahrzeug innerhalb des öffentlichen Verkehrsraums befindet sich dagegen noch im Betrieb, weil die durch den jeweiligen Fahrzeugbetrieb geschaffene Gefahr noch fortbesteht (Senat a.a.O. mit Hinweis auf Hentschel, § 7 StVG, Rn. 5 und 8).

    II.

    Allerdings übersieht der Kläger, dass ihn ebenfalls ein erhebliches Mitverschulden an der Entstehung der Kollision trifft. Entsprechend den insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil ist dem Kläger anzulasten, bei der Annäherung an die spätere Unfallstelle entgegen den Vorgaben des § 3 Abs. 1 StVO deutlich zu schnell gefahren zu sein. Dabei hat er die auf der Autobahn für den Kreuzungsbereich XXX geltende Höchstgeschwindigkeitsanordnung von 120 km/h missachtet. Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hätte er die Entstehung der Kollision räumlich vermeiden können.

    1a)Für ein Verschulden des Klägers spricht ebenfalls der Beweis des ersten Anscheins, da er mit dem von ihm geführten Fahrzeug auf ein Hindernis aufgefahren ist. Bei Kollisionen mit liegen gebliebenen Kraftfahrzeugen auf Autobahnen – jedenfalls wenn sie zuvor im Folgeverkehr auf demselben Fahrstreifen unterwegs waren – gelten die allgemeinen Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen, d.h., es spricht ein erster Anschein dafür, dass der Auffahrunfall auf einem schuldhaften Verhalten des Auffahrenden, nämlich zu geringem Abstand, Unaufmerksamkeit oder unangepasster Geschwindigkeit, beruht (Senat, a.a.O. mit Hinweis auf BGH, VersR 1989, 265 ff.; OLG Köln, NZV 2000, 172 f.; OLG Karlsruhe, Justiz 1986, 90 f.).

    b)

    Auch auf Autobahnen darf in der Regel niemand damit rechnen, dass sich keine oder nur ausreichend beleuchtete Hindernisse auf der Fahrbahn befinden (Senat, Urteil vom 24.02.2003, 1 U 160/02; Hentschel, a.a.O., § 18 StVO, Rn. 19). Daher gilt grundsätzlich auch auf Autobahnen die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO, wonach nur so schnell gefahren werden darf, dass der Fahrzeugführer innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Sichtweite anhalten kann (BGH, NJW 1987, 1075; st. Rspr.). Soweit § 18 Abs. 6 StVO hierfür Einschränkungen für den Fall enthält, dass beim Fahren mit Abblendlicht ein ausreichender Sicherheitsabstand zu einem mit klar erkennbaren Schlussleuchten vorausfahrenden Kraftfahrzeug eingehalten wird, oder der Verlauf der Fahrbahn und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind, liegen die Voraussetzungen dieser Einschränkung hier ersichtlich nicht vor. Somit hätte der Kläger eine Höchstgeschwindigkeit einhalten müssen, die ihm ermöglicht hätte, auch vor einem verhältnismäßig spät erkennbaren Hindernis noch rechtzeitig anzuhalten.

    2)

    Indes bedarf es zur Feststellung eines erheblichen Annäherungsverschuldens des Klägers noch nicht einmal der Heranziehung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis.

    a)

    Nach dem unfallanalytischen Gutachten des Sachverständigen XXX betrug die Ausgangsgeschwindigkeit des durch den Kläger gesteuerten Pkw Audi zwischen 145 km/h und 152 km/h, also nachweisbar mindestens 145 km/h. Damit hatte er die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um mindestens 25 km/h, also um knapp 21 %, überschritten (Bl. 148 d. A.).

    b)

    Nach den weiteren Darlegungen des Sachverständigen hat der Kläger etwa 118 m vor der Unfallstelle eine Bremsreaktion eingeleitet, die jedoch wegen des überhöhten Annäherungstempos den streitigen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h hätte er den Erkenntnissen des Sachverständigen gemäß jedoch nur einen Gesamtanhalteweg von 110 m benötigt und wäre damit 8 m vor dem späteren Kollisionsort zum Stillstand gekommen. Hätte sich der Kläger also an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten, so hätte er als Ergebnis der durch ihn eingeleiteten Bremsreaktion den Zusammenstoß noch räumlich vermeiden können.

    3)

    Der dem Kläger zu machende Vorwurf der erheblich überhöhten Annäherungsgeschwindigkeit wiegt entgegen seiner Darstellung in der Berufungsbegründung schwer und rechtfertigt es nicht, die Beklagten mit einem Haftungsanteil von 75 % zu belasten.

    a)

    Zwar war der schwarzlackierte Pkw Ford der Beklagten zu 2. aus der Entfernung nicht als ein auf der Überholspur liegen gebliebenes Hindernis erkennbar. Nach den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen XXX ist davon auszugehen, dass der an dem verunfallten Fahrzeug aufgetretene lichttechnische Defekt nicht nur die Warnblinkanlage erfasste, sondern auch noch das ursprünglich eingeschaltet gewesene Fahrlicht (Bl. 144 d. A.).

    b)

    Gleichwohl war für den Kläger bei der Annäherung an die spätere Unfallstelle ein Gefahrensignal wahrnehmbar, welches ihm hätte Veranlassung geben müssen, rechtzeitig seine – ohnehin unzulässig hohe – Fahrtgeschwindigkeit zu reduzieren. Denn nach der Aussage der Zeugin XXX war an ihrem abgestellten Fahrzeug die Warnblinkanlage eingeschaltet (Bl. 84 unten d. A.). Ausweislich der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige war das Fahrzeug ca. 40 m vom Kollisionsort entfernt auf dem Verzögerungsstreifen des Autobahnkreuzes XXX abgestellt (Bl. 10 d.A.). Trotz der langgezogenen Rechtskurve, in welcher der Unfallort auf der Autobahn A 61 im Bereich des Autobahnkreuzes gelegen ist (vgl. dazu die Lichtbilder Bl. 127 ff. d.A.), war nach den Ausführungen des Sachverständigen XXX, deren Richtigkeit von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird, der Pkw der Zeugin XXX mit dem eingeschalteten Blinklicht für den Kläger bereits aus einer deutlich größeren Entfernung als 120 m vor der späteren Kollisionsstelle erkennbar.
    c)

    Die Aussage der ZeuginXXX lässt keinen Zweifel daran, dass für den Kläger, nachdem das Warnblinklicht an dem verunfallten Pkw Ford ausgefallen war, jedenfalls die weiterhin eingeschaltet gewesene Warnblinkanlage an dem Fahrzeug der Zeugin wahrnehmbar war. Die Zeugin hat anschaulich geschildert, dass sie erst dann ihr Fahrzeug verließ und dann ca. 50 bis 100 m hinter der Leitplanke zurück in Richtung auf den verunfallten Pkw Ford ging, nachdem sie ihren abgestellten Wagen mit der Warnblinkanlage gesichert hatte. Erst danach beobachtete sie, dass der Beklagte zu 1. vergeblich versuchte, den Motor des Pkw Ford in Gang zu setzen, wobei dann schließlich die gesamte Beleuchtungsanlage dieses Fahrzeuges ausfiel. Nach der Auffassung des Sachverständigen XXX war das von dem Pkw der Zeugen XXX ausgegangene Blinklichtsignal für den Kläger der Grund, von dem rechten auf den linken Fahrstreifen zu wechseln. Der Kläger hätte jedoch das Gefahrensignal eines auf der Verzögerungsspur des Autobahnkreuzes blinkenden Warnlichtes zum Anlass nehmen müssen, sofort seine Fahrtgeschwindigkeit zu reduzieren. Denn er musste mit einem Unfall oder etwaigen Hindernissen auf der Fahrbahn rechnen, so dass er die Entwicklung des Verkehrs vor ihm nicht mehr sicher beurteilen konnte. Er war daher verpflichtet, seine Geschwindigkeit sofort deutlich zu verringern und mit besonderer Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu fahren (vgl. Hentschel, a.a.O., § 3 StVO, Rdnr. 9).

    d)

    Dem Vorbringen der Beklagten gemäß, welches das Landgericht in die Sachverhaltsschilderung des Tatbestandes des angefochtenen Urteils übernommen hat (Bl. 3 UA; Bl. 180 d.A.), soll zum Unfallzeitpunkt während der Nachtzeit die Sicht zusätzlich durch Regen und Nebel beeinträchtigt gewesen sein (Bl. 33 d.A.). Die Richtigkeit dieser Feststellung begegnet Bedenken, da nach dem Inhalt der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige nichts auf solche zusätzlichen Sichtbeeinträchtigungen hindeutet (Bl. 1 Beiakte). Sollte jedoch tatsächlich Regen- und Nebelwetter geherrscht haben, hätte der Kläger umso mehr einen zwingenden Anlass gehabt, auf die Wahrnehmung der Warnblinkanlage des Pkw der Zeugin XXX mit einer sofortigen Verminderung der Fahrtgeschwindigkeit anstatt mit einem Versuch des schnellen Vorbeifahrens zu reagieren.

    4)

    Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO kann dem Kläger indes nicht als unfallursächliches Fehlverhalten angelastet werden. Denn das Gebot schützt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur den erlaubten Gegen- und Überholverkehr (so auch Hentschel a.a.O., § 2 StVO, Rdnr. 33 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Insbesondere schützt es nicht den auf dem linken Fahrstreifen einer Autobahn Liegengebliebenen (Hentschel a.a.O. mit Hinweis auf OLG Nürnberg VersR 1979, 1114).

    III.

    Nach den obigen Ausführungen kann die durch das Landgericht ausgesprochene Haftungsverteilung, wonach der Kläger nur im Umfang von 35 % seiner unfallbedingten Vermögenseinbußen anspruchsberechtigt sein soll, keinen Bestand haben.

    Bei der Abwägung aller unfallursächlichen Umstände gemäß §§ 17, 18 StVG dürfen zu Lasten einer Partei nur solche Tatsachen Berücksichtigung finden, auf welche sie sich entweder selbst beruft, die unstreitig oder erwiesen sind.

    Zu Lasten der Beklagten ist dabei zunächst die Betriebsgefahr des verunfallten Pkw Ford der Beklagten zu 2. zu berücksichtigen. Diese war gegenüber der gewöhnlichen, mit dem Betrieb eines Pkw verbundenen Gefahr erheblich erhöht.

    Die Betriebsgefahr ist erhöht, wenn die Gefahren, die üblicherweise mit dem Betrieb eines Fahrzeuges verbunden sind, durch das Hinzutreten besonderer, unfallursächlicher Umstände erhöht werden (Hentschel a.a.O., § 17 StVG, Rdnr. 11). Das von dem Beklagten zu 1. gelenkte Fahrzeug war bei Dunkelheit auf der linken Fahrbahn einer Autobahn, wo üblicherweise mit einer relativ hohen Geschwindigkeit – hier zulässigerweise 120 km/h – gefahren wird, liegen geblieben. Schon dadurch war die gewöhnliche Betriebsgefahr deutlich gesteigert. Darüber hinaus war das schwarz lackierte Fahrzeug unbeleuchtet. Die damit für den nachfolgenden Verkehr gegeben gewesene schlechte Erkennbarkeit hatte eine weitere Erhöhung der Betriebsgefahr zur Folge.

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist zu Lasten der Beklagten von einem unfallursächlichen Verschulden des Beklagten zu 1. als Fahrer des Pkw Ford auszugehen. Dieser hatte bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von mindestens 160 km/h die Erstkollision des durch ihn gesteuerten Pkw Ford mit der Mittelleitplanke durch einen Fahrfehler verschuldet und damit fahrlässig die Ausgangsursache für den klagegegenständlichen Folgeunfall gesetzt.

    Der Kläger hat es hingegen trotz des Gefahrensignals, welches von dem warnblinkenden Pkw der Zeugin XXX ausging, versäumt, rechtzeitig seine Fahrtgeschwindigkeit von mindestens 145 km/h bei der Zufahrt auf das Autobahnkreuz in der Dunkelheit zu verringern. Im Hinblick auf die seitens der Beklagten vorgetragenen ungünstigen Wetterverhältnisse (Regennässe, Nebel) hätte der Kläger ohnehin die am Unfallort vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h nicht voll ausfahren dürfen. Unabhängig davon hätte aber schon ein solches Ausgangstempo zur räumlichen Vermeidbarkeit des Zusammenstoßes ausgereicht.

    Im Ergebnis führt die Gesamtabwägung sämtlicher Verursachungs- sowie Verschuldensbeiträge zu einem jeweils hälftigen Haftungsanteil der Parteien. Diese Quotierung entspricht derjenigen, welche der Senat in einer ähnlichen Fallkonstellation in dem am 29. November 2004 zu dem Aktenzeichen I-1 U 108/04 verkündeten Urteil ausgesprochen hat.

    IV.

    Die ersatzfähigen unfallbedingten Vermögenseinbußen des Klägers machen nach der von den Parteien nicht angegriffenen Feststellung des Landgerichts den Betrag von 16.844,30 € aus (Bl. 10 UA; Bl. 187 d.A.). Der davon dem Kläger zustehende hälftige Anteil ergibt den Zwischensaldo von 8.422,15 €. Zieht man davon den von der erstinstanzlichen Teilerledigungserklärung der Parteien erfassten Betrag von 3.421,13 € ab, ergibt sich ein von den Beklagten zu ersetzender Rest von 5.001,02 €.

    V.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

    Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 3.320,33 €.
    Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.