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  • 13.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121122

    Amtsgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 19.04.2011 – 31 C 2331/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    AG Frankfurt
    Entscheidungsdatum: 19.04.2011
    Aktenzeichen: 31 C 2331/10

    Urteil

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand

    Die Klägerin, ein bundesweit tätiges Autovermietungsunternehmen, ist Eigentümerin des Pkw Audi A4 mit amtlichem Kennzeichen .... Die Erstzulassung erfolgte am 26.05.2008.

    Bereits am 15.07.2008 war das Fahrzeug in einen Verkehrsunfall mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug mit Kennzeichen ... verwickelt.

    Die vollumfängliche Einstandspflicht der Beklagten für die aus dem Unfall resultierenden Schäden steht zwischen den Parteien außer Streit; die Klägerin begehrt vorliegend lediglich restlichen Schadensersatz.

    Laut Gutachten der ... Gutachtenzentrale vom 05.08.2008 sind zur Reparatur des beschädigten Fahrzeugs EUR 9.547,67 netto erforderlich. Die Beklagte zahlte hierauf EUR 8.705,67; der Differenzbetrag ist die Klageforderung und macht knapp 9 % des insgesamt zur Reparatur erforderlichen Betrages aus.

    Vorgerichtlich verweigerte die Beklagte die weitere Zahlung, da sie der Auffassung war, dass sich die Klägerin auf eine einer Vertragswerkstatt gleichwertige freie Fachwerkstatt, welche sie in ihrem Regulierungsschreiben vom 14.11.2008 konkret benannte, verweisen lassen müsse, was zu entsprechend reduzierten Reparaturkosten führe.

    Unstreitig bestehen zwischen der Klägerin und den Reparaturwerkstätten, die sie beauftragt, Rahmenverträge, aufgrund derer der Klägerin Rabatte zustehen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagtenseite sind Rabatte bis zu 35 % marktüblich.

    Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 31.08.2008 zur Zahlung bis zum 05.12.2008.

    Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe der Restbetrag ungekürzt zu. Etwaige von ihr in Anspruch genommene Rabatte seien nicht schadensmindernd anzurechnen; diese sollten ihr, nicht dem Schädiger zukommen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 842,09 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2008 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte vertritt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 22.06.2009, Az. 1 U 13/09, die Auffassung, dass die Klägerin sich diese Rabatte anrechnen lassen müsse, da ansonsten gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen werde.

    Hilfsweise bezieht sich die Beklagte darauf, dass sich die Klägerin auf eine günstigere nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen lassen müsse.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine weiteren Ansprüche aus §§ 7, 18, 17 StVG, 115 Abs. 1 VVG wegen des Unfalls vom 15.07.2008 zu. Diese sind durch die bereits geleisteten Zahlungen bereits reguliert.

    Denn zwischen den Parteien ist es unstreitig geblieben, dass die Klägerin Rahmenverträge mit den von ihr regelmäßig in Anspruch genommenen Werkstätten unterhält, so dass sie bei Inanspruchnahme der Leistungen dieser Werkstätten Rabatte erhält. Zwar hat die Klägerin zur Höhe dieser Rabatte nichts vorgetragen, hat jedoch den Vortrag der Beklagtenseite, wonach diese Rabatte bis zu 35 % des nicht rabattierten Rechnungsbetrages erreichen könnten, nicht in Abrede gestellt. Die Kürzung der Reparaturrechnung um knapp 9 % ist daher im Rahmen der richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO jedenfalls nicht überhöht.

    Die Frage, ob Rabatte, die nach einem Verkehrsunfall dem Geschädigten von Dritten eingeräumt werden, wird in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt.

    Ein Großteil der Rechtsprechung argumentiert, dass es sich in diesen Fällen um Vorteile handelt, die der Dritte dem Geschädigten einräumen wili, welche nicht dem Schädiger zugute kommen sollten.

    So entschied das OLG Frankfurt, NZV 1994, 478, dass es sich bei einem Mengenrabatt, den ein Fahrzeugverkäufer seinem Kunden einräume um eine freiwillige Leistung eines Dritten handele, die nach ihrem Sinn und Zweck den Kunden, nicht aber im Schadensfall den Schädiger entlasten bzw. begünstigen solle.

    Das AG Kiel, 113 C 458/04 (zitiert nach juris), vertrat die Auffassung, auch ein typischerweise den Eigentümern beschädigter Taxifahrzeuge eingeräumter Rabatt sei nicht schadensmindernd anzurechnen, da nicht feststünde, dass der Geschädigte diesen Nachlass jederzeit in zumutbarer Weise erhalt.

    Das Amtsgericht München, Urteil vom 07.07.2010, Az. 334 C 33973/09 führte für den Fall eines Großkundenrabattes bei einer Ersatzbeschaffung mit gleichlautenden Argumenten aus, der Rabatt solle den Großkunden, nicht den Schädiger begünstigen.

    Die entgegengesetzte Auffassung vertritt das OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.06.2009, Az. 1 U 13/09, welches die Problematik in dogmatischer Hinsicht beim Prüfungspunkt der Erforderlichkeit des vom Sachverständigen ermittelten Schadensbetrages verortet. Das OLG Karlsruhe führt hierzu aus, dass der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen könne, für den das Schätzungsgutachten eines anerkannten Kfz-Sachverständigen zur Höhe der voraussichtlichen Reparaturkosten eine sachgerechte Grundlage für das Gericht sein könne.

    Vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, des Wirtschaftlichkeitsgebotes und des schadensrechtlichen Bereicherungsverbotes habe sich der Geschädigte einen Rabatt, wie ihn auch hier die Klägerin in Anspruch nimmt, anrechnen zu lassen, Auch die in § 254 Abs. 2 BGB verankerte Schadensgeringhaltungspflicht sei zu berücksichtigen. Zwar sei der Geschädigte nicht verpflichtet, überobligationsmäßige Anstrengungen im Interesse des Schädigers zu unternehmen, wohl aber dazu, handelsübliche Rabatte oder aber solche, die ihm ohne jeglichen Verhandlungsaufwand offen stehen, wahrzunehmen. Das überstiege nicht die Grenze des Zumutbaren, vgl. OLG Karlsruhe a.a.O. m.w.N.

    Das erkennende Gericht schließt sich ausdrücklich der Auffassung des OLG Karlsruhe an. Zur Untermauerung kann auch das Porsche-Urteil des BGH (Urteil vom 29.04.2003, Az VI ZR 398/02) herangezogen werden. Wenn sich der Geschädigte im Rahmen fiktiver Abrechnung schon die Kürzung des Schadensersatzes auf den Betrag gefallen lassen muss, der bei Reparatur in einem dem Geschädigten unter Umständen nicht bekannten Reparaturbetrieb anfallen würde, dann muss erst recht der Verweis auf die Kosten bei Reparatur in einem Betriebe möglich sein, mit denen der Geschädigte Rahmenvereinbarungen getroffen hat, die schließlich vermuten lassen, dass die Reparatur tatsächlich in diesen Betrieben durchgeführt wird. Ein höherer Betrag ist nämlich zur Schadensbehebung bei diesem Geschädigten nicht erforderlich. Der Geschädigte muss sich in einem solchen Fall auch gerade nicht bemühen, einen Rabatt zu erhalten, sondern braucht nur das zu tun, was er auch getan hätte, wenn der Schaden an seinem Fahrzeug nicht fremd- sondern eigenverschuldet entstanden wäre: Nämlich das Fahrzeug in die Werkstatt geben. Der Rabatt wurde nämlich in dieser Konstellation bereits vor dem Schadensfall ausgehandelt, auf ihn besteht in diesem konkreten Fall (in Abweichung zu dem Fall, über den das AG Kiel in seiner oben zitierten Entscheidung zu befinden hatte) ein Anspruch.

    Es überzeugt gerade bei Unternehmen, die wie die Klägerin über einen so großen Fuhrpark verfügen, dass sie solche Rabattverträge schließen können, nicht, von einer Privilegierung des Schädigers zu sprechen. Vielmehr stellte die entgegengesetzte Entscheidung eine systematische Privilegierung des Geschädigten dar, der von jedem einzelnen Schadensfall, für den ein anderer einstandspflichtig ist, profitieren würde. Sachliche Gründe hierfür sind nicht ersichtlich.

    Vergleichend kann auch auf die Fälle hingewiesen werden, in denen - gleichfalls auch im Rahmen fiktiver Schadensabrechnung - der Geschädigte über eine eigene Reparaturwerkstatt verfügt, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine solche für Reparaturen des eigenen Fuhrparks oder um eine solche für gewerbsmäßige Fremdreparaturen handelt. In diesem Fall hat der Geschädigte nach überwiegend vertretener Auffassung in der Rechtsprechung lediglich Anspruch auf Ersatz seiner Selbstkosten, ein Gewinnanteil wird aus den Kosten herausgerechnet, vgl. BGH, Urteil vom 03.02.1961, Az. 178/59; OLG Nürnberg, Urteil vom 26.06.1970, Az. 1 U 118/69; Ag Münster, Urteil vom 14.02.1996, Az. 29 C 661,95.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff 11, 711 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 BGB, § 254 Abs 2 BGB