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  • 10.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123754

    Landgericht Berlin: Urteil vom 05.11.2012 – 28 O 220/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Berlin
    Im Namen des Volkes
    Urteil
    Geschäftsnummer: 28 O 220/12
    verkündet am : 05.11.2012
    In dem Rechtsstreit XXX

    hat die Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 05. November 2012 durch den Richter am Landgericht ▄ als Einzelrichter
    für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
    Tatbestand
    Der Kläger bestellte in schriftlicher Urkunde vom 10. Januar 2012 bei der Beklagten ein “EU-Importfahrzeug” der Marke ▄ Typ “ix20 1,6 Sondermodell 125 PS”.
    In dem Bestellformular wurde handschriftlich seitens der Verkäuferin folgende Passage aufgenommen: “Das Fahrzeug verfügt über eine Herstellergarantie gemäß ▄” (Einzelheiten: Anlage K 1).
    Das Fahrzeug musste seitens der Beklagten bestellt und nach Berlin überführt werden, wo es am 24. Januar 2012 auf den Namen des Klägers als erstem Halter bei einem km-Stand von 600 zugelassen wurde. Der Kläger zahlte den vereinbarten Kaufpreis von 17.250,- €.
    Ein Serviceheft für das Fahrzeug, beinhaltend eine “Neuwagengarantie” des Herstellers, übergab die Beklagte zunächst nicht.
    Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Serviceheft bis zum 17. Februar 2012 an ihn zu übergeben (Anlage K 5).
    Mit weiterem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 24. Februar 2012 forderte der Kläger die Beklagte nochmals zur Übergabe des Serviceheftes unter Fristsetzung bis zum 6. März 2012 auf (Anlage K 6).
    Nachdem die Beklagte das Serviceheft dem Kläger dann am 8. März 2012 übermittelt hatte, erklärte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2012 die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Der Kläger nahm dabei auf den Umstand, dass in dem Serviceheft das Garantieauslieferungsdatum überklebt und auf den 24. Januar 2012 ausgeschrieben worden sei, obwohl das Heft ursprünglich ein anderes, früheres Datum insoweit enthielt (Anlage K 8).
    Der Kläger machte zugleich Schadensersatzansprüche mit der Begründung, er habe das Fahrzeug bis zur Übermittlung des Heftes mangels fehlender Herstellergarantie nicht für einen geplanten Urlaub nutzen können, geltend.
    Erst als die Übernahme der Garantie bei der Firma ▄ im April 2012 beantragt worden sei, so der Kläger, habe insoweit Schutz für ihn bestanden. Dieser Schutz, so der Kläger, sei aber verkürzt, da das Fahrzeug erstmals im Juni 2011 im Ausland zugelassen worden sei.
    Der Kläger macht geltend, beim Kauf über den Umfang der Garantiezeit getäuscht worden zu sein.
    Der Kläger verlangt die Rückgewähr der gegenseitig erbrachten Leistungen als Folge der erklärten Anfechtung; er führt in der Klageschrift weiter aus: “.. Mit der Anfechtungserklärung wegen arglistiger Täuschung hat der Kläger seine Rücktrittserklärung abgegeben. Es liegt auch ein Rücktrittsgrund vor, da der Sachmangel am Wagen nicht behebbar ist.”
    Nachdem der Kläger zunächst auch Schadensersatzansprüche wegen der Nichtnutzbarkeit des Fahrzeugs in Höhe von 1.750,- € geltend gemacht hatte, hat er die Klage insoweit wieder zurückgenommen.
    Der Kläger beantragt mit der am 26. Mai 2012 zugestellten Klage nunmehr,
    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.250,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung , Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw Marke ▄, Typ JC, Version M61AZ11, Handelsbezeichnung ix20, Farbe braun, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ▄, zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Die Beklagte führt aus, dass ihr die Zulassungsdaten beim Abschluss des Kaufvertrages nicht bekannt gewesen seien. Das Fahrzeug, so die Beklagte, habe erst nach Berlin überführt werden müssen, worüber der Kläger informiert worden sei. Die Beklagte behauptet ferner, dass der Kläger auch darüber aufgeklärt worden sei, dass der Garantiebeginn nicht notwendig mit der Übergabe des Fahrzeugs übereinstimmen müsse.
    Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass die hier etwa eingetretene Verkürzung der Herstellergarantie um einige Monate unerheblich sei; schließlich bestreitet sie, dass der Kläger in Kenntnis dieses Umstandes das Fahrzeug nicht gekauft hätte.
    Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst den Anlagen dazu, sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 5. November 2012 ergänzend Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist unbegründet.
    Dem Kläger stehen Rückabwicklungsansprüche hinsichtlich des mit Bestellung vom 10. Januar 2012 geschlossenen Kaufvertrages nicht zu (§§ 433, 123, 812; 434, 437, 440, 323, 346 ff BGB).
    Der Kläger hat schon das Bestehen eines Anfechtungsgrundes nicht hinreichend dargelegt.
    Soweit die Beklagte in der Bestellung schriftlich zugesichert hat, dass das Fahrzeug über eine Garantie gemäß ▄ verfüge, trifft dies zu, so dass insoweit keine Täuschung vorliegt. Der Kläger ist inzwischen in den Händen auch des Serviceheftes, so dass es letztlich nicht darauf ankommt, ob die Herstellergarantie auch ohne das Vorliegen des Heftes, welches letztlich nur der Dokumentation der Durchführung von Reparatur- und Servicearbeiten bei den Vertragshändlern gewährleisten soll, gegeben gewesen wäre. Im übrigen trägt der Kläger selbst vor, dass die Herstellergarantie für Deutschland aufgrund des Antrages des Klägers im April 2012 erteilt worden sei.
    Dass die erteilte Herstellergarantie hier etwa tatsächlich bereits seit Juni 2011 läuft, mithin schon einige Zeit vor der Übergabe an den Erstkäufer, ist für ein EU-Importfahrzeug üblich, denn EU-Importfahrzeuge “werden im Ausland vor ihrer Auslieferung (an den inländischen Verkäufer) zumindest für einen Tag für den Verkehr zugelassen” und die “Werksgarantie ... beginnt an diesem Tag” (vgl. BGH in NJW 1999, 3267).
    Der Kläger, der ein solches Fahrzeug erwerben wollte, hätte sich insoweit sachkundig machen können und müssen, denn die Beklagte war nicht verpflichtet, ungefragt über diesen Umstand aufzuklären (weitergehend insoweit LG Kiel; Urteil vom 17. Februar 2012 zu 12 O 277/11; hier bei BeckRS 2012, 16861; das eine Aufklärungspflicht nicht einmal hinsichtlich des Umstandes, dass es sich um ein EU-Importfahrzeug handelt, annimmt).
    Die Beklagte wendet auch unbestritten ein, über die Zulassungsdaten bei dem Verkauf keine Kenntnis gehabt zu haben, so dass ihr ein arglistiges Verhalten nicht vorgeworfen werden kann.
    Soweit die Beklagte das Datum in dem Serviceheft nachträglich geändert hat, hat ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass damit das Datum der inländischen Erstzulassung habe dokumentiert werden sollen. Selbst wenn man hier von einer falschen Angabe im Sinne einer Täuschung ausgehen wollte, konnte diese aber nicht mehr ursächlich für den Kaufentschluss des Klägers sein.
    Die Beklagte hat den Kläger auch nicht insoweit getäuscht, als dieser nunmehr davon ausgeht, kein Neufahrzeug erhalten zu haben. Das Fahrzeug hatte nämlich eine Standzeit von weniger als 12 Monaten, als es dem Kläger übergeben wurde, und der Kläger ist als erster Halter bei einem km-Stand von 600 eingetragen worden, weshalb die Beklagte das Fahrzeug ohne weiteres als Neufahrzeug bezeichnen durfte.
    Der Kläger kann auch im Rahmen der Gewährleistungsvorschriften eine Rückabwicklung nicht verlangen.
    Soweit wegen der verkürzten Herstellergarantie das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit anzunehmen wäre, greift hier jedenfalls die Bestimmung in § 323 Abs.5 S.2 BGB.
    Das Gericht geht davon aus, dass das Fahrzeug die vereinbarte Beschaffenheit tatsächlich hat, denn es verfügt über die Herstellergarantie gemäß ▄. Dass diese im vorliegenden Fall verkürzt sein mag, liegt, wie dargestellt, bei einem EU-Importfahrzeug in der Natur der Sache, so dass die Herstellergarantie in einem Umfang, wie sie bei einem EU-Importfahrzeug zu erwarten ist, tatsächlich vorliegt.
    Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, wäre die mit der Verkürzung der fünf-jährigen Frist um 7 Monate verbundene Pflichtverletzung unerheblich im Sinne von § 323 Abs.5 S.2 BGB, so dass der Rücktritt ausgeschlossen ist.
    Die kürzere Garantiezeit führt dazu, dass ein möglicherweise in den letzten Monaten vor Ablauf von 5 Jahren nach Übernahme des Fahrzeuges durch den Kläger eintretender Garantiefall nicht mehr seitens des Herstellers übernommen würde. Die Herstellergarantie umfasst indes nur die Fehlerfreiheit, insbesondere nicht den Verschleiß, so dass der Eintritt des Garantiefalls am Ende der Garantiezeit eher unwahrscheinlich ist, da sich ein Fahler in der Regel früher zeigt.
    Soweit insoweit gleichwohl eine Minderung des Kaufpreises in Betracht gekommen wäre, hat sie der Kläger nicht geltend gemacht.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 ZPO.