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  • 13.09.2007 · IWW-Abrufnummer 072897

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 12.03.2007 – I-1 U 192/06

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    I-1 U 192/06

    Tenor:
    Auf die Berufung des Klägers wird das am 03. August 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Nettetal unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 146,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2005 zu zahlen.

    Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2005 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Entscheidungsgründe:

    I.

    Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend auch in der Sache Erfolg.

    Der Kläger kann von den Beklagten sowohl materiellen Schadensersatz als auch Schmerzensgeld aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 16.08.2005 beanspruchen, da sein Mitverschuldensanteil am Zustandekommen des Unfalles nicht höher als 50 % zu bewerten ist. Ein von dem Amtsgericht angenommenes vollständiges Zurücktreten der Haftung der Beklagten kommt danach nicht in Betracht.

    1.

    Die sachliche Zuständigkeit des OLG Düsseldorf ergibt sich vorliegend aus § 119 Abs. 1 Ziff. 1b GVG, da der Kläger seinen Wohnsitz in den Niederlanden hat.

    2.

    Rechtliche Grundlage für den geltend gemachten materiellen und immateriellen Schadensersatzanspruch des Klägers sind die §§ 7 Abs. 1, 11 S. 2 StVG, 249, 253 Abs. 2 BGB, 3 Nr. 1 und 2 PflVG.

    Ein Wegfall der Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 2 StVG scheidet vorliegend mangels höherer Gewalt aus.

    a)

    Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagten konkret zur Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlung an den Kläger verpflichtet sind, bestimmt sich nach § 9 StVG i.V.m. § 254 Abs. 1 BGB auch danach, ob bei der Entstehung des Schadens auch ein eigenes Verschulden des Klägers mitgewirkt hat.

    Ein solches Verschulden hat das Amtsgericht dem Grunde nach zutreffend darin gesehen, dass der Kläger zum einen mit seinem Fahrrad neben dem baulich von dem Fußwegbereich abgetrennten Radweg fuhr und zum anderen infolge Unaufmerksamkeit nicht auf den vor ihm liegenden Bereich des Gehweges geachtet hat.

    aa) Die zu diesen Feststellungen führende Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

    Im Berufungsrechtszug soll die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichtes nach der Neufassung der ZPO nur darauf überprüft werden, ob sie in sich widersprüchlich ist, den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwiderläuft, Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lässt oder den unterbreiteten Sachverhalt verfahrensfehlerhaft nicht ausschöpft (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.06.2004, I-14 U 154/03, n.v.).

    Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Insbesondere die von dem Amtsgericht als glaubhaft eingestufte Aussage des Zeugen P. rechtfertigt es -auch vor dem Hintergrund der dargelegten eingeschränkten Überprüfbarkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung-, das vorgenannte Fehlverhalten des Klägers als erwiesen anzusehen.

    Die von dem Kläger erhobenen Einwände gegen die amtsgerichtliche Beweiswürdigung vermögen hieran nichts zu ändern.

    Insbesondere die offenkundigen Verwechslungen in dem angefochtenen Urteil betreffend die Namen der beiden Zeugen und die Bezeichnung des von dem Kläger befahrenen Wegteiles sind insoweit unschädlich, da aus dem Zusammenhang unzweifelhaft erkennbar ist, was der Amtsrichter jeweils gemeint hat.

    Der Einwand des Klägers, bei der von dem Beklagten zu 1. und dem Zeugen P. geschilderten Endposition des Pkw auf dem Gehweg hätte der Anstoß durch das Fahrrad weiter hinten am Pkw erfolgen müssen, ist nicht stichhaltig. So hat der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung selbst eingeräumt, unmittelbar vor der Kollision noch eine Ausweichbewegung nach links unternommen zu haben (Bl. 87 GA). Insofern lässt sich der Anstoßpunkt an der vorderen linken Ecke des Pkw mit der Angaben des Beklagten zu 1. und der Zeugen ohne weiteres in Einklang bringen.

    bb) Die rechtliche Frage, ob dem Kläger das Fahren neben dem Radweg als Verstoß gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO zugerechnet werden kann, oder ob der Beklagte zu 1. als Grundstücksausfahrer von dem Schutzbereich dieser Vorschrift gar nicht erfasst wird (vgl. insofern die Rechtsprechungshinweise in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. A., § 2 StVO Rn. 29, hier insbesondere OLG Düsseldorf NZV 1996, 119; 1997, 37), bedarf keiner eingehenden Vertiefung.

    Jedenfalls verstößt nämlich ein solches Fahren neben dem Radweg gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 1 Abs. 2 StVO, die auch gegenüber Grundstücksausfahrern gilt (so auch OLG Hamm NZV 1995, 152). Der auf dem Gehweg fahrende Radfahrer muss an Grundstücksausfahrten grundsätzlich damit rechnen, dass dort Kfz herauskommen und dass deren Fahrer bei Beginn des Ausfahrvorganges den Radfahrer (wegen dessen höherer Geschwindigkeit gegenüber Fußgängern) nicht bzw. nicht rechtzeitig wahrnehmen könnte. Dies gilt vor allem in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Radfahrer - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - relativ nah neben der Häuserwand fährt und damit der Sichtwinkel für den Grundstücksausfahrer nochmals verschlechtert wird.

    An der Unfallursächlichkeit dieses Pflichtverstoßes bestehen keine Zweifel vor dem Hintergrund, dass es nach der auch insoweit nur eingeschränkt überprüfbaren amtsgerichtlichen Würdigung des Beweisergebnisses als erwiesen anzusehen ist, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1. noch vor dem Radwegbereich zum Stehen gekommen ist.

    cc) Ebenfalls einen Verstoß gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 1 Abs. 2 StVO stellt die Unaufmerksamkeit des Klägers unmittelbar vor der Kollision dar.

    Auch insoweit ist der Umstand, dass das Amtsgericht hinsichtlich dieses Punktes ebenfalls der Aussage des Zeugen P. gefolgt ist, wonach der Kläger vor dem Zusammenstoß nicht geradeaus, sondern nach links geschaut hat, berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Beide Zeugen haben zudem übereinstimmend bekundet, dass der Kläger dies vor Ort auch selbst eingeräumt hat.

    Berücksichtigt man den Umstand, dass es dem Kläger trotz dieser Unaufmerksamkeit nach eigenen Angaben noch möglich war, mit seinem Rad eine Ausweichbewegung nach links einzuleiten und dass der Anstoß gegen den Pkw sodann gegen dessen linke vordere Ecke erfolgte, muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Unfall hätte vermeiden können, wenn er von Anfang an seinen Blick in Fahrtrichtung gewendet hätte.

    b)

    Demgegenüber steht auf Beklagtenseite in jedem Fall die Betriebsgefahr des Pkw.

    Diese hat sich - unabhängig von der Frage eines schuldhaften Verstoßes des Beklagten zu 1. gegen etwaige Verkehrsvorschriften - jedenfalls durch das besonders gefahrenträchtige und risikobehaftete Ausfahren aus einer Grundstückszufahrt mit Überquerung eines Geh- und Radweges sowie nur eingeschränkter Einsehbarkeit des Gehweges nicht unerheblich erhöht.

    Die Frage, ob vorliegend eine weitere Erhöhung der Betriebsgefahr durch einen etwaigen schuldhaften Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1. -insbesondere eine Verletzung des § 10 StVO- anzunehmen ist, kann im Hinblick auf die vom Kläger ausdrücklich vorgenommene Beschränkung seiner Berufung auf eine hälftige Haftungsquote im Ergebnis dahinstehen. Bereits die auf Beklagtenseite zu berücksichtigende, durch die dargelegten objektiven Merkmale erhöhte Betriebsgefahr führt bei zutreffender Abwägung der beiderseitigen Verantwortungsbeiträge zu einer anteiligen Haftung der Beklagten von nicht unter 50%.

    c)

    Der von dem Amtsgericht angenommene völlige Haftungsausschluss zugunsten der Beklagten wird dem Gewicht der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge nicht gerecht.

    Grundsätzlich gilt, dass die Gefährdungshaftung durch lediglich leichte oder normale Fahrlässigkeit des Geschädigten nicht ausgeschlossen wird, während ein grob verkehrswidriges Verhalten zu einem vollständigen Haftungsausschluss führen kann (BGH NJW 1990, 1483).

    Vorliegend ist das Fehlverhalten des Klägers als einfache Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB zu qualifizieren, welches einen Haftungsausschluss nicht rechtfertigt. Insofern ist auch in Betracht zu ziehen, dass der Kläger nicht vollkommen abseits des für ihn vorgeschriebenen Radweges fuhr, sondern lediglich seitlich versetzt neben diesem. Zudem kann dem Kläger mangels anders lautender Anhaltspunkte auch lediglich vorgeworfen werden, den Blick nur für kurze Zeit von dem vor ihm liegenden Wegbereich abgewendet zu haben.

    In der Summe wiegen diese Verstöße des Klägers bei weitem nicht so schwer, dass sie den Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit rechtfertigen könnten.

    Auf die umstrittene Frage, ob nach der Gesetzesänderung des § 7 Abs. 2 StVG vom 01.08.2002 die alte Rechtsprechung zum vollständigen Zurücktreten der Kfz-Betriebsgefahr gegenüber einem grob verkehrswidrigen Eigenverschulden (BGH VersR 1966, 877) auch bei nicht motorisierten Geschädigten überhaupt noch volle Gültigkeit beanspruchen kann, kommt es danach nicht an.

    3.

    Hinsichtlich der Schadenshöhe gilt Folgendes:

    a)

    Die Reparaturkosten für sein Fahrrad kann der Kläger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend seiner Mithaftungsquote zur Hälfte erstattet verlangen.

    Dass das Rad bei dem streitgegenständlichen Unfall überhaupt beschädigt wurde, haben die Beklagten nicht hinreichend deutlich in Abrede gestellt. Die im Schriftsatz vom 14.03.2006 diesbezüglich angedeuteten Zweifel (Bl. 34 GA) können nicht als konkretes Bestreiten jedweder Beschädigung des Rades ausgelegt werden. Zudem setzt auch eine starke Beschädigung nicht zwingend eine Fahruntauglichkeit voraus.

    Den zunächst pauschal gehaltenen Sachvortrag des Klägers hinsichtlich des erlittenen Schadens hat dieser jedenfalls durch die Vorlage des Schadensgutachtens des Sachverständigenbüros B, hinreichend substantiiert.

    Dass der Kläger vorliegend den Weg einer Abrechnung fiktiver Reparaturkosten auf Gutachtenbasis beschreitet, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings kann er mangels tatsächlichen Anfalls entsprechender Mehrwertsteuer nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB lediglich den Nettobetrag in Höhe von 210,08 € geltend machen.

    Eine Beschränkung des Klägers auf eine Abrechnung nach den Grundsätzen des wirtschaftlichen Totalschadens kommt hier nicht in Betracht, da die Reparaturkosten ausweislich des Gutachtens ebenso hoch sind wie der Wiederbeschaffungswert (250,- € brutto) und ihn damit nicht übersteigen. Die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten kann der Geschädigte bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ohne Abzug des Restwertes auch dann ersetzt verlangen, wenn er keine Reparatur durchführen lässt und das Fahrzeug zumindest 6 Monate nach dem Unfall weiter nutzt (BGH VersR 2006, 989).

    Die durch die Beklagten erhobenen Einwände gegen den von dem Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert stehen der Zuerkennung eines entsprechenden Schadensersatzanspruches zugunsten des Klägers nicht entgegen. Die in dem Gutachten enthaltene Festsetzung des Wiederbeschaffungswertes durch den Sachverständigen hängt - ebenso wie bei Kfz-Schadensgutachten - nicht von dem von dem Kläger seinerzeit tatsächlich entrichteten Anschaffungspreis ab. Bei dem Wiederbeschaffungswert handelt es sich vielmehr um die Kosten, die für die Wiederbeschaffung einer wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzsache aufzubringen sind, hier also den Preis eines gleichwertigen gebrauchten Fahrrades. Dass dem Sachverständigen bei der Ermittlung dieses Wertes ein irgendwie gearteter Fehler unterlaufen wäre, lässt sich weder dem Vortrag der Beklagten noch dem sonstigen Akteninhalt, insbesondere auch nicht dem Gutachten selbst entnehmen.

    Danach hat der Kläger einen entsprechenden Schadensersatzanspruch in Höhe von 105,04 €.

    b)

    Auch die Kosten des Sachverständigengutachtens kann der Kläger zur Hälfte in Höhe von 41,65 € erstattet verlangen.

    Sachverständigenkosten können zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Dabei ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Beauftragung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Die Schadenshöhe laut Gutachten ist dabei nicht allein maßgebend, auch nicht ihr Verhältnis zu den Sachverständigenkosten. Auf der anderen Seite kann der später ermittelte Schadensumfang ein Gesichtspunkt sein, den der Richter im Rahmen des § 287 ZPO berücksichtigen kann (BGH NJW 2005, 356).

    Übertragen auf den vorliegenden Fall ist die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gutachterbeauftragung durch den Kläger (noch) zu bejahen. Wenn auch der Schadensumfang betragsmäßig gering ist, so ist doch zu berücksichtigen, dass die Beschädigung des Rades nahe am wirtschaftlichen Totalschaden lag und damit jedenfalls relativ hoch war. Eine Übertragung der bei Pkw-Schadensfällen in der Rechtsprechung in unterschiedlicher Höhe angenommenen Bagatellgrenzen auf einen Fahrradschaden verbietet sich von vorneherein angesichts des deutlich höheren Wertes eines Pkw, zumal hier auch die Gutachterkosten in einer anderen Dimension liegen.

    c)

    Dem Kläger steht zudem für die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,- € zu.

    Unstreitig hat der Kläger durch den Unfall eine Gehirnerschütterung, eine Schwellung am rechten Fuß und eine Distorsion beider Handgelenke erlitten.

    aa) Zu Recht weisen die Beklagten allerdings hinsichtlich der Handgelenke auf die sich aus den vorgelegten ärztlichen Berichten (Bl. 20, 66, 69 GA) ergebende Vorschädigung der Handgelenke hin, ohne allerdings die unfallbedingte Distorsion selbst zu bestreiten.

    Insofern ist zugunsten des Klägers in diesem Punkt der Weg der Schadensschätzung nach § 287 ZPO eröffnet.

    Steht - wie hier - eine unfallbedingte Körperverletzung fest (Distorsion der Handgelenke), so ist damit der Haftungsgrund (die haftungsbegründende Kausalität) gegeben. Ob der Verkehrsunfall über diese Verletzung hinaus auch entsprechende Beschwerden und Schmerzen zur Folge hatte, ist eine Frage des Ausmaßes der Schädigung, d. h. der haftungsausfüllenden Kausalität (vgl. BGHZ 58, 48 ff. = NJW 1972, 1126; BGH, NJW-RR 1987, 339 m. w. Nachw.). Nur der Nachweis des Haftungsgrundes unterliegt den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, während im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität der Tatrichter nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt ist (BGH, NJW-RR 1987, 339). Hier genügt, je nach den Umständen des Einzelfalles, bereits eine erhebliche Wahrscheinlichkeit (BGH NJW-RR 1987, 339; BGH NJW 1976, 1145).

    Aus den zu den Akten gereichten ärztlichen Berichten ergibt sich insoweit hinreichend deutlich, dass der unfallbedingte Sturz des Klägers jedenfalls zu einer Verschlechterung des Zustandes an den Handgelenken geführt hat, insbesondere zu einer Zunahme entsprechender Schmerzen. Eine solche unfallbedingte Verschlechterung des Vorzustandes reicht aber, um die volle Haftung des Schädigers auszulösen, selbst wenn die dokumentierten Vorschäden sich in irgendeiner Weise mitursächlich auf das Beschwerdebild ausgewirkt haben sollten.

    War der vorherige Zustand - trotz einer schon seinerzeit gegebenen Verletzung oder Verschleißerscheinung - überhaupt nicht mit Beschwerden verbunden, war also die Vorschädigung "klinisch stumm" oder "symptomlos", so sind sogar alle vom Geschädigten vorgebrachten und bewiesenen Beeinträchtigungen seines Körpers oder seiner Gesundheit auf den fraglichen Unfall zurückzuführen. Der Schädiger hat keinen Anspruch dahingehend, auf ein Unfallopfer zu treffen, das in dem verletzten Körperbereich in jeder Hinsicht frei von Verletzungen oder Verschleißerscheinungen ist (Senatsurteil vom 19.07.2004, I-1 U 1/04).

    Von einer solchen Konstellation kann vorliegend allerdings nicht ausgegangen werden. Die ärztlichen Berichte belegen vielmehr eine schon vor dem Unfall bestehende schmerzhafte Symptomatik mit erheblichen Beschwerden bei dem Kläger. Damit ist auch nur dieser "überschiessende" Bereich der Beschwerdesymptomatik bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zugrunde zu legen.

    bb) Nicht erwiesen ist dagegen die von dem Kläger behauptete und von den Beklagten bestrittene auf den Unfall zurückzuführende HWS-Distorsion.

    Insofern fehlt es an einer entsprechenden (unbestrittenen oder erwiesenen) Primärverletzung, die einen Rückschluss nach § 287 ZPO möglicherweise zuließe. Der vielmehr von dem Kläger zu führenden Vollbeweis nach § 286 ZPO ist insofern mangels geeigneten Beweisangebotes seitens des Klägers nicht als geführt anzusehen. Allein die zu den Akten gereichten Arztberichte sind insoweit nicht hinreichend aussagekräftig, zumal auch hierin teilweise eine Vorschädigung der HWS beim Kläger dokumentiert ist (Bl. 20 GA).

    cc) Ebenfalls keine Berücksichtigung bei der Bemessung des Schmerzensgeldes findet die von dem Kläger behauptete Beeinträchtigung infolge einer vermeintlichen Eingipsung seines rechten Handgelenkes.

    Zwar gilt auch insoweit angesichts der unstreitigen Handgelenksdistorsion der Beweismaßstab des § 287 ZPO; dem Akteninhalt lassen sich aber keinerlei Hinweise darauf entnehmen, dass das Handgelenk tatsächlich eingegipst wurde. Es wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass eine solche medizinische Behandlungsmaßnahme in einem der vorgelegten ärztlichen Berichte Erwähnung gefunden hätte.

    dd) Dagegen ist die von dem Kläger behauptete Arbeitsunfähigkeit zumindest bis Ende Oktober 2006 angesichts des ärztlichen Berichtes vom 26.10.2006 (Bl. 66 GA) ausreichend belegt. Auch hier gilt der Beweismaßstab des § 287 ZPO.

    ee) Bei der konkreten Bemessung des Schmerzensgeldes ist neben den vorgenannten unstreitigen oder als erwiesen anzusehenden Beeinträchtigungen und Beschwerden auch das von dem Kläger selbst zugrunde gelegte hälftige Mitverschulden zu berücksichtigen.

    Insgesamt erachtet der Senat danach ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,- € für angemessen aber auch ausreichend, um den von dem Kläger erlittenen immateriellen Schaden gebührend auszugleichen.

    4.

    Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

    Einer Mahnung bedurfte es angesichts der in den vorprozessualen Schreiben vom 14.11.2005 und 13.12.2005 zum Ausdruck kommenden endgültigen und ernsthaften Zahlungsverweigerung seitens der Beklagten zu 2. gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, § 100 Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Kosten des Berufungsrechtszuges. Bezüglich der erstinstanzlich angefallenen Kosten folgt die Entscheidung aus § 92 Abs. 1 ZPO.

    Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 1.166,65 €.

    Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

    RechtsgebieteStVG, BGB, PflVG, StVO, ZPO VorschriftenGVG § 119 Abs. 1 Ziff. 1b StVG § 7 Abs. 1 StVG § 7 Abs. 2 StVG § 9 StVG § 11 S. 2 BGB § 249 BGB § 249 Abs. 2 S. 1 BGB § 249 Abs. 2 S. 2 BGB § 253 Abs. 2 BGB § 254 Abs. 1 BGB § 276 Abs. 2 BGB § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB § 288 Abs. 1 PflVG § 3 Nr. 1 PflVG § 3 Nr. 2 StVO § 1 Abs. 2 StVO § 2 StVO § 2 Abs. 4 S. 2 StVO § 10 ZPO § 286