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  • 13.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121751

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 29.08.2011 – I-13 U 61/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Hamm

    I-13 U 61/11

    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.02.2011 verkündete Urteil der 3. Zivil­kammer des Landgerichts Paderborn teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.719,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2010 zu zahlen.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwalts­kosten in Höhe von insgesamt 1.003,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2010 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    G r ü n d e :

    Die Berufung des Klägers ist im Wesentlichen begründet.

    1.

    Erfolg hat die Berufung zunächst einmal insoweit, als sich der Kläger dagegen wen­det, dass das Landgericht im Rahmen der Abwägung der Schadensverursachungs­beiträge gem. § 254 BGB eine Anspruchskürzung um 20 % berücksichtigt hat, weil die vom Pkw des Klägers ausgegangene Betriebsgefahr bei der Entstehung des Schadens an dem Pkw mitgewirkt hat. Richtig ist zwar, dass der Umfang des Schadens unter anderem dadurch beeinflusst worden ist, dass sich der Pkw in Bewegung befand, als der als Straßensperre dienende versenkbare Poller an der Zufahrt zum Park der Beklagten während der Aufwärtsbewegung gegen die Unter­seite des Pkw des Klägers stieß.

    Die Bedeutung der einfachen, durch keinerlei Fehlverhalten des Fahrers gesteigerten Betriebsgefahr des Pkw für die Schadensentstehung erachtet der Senat jedoch als so gering, dass sie im Rahmen der Abwägung vollständig hinter dem von Seiten der Beklagten zu verantwortenden Schadensverursachungsanteil zurücktreten muss. Denn der Schadenshergang ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Land­gerichts, die gem. § 529 ZPO auch der Entscheidung im Berufungsverfahren zugrunde zu legen sind, maßgeblich durch Umstände geprägt, die den Eintritt eines Schadens besonders nahe legten und der Beklagten auch hätten bekannt sein müs­sen. Es war nämlich technisch möglich und hat sich nach der unwiderlegten Darstel­lung des Klägers auch so zugetragen, dass sich der Poller unmittelbar vor bzw. unter dem Pkw anhob, und zwar zu einem Zeitpunkt, als sich die Stelle, an der der Poller in der Fahrbahn versenkt war, bereits außerhalb des Sichtfeldes des Pkw-Fah­rers befand. Darüber hinaus strahlte das Lichtsignal noch nicht Rotlicht sondern noch Grünlicht ab, als sich der Kläger als Fahrer seines Pkw entschloss, die Sperr­anlage zu passieren. Auf die aus diesen technischen Abläufen resultierende besondere Gefahr hatte die Beklagte nicht einmal durch eine entsprechende Beschilderung aufmerksam gemacht. Insgesamt bleibt unter den gegebenen Umständen unklar, wie sich ein Pkw-Fahrer in der Situation des Klägers vor der aus der Sperranlage her­vorgegangenen speziellen Gefahr wirksam hätte schützen können. Jedenfalls aber ist es sachgerecht, im Ergebnis von einer Alleinverantwortlichkeit der Beklagten aus­zugehen.

    2.

    Zu dem Schaden, den die Beklagte dem Grunde nach somit in vollem Umfang zu tragen hat, gehören unter anderem die Rechtsverfolgungskosten, die dadurch ent­standen sind, dass der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt mit seiner Kasko­versicherung korrespondiert, den Schaden gemeldet und darum gebeten hat, die Regulierung des Versicherungsfalles im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Beklagten zunächst zurückzustellen. Der Senat folgt der Rechtsprechung, die in der­artigen Rechtsanwaltskosten einen erstattungsfähigen Schaden sieht (vgl. dazu BGH NJW 2005, 1112; 2006, 1065; OLG Hamm MDR 1983, 315). Die Konsultation eines Rechtsanwalts erachtet der Senat unter den gegebenen Umständen auch als erforderlich, zumal es galt, einen eventuellen Rückstufungsschaden zu vermeiden. Schließlich scheitert die Erstattungsfähigkeit dieser Schadensposition nicht am Feh­len einer selbständigen Angelegenheit im Sinne des Gebührenrechts. Vielmehr han­delt es sich um verschiedene Angelegenheiten, wenn sich wie in der vorliegenden Sache der mit der Schadensregulierung beauftragte Rechtsanwalt zum einen an den Schädiger und zum anderen vorsorglich auch an den eigenen Kaskoversicherer des Mandanten wendet (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 15 RVG Rn 47 „Versicherung“; AG Herne AGS 2009, 211).

    3.

    Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 291 ZPO. Die prozessualen Nebenfolgen ergeben sich aus §§ 92, 543, 708 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisions­zulassung liegen nicht vor.