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  • 18.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120122

    Amtsgericht Hildesheim: Urteil vom 26.01.2007 – 49 C 118/06

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Hildesheim
    Geschäfts-Nr.: 49 C 118/06
    Im Namen des Volkes
    Urteil
    Verkündet am: 26.01.2007
    In dem Rechtsstreit XXX
    hat die 49. Zivilabteilung des Amtsgerichts Hildesheim auf die mündliche Verhandlung vom 05.01.2007 durch den Richter am Amtsgericht ... für Recht erkannt:
    1.
    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 376,95 Euro sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 47,50 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz aus den genannten Beträgen seit dem 12.10.2005 zuzahlen.
    2.
    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leistet.
    4.
    Die Berufung wird gem. § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie eine einheitliche Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.
    Tatbestand:
    Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung ihres Pkws aus einem Verkehrsunfall gegen die Beklagte als Pflichtversicherer des Unfallgegners geltend. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Die Klägerin rechnete den Schaden in Form der Reparaturkosten ab auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigenbüro ... vom 30.08.2005 (Bl. 6 ff. d. A.), auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Nach dem Gutachten erforderte die Reparatur der Fahrzeugschäden Arbeiten und Material im Gesamtwert von 3.412,68 Euro netto, einschließlich Fahrzeugverbringungskosten in Höhe von 90,- Euro und Ersatzteilen im Wert von 2.224,68 Euro netto. Das Gutachten wies für den Fall der Reparatur auf Grundlage eines Umsatzsteuersatzes von 16% weiter eine Umsatzsteuer in Höhe von 546,03 Euro sowie ein Gesamtbruttobetrag von 3.958,71 Euro aus. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges betrug ausweislich des Gutachtens 11.050,- Euro brutto. Die Klägerin ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
    In der Folge führte die Klägerin die Reparatur teilweise durch bzw. ließ diese teilweise durchführen und bezog hierzu von der Firma Autohaus ... Ersatzteile im Wert von 1.815,89 Euro brutto. Ausweislich der vorgelegten Rechnung des Autohauses vom 05.09.2005 (Bl. 19 d. A.) entfiel auf die Rechnungssumme von 1.815,89 Euro ein Umsatzsteuerbetrag von 250,47 Euro. Darüber hinaus erwarb die Klägerin 2 Reifen bzw. ließ diese erneuern, wofür sie ausweislich der Rechnung der Firma ... (Bl. 20 a. A.) im Rahmen des Endbetrages von 264,48 Euro Umsatzsteuer von 36,48 Euro zahlte.
    Die Klageforderung in Höhe von 376,95 Euro setzt sich zusammen aus den drei Positionen Verbringungskosten (90,- Euro netto) sowie Umsatzsteuer für die Ersatzteile (250,47 Euro und Reifen (36,48 Euro
    Die Beklagte, die mit Anwaltsschreiben der Klägerin vom 4.10.2005 unter Fristsetzung bis zum 11.10.2005 zur Zahlung aufgefordert wurde, lehnte die Regulierung insoweit ab. Die Parteien streiten über die Ersatzfähigkeit der genannten Position und die Zulässigkeit einer Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung.
    Die Klägerin meint,
    auch bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis seien die vom Gutachter ermittelten Verbringungskosten erstattungsfähig. Darüber hinaus sei die im Rahmen der teilweise durchgeführten Reparatur angefallene und tatsächlich gezahlte und belegte Umsatzsteuer zu erstatten. Insofern liege keine unzulässige Kombination fiktiver und konkreter Abrechnung vor. Sie bezieht sich hierzu auch auf die neuste Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. v. 17.10.2006 - VI ZR 249/05), die sie für übertragbar hält.
    Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 376,95 Euro sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 47,50 Euro jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über den Basiszinssatz seit dem 12.10.2005 zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen. Die Beklagte meint, so genannte Verbringungskosten seien nicht erstattungsfähig, auch nicht für den Fall der Abrechnung des Schadens auf Gutachtenbasis. Weiter ist sie der Auffassung, dass der Klägerin die geltend gemachten Umsatzsteueranteile aus den vorgelegten Rechnungen nicht zustünden. Eine Instandsetzung des Unfallfahrzeuges der Klägerin sei nicht nachgewiesen/belegt. Im Übrigen sei eine Verbindung von konkreter und fiktiver Abrechnung nicht zulässig (vgl. Bl. 32 d. A.).
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der von beiden Seiten beantragten Zulassung der Berufung zum Landgericht wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.01.2007 Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist begründet.
    I.
    Die Klägerin kann im Rahmen ihres dem Grunde nach unstreitigen Schadensersatzanspruchs aufgrund von § 249 Abs. 2 BGB von der Beklagten die Zahlung eines Betrages in Höhe von 376,95 Euro verlangen entsprechend der Summe des Betrages der vom Gutachter geschätzten und von der Beklagten nicht erstatteten Verbringungskosten (90,- Euro netto) sowie der als Umsatzsteuer für die Ersatzteile (250,47 Euro) und für die Reifen (36,48 Euro) aufgewandten Beträge.
    1. Die Klägerin hat gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB über den bereits regulierten Betrag hinaus weiter einen Anspruch auf Ersatz der vom Gutachter im Rahmen der Schadensbemessung berücksichtigten 90,- Euro netto für Verbringungskosten, um den die Beklagte den Erstattungsbetrag gekürzt hatte. Auch bei Abrechnung auf Gutachtenbasis sind grundsätzlich Nebenkosten der Reparatur wie Aufschläge für Ersatzteile (sogenannte UPE-Aufschläge) sowie die hier streitgegenständlichen Verbringungskosten ersatzfähig, soweit diese bei Durchführung der tatsächlichen Reparatur anfielen (vgl. hierzu Amtsgericht Hamm, Urteil vom 28.08.2005 - 16 C 139/05 = NZV 2005, 649; AG Hattingen, Urteil vom 18.01.2005 - 7 C 157/04 = Schaden-Praxis 2005, 130 = ZfS 2005, 339; AG Saarbrücken, Urteil vom 23.02.2005 - 3 C 291/04 =
    Schaden-Praxis 2005, 238, LG Aachen, Urteil vom 07.04.2005 - 6 S 200/04 = Schaden-Praxis 2005, 415 = NZV 2005, 649). Insofern schließt sich das Gericht der in den genannten Entscheidungen dargelegten Argumentation an. Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung im vorliegenden Bezirk sind nicht erkennbar.
    Lediglich ergänzend und auch mit Blick auf die hier weiter interessierende Frage der Kombination fiktiver und konkreter Abrechnung sei darauf hingewiesen, dass bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis sowohl dem Geschädigten, wie auch dem Schädiger das "Herauspicken" einzelner Positionen ("Rosinentheorie") grundsätzlich untersagt ist. Denn ein Schadensgutachten beruht auf Schätzungen hinsichtlich der einzelnen Positionen, die im Einzelfall nach oben und unten von den bei Durchführung der Reparatur für die einzelnen Positionen tatsächlich in Rechnung gestellten Beträgen abweichen mögen, in ihrer Summe jedoch eine tragfähige Grundlage zur Bemessung der gesamten Reparaturkosten und damit des gesamten Reparaturaufwandes und Schadens bilden. Dem Geschädigten ist es deshalb verwehrt, einzelne Positionen des Gutachtens herauszugreifen und an ihre Stelle Positionen aus tatsächlich angefallenen Reparaturrechnungen zu setzen, die höher ausgefallen sind. Ebenso wie dem Geschädigten diese unzulässige Kombination der konkreten Abrechnung auf Reparaturkostenbasis und der fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis verwehrt ist, so ist es aber auch dem Schädiger bzw. dessen Versicherer grundsätzlich verwehrt, sich einzelne Positionen herauszugreifen, solange er nicht darlegt, dass infolge einer Mangelhaftigkeit des Gutachtens der insgesamt gutachterlich ermittelte Nettoreparaturaufwand unzutreffend ist. Dass das streitgegenständliche Gutachten jedoch mangelhaft wäre und bei Durchführung einer tatsächlichen Reparatur ein geringerer als der vom Gutachter ermittelte Reparaturkostenbetrag angefallen wäre, trägt jedoch auch die Beklagte nicht vor.
    2. Die Klägerin kann hier auch Ersatz der geltend gemachten Umsatzsteuerbeträge gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB verlangen. Sofern in der Geltendmachung der tatsächlich angefallenen Umsatzsteuerbeträge bei Abrechnung auf Gutachtenbasis im Übrigen überhaupt die Kombination einer fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis und einer konkreten Abrechnung auf Reparaturkostenbasis liegen sollte, wäre diese jedenfalls nicht unzulässig. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) und der Intention des Gesetzgebers auch im Falle der Abrechnung auf Gutachtenbasis der tatsächlich - z. B. bei teilweiser oder in Eigenarbeit durchgeführter Reparatur - angefallene Umsatzsteuerbetrag vom Schadensersatzanspruch der Klägerin erfasst, weil dieser und soweit dieser angefallen ist. Dies gilt hier insbesondere auch mit Blick darauf, dass der tatsächlich angefallene Umsatzsteuerbetrag und die tatsächlich angefallenen Netto-Materialkosten sich innerhalb des durch das fiktive Gutachten gezogenen Rahmens bewegen und diesen nicht überschreiten.
    Dazu im Einzelnen:
    Bei Fällen der vorliegenden Art, in denen der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges die anfallenden Reparaturkosten übersteigt, kann der Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung nach seiner Wahl auf Gutachtenbasis die fiktiven Reparaturkosten abrechnen bzw. auf Basis der konkreten Rechnungen den tatsächlich zur Schadensbeseitigung angefallenen Aufwand abrechnen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine Kombination der beiden Abrechnungsmethoden auch nicht in jedem Fall unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.2003 - VI ZR 361/02 = NJW 2003, 3480; BGH Urt. v. 30.05.2006 - VI ZR 174/05 = NJW 2006, 2320; Heß NZV 2004, 1 [zu II]). So ist der Geschädigte insbesondere nicht gehindert, an die Stelle des gutachterlich geschätzten Restwertes auch bei Abrechnung auf Gutachtenbasis einen tatsächlich erzielten (geringeren) Restwert zu setzen (vgl. BGH Urt. v. 30.05.2006 - VI ZR 174/05 = NJW 2006, 2320 [zu II. 1.]). Er kann auch solche Nebenkosten als Schaden geltend machen, die der zugrunde gelegten fiktiven Schadensabrechnung nicht widersprechen (einer fiktiven Abrechnung widersprechen z. B. Mietwagenkosten, die in dieser Höhe wegen der kürzeren Dauer der gutachterlich zugrunde gelegten Reparatur nicht angefallen wären, BGH, Urt. v. 15.07.2003 - VI ZR 361/02 = NJW 2003, 3480 [zu II. 2], oder eine Reparatur zu höheren Preisen als den gutachterlich zugrunde gelegten) und nicht bereits Inhalt des fiktiv ermittelten Schadensbetrages sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.05.2006 - VI ZR 174/05 = NJW 2006, 2320 [II. 2.]). Diese Möglichkeit besteht insbesondere auch in den Fällen, in denen der Geschädigte die Reparatur nur teilweise oder selbst durchführt und auf Gutachtenbasis fiktiv abrechnet. Soweit er die Reparatur aufgrund seiner Dispositionsfreiheit unterlässt, fällt keine Umsatzsteuer an, weswegen der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit auch nur die gutachterlich ermittelten Nettobeträge verlangen kann. Führt er jedoch eine Teilreparatur durch, kann er - zumindest solange die Arbeiten und das Material sich im Rahmen der vom Gutachter zugrunde gelegten Reparatur halten - die für diesen Teil tatsächlich angefallene Umsatzsteuer auf Basis der vorzulegenden Belege verlangen (ebenso Heß NZV 2004, 1 [II. 2. b)]; Schubert in: Beck'scher Online-Kommentar, BGB, Stand 01.09.2006, § 249 Rn. 217 a. E./Rn. 220 unter Hinweis darauf, dass durch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB das Gesetz die fiktive Schadensabrechnung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB korrigiere, so dass in diesem Punkt wieder eine konkrete Schadensberechnung erfolge und eine Bereicherung des Geschädigten vermieden werde). Das folgt schon aus dem Wortlaut des Gesetzes (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB:. "... wenn und soweit ..."), aber auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung und dem Willen des Gesetzgebers. So verweist der § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde liegende Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften (BT-Drucks 14/7752) in seiner Begründung gerade auf den - hier einschlägigen - Fall, dass der Geschädigte die Reparatur nur teilweise und/oder selbst durchführt und Umsatzsteuer für Ersatzteile aufwendet, im Übrigen aber auf Gutachtenbasis abrechnet und insoweit die Nettobeträge verlangt, und führt dazu unter anderem aus:
    "... Im Einzelnen bedeutet die Neuregelung für die verschiedenen Dispositionsmöglichkeiten des Geschädigten Folgendes:
    Wenn für eine Reparatur des Sachschadens Umsatzsteuer anfällt, ist diese in vollem Umfang zu ersetzen. Damit entstehen einem Geschädigten, der seine beschädigte Sache durch eine Fachwerkstatt oder einen anderen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer reparieren lässt, gegenüber der derzeitigen Rechtslage keine Nachteile. Neu ist für ihn lediglich, dass er im Bestreitensfalle nachzuweisen hat, dass die von ihm geforderte Umsatzsteuer zur Reparatur auch tatsächlich angefallen ist. Dazu genügt bei durchgeführter Reparatur die Vorlage einer entsprechenden Rechnung. Entscheidet sich der Geschädigte dafür, die beschädigte Sache außerhalb einer Fachwerkstatt oder eines umsatzsteuerpflichtigen Unternehmens zu reparieren, sei es durch Eigenleistung, sei es unter Zuhilfenahme fremder Arbeitsleistung, erhält er die Umsatzsteuer genau in der Höhe ersetzt, in der sie zur Reparatur angefallen ist: Kauft er z. B. die zur Reparatur erforderlichen Ersatzteile und ist im Kaufpreis Umsatzsteuer enthalten, repariert die beschädigte Sache aber selbst, so kann er die Ersatzteilkosten in dem nachgewiesenen Umfang vollständig, also unter Einschluss der Umsatzsteuer, die Arbeitskosten indes nur in dem nach Satz 2 reduzierten Umfang ersetzt verlangen ..."
    (BT-Drucks 14/7752, S. 23)
    "... In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschriften hat. Auch wenn der Geschädigte das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wählt, der den geringeren Aufwand erfordert, so verliert er damit nicht den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfällt. Sein Anspruch ist jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei dem wirtschaftlich günstigeren Weg angefallen wäre:" (BT-Drucks 14/7752, S. 24).
    Ob der Geschädigte danach Ersatz der tatsächlich angefallenen Umsatzsteuer nur bis zu der Höhe verlangen kann, wie sie auch bei Durchführung der nach dem Gutachten durchzuführenden Reparatur angefallen wäre, insbesondere nur bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages auf die vom Gutachter zugrunde gelegten Netto-Preise, wenn er diese weiter seiner Schadensberechnung zugrunde legt und auf Gutachtenbasis abrechnet, kann hier offen bleiben, weil nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin Leistungen oder Material zu öheren Preisen erworben hätte und hier über das Gutachten hinausgehende Beträge von der Klägerin geltend gemacht werden.
    Jedenfalls hat die Klägerin nach dem oben Dargestellten trotz Abrechnung der Reparaturkosten auf Gutachtenbasis im Übrigen Anspruch auf Ersatz der für die Ersatzteilbeschaffung angefallenen Umsatzsteuer, zumindest solange diese für Material und Leistungen aufgewandt worden ist, die auch nach dem Gutachten zum erforderlichen Reparaturaufwand gehörten.
    Auch die neuste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die sich auch die Klägerin beruft, deutet darauf hin, dass eine solchen Kombination fiktiver und konkreter Schadensabrechnung - solange sich diese nicht widersprechen - zulässig ist. Der Bundesgerichtshof hat nämlich in Fortführung seiner neueren Rechtsprechung entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - VI ZR 249/05 = NJW 2007, 67) dass der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte, der seinen Fahrzeugschaden gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zunächst auf der Grundlage des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungsaufwandes abrechnet, an dieser Art der Abrechnung nicht ohne weiteres gebunden ist. Er kann - im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung - die höheren Kosten einer nunmehr tatsächlich durchgeführten Reparatur des beschädigten Fahrzeuges verlangen, sofern sich nicht aufgrund der konkreten Umstände des Regulierungsgeschehens etwas Abweichendes ergibt.
    Nichts anderes kann aber - vorbehaltlich der oben dargestellten verbotenen "Rosinentheorie" - gelten, wenn die Forderungen nicht sukzessiv, sondern gleichzeitig geltend gemacht werden, etwa weil der Geschädigte die Reparatur nur teilweise durchführt und diesen Teil konkret, im Übrigen aber fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnet. Erst recht ist der Geschädigte nicht gehindert, bei Beibehaltung der Abrechnung auf Gutachtenbasis - wie im vorliegendem Fall - nur die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer gesondert geltend zu machen. Insofern setzt er sich nicht in Widerspruch zu dem Gutachten, auf dessen Basis er abrechnet, solange er nicht Umsatzsteuer verlangt, die den vom Gutachter ermittelten Betrag übersteigt.
    Lediglich ergänzend sei schließlich angemerkt, dass in den Fällen, in denen neben den Reparaturkosten auf Gutachtenbasis lediglich die für Ersatzteile gezahlten Umsatzsteuerbeträge verlangt werden, ohne auch hinsichtlich der Nettomaterialpreise auf die konkreten Rechnungen abzustellen, zur Auffassung des Gerichts schon keine Kombination einer Abrechnung des fiktiven Reparaturschadens auf Gutachtenbasis und des konkreten Reparaturaufwandes auf Basis der Reparaturkostenrechnungen vorliegt. Denn lediglich
    hinsichtlich der Umsatzsteuer wird auf die Rechnungen abgestellt. Grundlage der Abrechnung der Reparaturkosten (Material und Arbeit) selbst - einschließlich der Nettomaterialkosten - bleibt weiterhin das Gutachten. Jedenfalls kann dann keine unzulässige Kombination der beiden Abrechnungsmethoden vorliegen, weil sich der Geschädigte nicht in unzulässiger Weise "Rosinen" herauspickt, sondern seine Schadensberechnung weiterhin auf das gesamte Gutachten stützt.
    Mit Blick auf die von beiden Seiten beantragte bzw. angeregte Zulassung der Berufung und die Tatsache, dass - soweit ersichtlich - die hier streitgegenständliche Frage der Ersatzfähigkeit konkret angefallener Umsatzsteuer neben fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis bisher ober- und höchstrichterlich nicht ausdrücklich geklärt ist, hat das Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung die Berufung zugelassen.
    II.
    Der zugesprochene Verzugszins ist aufgrund der Mahnung der Klägerbevollmächtigten und der §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 249 II