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  • 15.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123387

    Amtsgericht Itzehoe: Urteil vom 18.03.2011 – 93 C 95/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    AG Itzehoe, 18.03.2011, 93 C 95/10

    In dem Rechtsstreit
    ...
    hat das Amtsgericht Itzehoe
    durch
    den Richter am Amtsgericht
    auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2011
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 250,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2009 sowie weitere 46,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2010 zu zahlen.
    2.

    Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Honoraransprüchen des Sachverständigen Dipl.-Ing. X, zur Rechnungs-Nr. 29HA411KFB i.H.v. 6,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2009 freizuhalten.
    3.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
    4.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 86% und der Beklagte zu 14%.
    5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. jeweils 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Tatbestand

    Der Kläger begehrt von dem Beklagten - einer Versicherung - restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

    Am 22.10.2009 kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen dem Pkw BMW X5 des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen Y und dem bei dem Beklagten haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen Z, der von der Fahrerin des letzteren Pkw allein verschuldet wurde. Zur Schadensfeststellung beauftragte der Kläger den Sachverständigen X. Dieser erstellte für seine Tätigkeit gegenüber dem Kläger zur Rechnungs-Nr. 29HA411KFB eine Rechnung i.H.v. 999,90 EUR. Der Beklagte zahlte an den Kläger auf den merkantilen Minderwert des Pkw BMW X5 einen Betrag von 600,- EUR und auf die Sachverständigenkosten einen Betrag von 650,- EUR.

    Der Kläger behauptet, der unfallbedingte merkantile Minderwert des Pkw BMW X5 betrage 2.100,- EUR, also weitere 1.500,- EUR. Er macht geltend, die Sachverständigenkosten bewegten sich im üblichen Bereich und seien daher im Ergebnis voll zu erstatten, also auch i.H.v. weiteren 349,90 EUR.

    Der Kläger beantragt,

    1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.500,- EUR nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 16.11.2009 sowie eine anzurechnende Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG i.H.v. 272,87 EUR nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2009 zu zahlen;
    2.

    die Beklagte zu verurteilten, ihn von Honoraransprüchen des Sachverständigen Dipl. Ing. X, Rechnungs-Nr. 29HA411KFB, i.H.v. 349,90 EUR nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 16.11.2009 freizustellen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 30.07.2010 (Bl. 49 d.A.) durch die Einholung eines schriftlicher Gutachten und eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen A sowie deren mündliche Erläuterung. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 29.11.2010 (Bl. 93 ff. d.A.), das Ergänzungsgutachten vom 18.01.2011 (Bl. 130 ff.) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2011 (Bl. 160 ff. d.A.) verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage hat in der Sache lediglich zu einem geringen Teil Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten lediglich einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 250,- EUR und Freihaltung von einer Forderung von weiteren 6,46 EUR aus den §§ 7 Abs.1 StVG, 115 Abs.1 VVG.

    Daß der Beklagte gegenüber dem Kläger für die Folgen des Verkehrsunfalls 22.10.2009 zu 100% haftet, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann allerdings nur ein unfallbedingter merkantiler Minderwert des Pkw BMW X5 des Klägers von insgesamt 850,- EUR festgestellt werden, den der Beklagte bereits i.H.v. 600,- EUR beglichen hat. Des weiteren sind die Kosten für den vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen nur i.H.v. 656,46 EUR nicht überhöht. Sachverständigenkosten i.H.v. 650,- EUR hat der Beklagte aber gleichfalls bereits beglichen.

    Der Sachverständige A hat detailliert, in sich schlüssig und in jeder Hinsicht überzeugend den merkantilen Minderwert des Pkw BMW X5 ermittelt. Er hat überzeugend ausgeführt, daß eine rückwirkende Marktbeobachtung für den SUV praktisch nicht möglich ist, so daß er bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts auf die objektiven, wertbildenden Fahrzeugdaten und eine Arbeit mit dem Bewertungsprogramm Audatex-Schwacke angewiesen ist. Insoweit hat der Sachverständige sogar zugunsten des Klägers die weiteren wertbildenden Fahrzeugmerkmale wie die besondere Fahrzeugbereifung per Hand hinzugerechnet. Weitere Gründe für eine Erhöhung des Wiederbeschaffungswerts bestanden damit nicht. Insbesondere handelt es sich bei dem Pkw BMW X5 nicht um ein Fahrzeug der Oberklasse, sondern um einen - hochwertigeren - SUV (Sport Utility Vehicle). In bezug auf die Ermittlung des merkantilen Minderwerts hat der Sachverständige sodann - wiederum zugunsten des Klägers - von einer (von dem Kläger eigentlich gewünschten) Schadensschätzung nach den Methoden Ruhkopf-Sahm und Halbgewachs abgesehen, weil diese angesichts des Bagatell- oder Einfachschadens an dem Pkw BMW X5 überhaupt keinen Minderwert ergeben hätte. Dies hat der Sachverständige angesichts seiner Erfahrungen und Marktbeobachtungen aber nicht für angemessen gehalten, weil er vorliegend dem Grunde nach von einem Minderwert ausgeht. Soweit er damit das BVSK-Modell angewendet hat, welches einen Minderwert von - gerundet - 850,- EUR ergibt, um überhaupt die Möglichkeit eines merkantilen Minderwerts zu berücksichtigen und auszudrücken, ist dies gleichfalls überzeugend und nicht zu beanstanden.

    In bezug auf die Kosten für den vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen hat der Sachverständige gleichfalls detailliert und in sich schlüssig ausgeführt, 90% der BVSK-Mitglieder berechneten höchsten 656,46 EUR für die vorliegende Begutachtung, und im Bereich von Frankfurt am Main als Wohnort des Klägers sei der weit überwiegende Teil der in Betracht kommenden Werkstätten (7 von 11) im BVSK organisiert. Damit bestehen vernünftige und nachvollziehbare Gründe, von den entsprechenden BVSK-Ermittlungen auszugehen und diese als repräsentativ anzunehmen. Soweit die Parteien um die Höhe der berechtigten und im Rahmen des § 249 BGB zu ersetzenden Sachverständigenkosten streiten, kommt es dabei nicht auf die Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Privatsachverständigen an, wenn die Sachverständigenkosten deutlich überhöht ist. Insoweit kann der Geschädigte ebenso wie bei den Mietwagenkosten nur die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zweckmäßig und angemessen erscheinen. Bei Sachverständigenkosten, die von 90% der vergleichbaren Sachverständigen nicht erhoben werden, sind diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben.

    Das Gericht kann die in jeder Hinsicht überzeugenden Angaben des Sachverständigen dem Urteil zugrunde legen, und ein Grund für ein Obergutachten besteht nicht. Allein der Umstand, daß der Wiederbeschaffungswert und damit auch der merkantile Minderwert nach der Vorstellung des Klägers weit höher sein müßten, führt nicht zu dem Erfordernis eines weiteren Gutachtens; ansonsten würde insoweit jede überhöhte Klageforderung ein Obergutachten zur Folge haben. Soweit der Kläger dem Sachverständigen ein einseitigen Gutachten vorwirft, ist dies im Ergebnis nicht verständlich, da der Sachverständige nach den obigen Ausführungen mehrfach zugunsten des Klägers von sonst üblichen und vertretbaren Ermittlungsmethoden abgewichen ist. Das Gericht - und damit auch der Sachverständige - hätte ohne weiteres eine Schadensschätzung i.S.d. § 287 ZPO nach der Methode Ruhkopf-Sahm tätigen können und einen merkantilen Minderwert gänzlich verneinen können. Soweit der Sachverständige dies überzeugend als der Marktsituation nicht angemessen betrachtet hat und auch die weiteren wertbildenden Fahrzeugmerkmale der Berechnung mit dem Bewertungsprogramm Audatex-Schwacke per Hand hinzugerechnet hat, folgt das Gericht dieser konkreteren Schadensermittlung. Gründe für weitere Ausnahmen zugunsten des Klägers und höhere Schadensbeträge hat der Sachverständige aber gleichfalls stets plausibel verneint.

    Nach alledem kann nur ein unfallbedingter merkantiler Minderwert des Pkw BMW X5 des Klägers von weiteren 250,- EUR festgestellt werden, und die Kosten für den vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen sind nur i.H.v. weiteren 6,46 EUR nicht überhöht und damit zu erstatten. Die weitergehende Klage war dagegen abzuweisen.

    Die Zinsansprüche und die Nebenforderung auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten beruhen auf den §§ 280, 286 Abs.1, 288, 291 BGB. Da sein Begehren nur i.H.v. weiteren 256,46 EUR Erfolg hat, sind die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers auch nur nach einem Streitwert bis 300,- EUR zu berechnen; ein Verzug des Beklagten mit anderweitigen Schadenspositionen ist nicht ersichtlich. In bezug auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist auch kein vorgerichtlicher Verzug des Beklagten vorgetragen worden, so daß insoweit allein Prozeßzinsen verlangt werden können.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

    Der Streitwert wird auf die Gebührenstufe bis 2.000,- EUR festgesetzt.

    Verkündet am: 18.03.2011

    RechtsgebieteStVG, VVGVorschriften§ 7 Abs. 1 StVG § 115 Abs. 1 VVG