Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 18.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123134

    Landgericht Köln: Urteil vom 15.03.2011 – 11 S 135/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Köln

    11 S 135/10

    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom

    24.02.2010 - 266 C 222/09 – wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    GRÜNDE

    Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Schadenersatz in Höhe von 184,10 € sowie weitere 46,41 € zzgl. Zinsen aus einem Verkehrsunfall vom 00.00.00 in Köln, der durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges verursacht wurde und bei dem sein Fahrzeug, ein zum Unfallzeitpunkt acht Jahre alter PKW Mercedes Benz 210 E mit einer Laufleistung von 217.130 km am bzw. im Bereich des hinteren Stoßfängers beschädigt wurde. Der Kläger hat seinen unmittelbaren Fahrzeugschaden fiktiv auf der Grundlage eines Gutachtens des KfZ-Sachverständigenbüros A mit einem Nettobetrag von 1.098,03 € abgerechnet, worauf die Beklagte am 03.03.2009 912,93 € an ihn zahlte und ihn mit Schreiben gleichen Datums unter Bezugnahme auf einen beigefügten DEKRA-Prüfbericht vom 18.02.2009 auf eine kostengünstigere Reparaturmöglichkeit in zwei ausdrücklich benannten freien Reparaturwerkstätten verwies; zwei Monate später - mit Schreiben vom 15.04.2009 - wies sie ihn zusätzlich auf eine in der markengebundenen Fachwerkstatt der Daimler Benz AG in Q gegebene kostengünstigere Reparaturmöglichkeit hin.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Beklagte den Kläger jedenfalls auf die zu günstigeren Konditionen mögliche Reparatur seines Fahrzeugs in einer Werkstatt der Daimler Benz AG verweisen dürfe, was auch mit Blick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – gelte.

    Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird nach Maßgabe des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

    Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er macht geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Geschädigte seiner Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrundelegen dürfe, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt habe und sich nicht auf günstigere Reparaturkostenpreise verweisen lassen müsse, die auf Sondervereinbarungen der Beklagten mit einer Werkstatt beruhten. Dies ergebe sich eindeutig aus der vom Amtsgericht zitierten und von diesem falsch verstandenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2009. Auch bei den Preisen der Firma O Car Service (im Folgenden: Firma O handele es sich nicht um deren übliche Preise, sondern um Sonderkonditionen aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten. Diese Preise müsse er sich nicht entgegenhalten lassen. Es liege in der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, ob und wie er sein Fahrzeug repariere bzw. reparieren lasse.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

    Die vom Amtsgericht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO zugelassene und auch im übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

    Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

    Zwar ist entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Verweisung auf günstigere Reparaturmöglichkeiten, die auf einer Sondervereinbarung des Versicherers mit einer Werkstatt beruhen, als unzulässiger Eingriff in die Dispositionsbefugnis des Geschädigten anzusehen, weshalb sich eine solche Reparaturmöglichkeit als unzumutbar darstellt. Dies hat der Bundesgerichtshof der Entscheidung vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – nachfolgend nochmals in seiner Entscheidung vom 22.06.2010 - VI ZR 337/09 - klargestellt. Hiernach ist der Verweis der Beklagten auf eine zu günstigeren Konditionen mögliche Reparatur des unfallbeschädigten Fahrzeugs in der Werkstatt der Daimler Benz AG in Q unzulässig.

    Allerdings rechtfertigt sich die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der im Gutachten des KfZ-Sachverständigenbüros A mit einem Nettobetrag von 1.098,03 € abgerechneten Reparaturkosten um 184,10 € im Hinblick auf die zu entsprechend günstigeren Konditionen bei der Firma O mögliche Reparatur, auf die die Beklagte den Kläger mit dem mit Schreiben vom 03.03.2009 übermittelten DEKRA-Prüfbericht vom 18.02.2009 ausdrücklich hingewiesen hat, in dem die Preise der Firma O im einzelnen ausgewiesen und zugleich die maßgeblichen Qualitätskriterien aufgeführt sind, aus denen sich die Gleichwertigkeit der Reparatur in der freien Werkstatt ergibt.

    In mehreren Entscheidungen hat inzwischen der Bundesgerichtshof grundsätzlich Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann und unter welchen Voraussetzungen er sich auf günstigere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen muss ( vergl. BGH, Urteil vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09, VersR 2010, 923; BGH, Urteil vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09, VersR 2010, 1380). Danach kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht markengebundenen Werkstatt verweisen, wenn eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandart her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, die günstigere Reparaturmöglichkeit mühelos und ohne weiteres zugänglich ist und der Geschädigte auch sonst keine – ggf. vom Schädiger zu widerlegenden - Umstände aufzeigt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.

    Hierbei gehört es zum mühelosen Zugang zu einer günstigeren gleichwertigen Reparaturmöglichkeit, dass der Geschädigte ohne Mühe und ohne eigene Recherche erkennen kann, dass die Reparatur in der freien Werkstatt gleichwertig ist ( vergl. LG Krefeld, Urteil vom 18.03.2010 – 3 S 30/09 – zit. n. Juris). Der Geschädigte muss in die Lage versetzt werden, die Gleichwertigkeit der alternativ vorgeschlagenen Instandsetzung in der nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu überprüfen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008 – 1 U 246/07 – Rdnr. 55 – zit. n. Juris), wobei er als Herr des Restitutionsgeschehens zur Entfaltung einer erheblichen eigenen Überprüfungsinitiative nicht verpflichtet ist. Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer hat dem Geschädigten demnach schon vorprozessual bzw. zu einem Zeitpunkt zu dem der Geschädigte auf der Grundlage des von ihm eingeholten Schadengutachtens seine Dispositionsentscheidung trifft, die maßgebenden Qualitätskriterien mitzuteilen, aus denen sich die Gleichwertigkeit der Reparatur in der freien Werkstatt ergibt (OLG Düsseldorf a.a.O.; LG Krefeld a.a.O.).

    Dies ist vorliegend in ausreichendem Maße mit dem Abrechnungsschreiben bzw. dem diesem beigefügten DEKRA-Prüfbericht geschehen, in dem der DEKRA-Sachverständige C festgestellt hat: "… Es handelt sich um eine KFZ-Meisterwerkstatt, die auf Karosserie- und Lackierarbeiten spezialisiert ist, die Erfahrung in der Reparatur von Unfallfahrzeugen besitzt und eine fachgerechte Instandsetzung nach Herstellervorgaben nach dem neuesten Stand der Reparaturtechnik gewährleistet. Der Referenzbetrieb ist zertifiziert und gibt auf seine Reparaturleistungen eine Garantie. Der Betrieb verwendet bei der Reparatur Originalersatzteile. … Entfernung zum Anspruchsteller: 5 – 10 KM. …". Dem Kläger sind damit gemäß den hieran von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellten Anforderungen (vergl. BGH, Urteil vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09, VersR 2010, 923 und BGH, Urteil vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09, VersR 2010, 1380) die maßgeblichen bei der Firma O vorliegenden Qualitätskriterien – von einer unabhängigen Prüforganisation bestätigt – dargelegt worden, so dass ihm auch eine eigene Gleichwertigkeitsprüfung ohne weiteres möglich war.

    Auf dieser Grundlage ist nach dem im Rahmen des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB anwendbaren § 287 ZPO davon auszugehen, dass die Firma O, für den Kläger mühelos zugänglich, den streitgegenständlichen Unfallschaden genauso kompetent beheben kann wie eine markengebundene Vertragswerkstatt, zumal es sich bei dem konkreten Schaden um einen reinen Karosserieschaden handelt, der in seinem Ausmaß auch noch als Bagatellschaden zu bewerten ist und es nicht ersichtlich ist, dass es für dessen Behebung besonderer Erfahrungen mit der konkreten Automarke bedarf.

    Der Kläger ist den Angaben im DEKRA-Prüfbericht zum Qualitätsstandard der darin ausgewiesenen Referenzwerkstätten nicht konkret entgegen getreten. Das in erster Instanz erfolgte Aufwerfen von Fragen wie, wie lange die Firma O bereits Unfallfahrzeuge repariert, welche Qualifikation sie aufweist, wie lange die Garantie sein soll und wie überhaupt die Garantie gewährt werde, stellt kein beachtliches Bestreiten der Gleichwertigkeit der Reparatur bei der Firma O dar; auch die Frage, ob die Firma O zertifiziert ist und wofür, ist als Bestreiten der im vorliegenden DEKRA-Prüfbericht bestätigten Zertifizierung als eine KFZ-Meisterwerkstatt, die auf Karosserie- und Lackierarbeiten spezialisiert ist, mangels hinreichender Substanz unbeachtlich. Darauf, ob die Firma O sämtliches Spezialwerkzeug aller Automarken vorrätig hält und ob alle Mitarbeiter ständig bei den Herstellern geschult werden, so wie die Mitarbeiter einer Fachwerkstatt regelmäßig geschult werden, was der Kläger mit Nichtwissen bestritten hat, kommt es für die Frage der Gleichwertigkeit insbesondere der hier in Rede stehenden Reparaturarbeiten nicht an.

    Dass bei der Firma O lediglich die in dem DEKRA-Bericht ausgewiesenen Kosten für die Reparatur seines PKW anfallen, hat der Kläger nicht bestritten.

    Die erstmals im Berufungsverfahren von ihm aufgestellte Behauptung, dass auch deren Preise auf Sondervereinbarungen mit der Beklagten beruhten, stellt sich entsprechend dem Einwand der Beklagten als nicht zu berücksichtigende Behauptung ins Blaue hinein dar. Der Kläger hat – auf den dahingehenden Einwand der Beklagten - keinerlei Angaben dazu gemacht, wie er von einer solchen Vereinbarung Kenntnis erlangt haben will oder dazu, wann eine solche Vereinbarung durch welche Personen getroffen worden sein soll.

    Der Kläger hat schließlich auch sonst keine Umstände aufgezeigt, die es ihm im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unzumutbar machen könnten, sich auf die auch angesichts der geringen Entfernung zu ihm mühelos und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit bei der Firma O als nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Vielmehr ist festzustellen, dass der PKW Mercedes Benz des Klägers im Unfallzeitpunkt bereits acht Jahre alt war, so dass im Rahmen der Zumutbarkeit Gesichtspunkte wie Gewährleistung, Garantie und Kulanz keine Rolle spielen. Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dass das Fahrzeug vor dem Unfall stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet oder repariert worden wäre

    Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    Anlass die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

    Berufungsstreitwert: 184,10 €

    RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriften§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO § 511 Abs. 4 ZPO