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  • Unschuldsvermutung
    Auch im OWi-Verfahren keine Beweislast des Betroffenen
    Es ist nicht Aufgabe des Betroffenen, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss das Gericht mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln die Täterschaft des Betroffenen nachweisen (OLG Hamm 18.9.03, 2 Ss OWi 595/03, Abruf-Nr. 032487).
    Sachverhalt
    Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße und einem Fahrverbot verurteilt. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das AG zunächst festgestellt, dass es keinerlei Zweifel habe, dass es sich bei dem auf dem von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbild abgebildeten Fahrer um den Betroffenen handelt. Es hat dann weiter ausgeführt: "Dies hat das Gericht im Termin auch deutlich gemacht. Es hat dem Betroffenen anheim gestellt, Tatsachen vorzutragen, die geeignet seien, Zweifel an der Fahrereigenschaft, die das Gericht in keinster Weise hatte, zu wecken. Hierauf wurde vom Betroffenen jedoch nichts weiter vorgetragen." Diese Ausführungen hat das OLG in der Rechtsbeschwerde beanstandet.
    Entscheidungsgründe
    Die vom AG im Rahmen der Beweiswürdigung gemachten Ausführungen lassen Rechtsfehler besorgen. Es ist nicht auszuschließen, dass das AG von einer dem OWi-Verfahren - ebenso wie dem Strafverfahren - unbekannten "Beweislast" des Betroffenen ausgegangen ist. Es ist aber nicht Aufgabe des Betroffenen, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss das Gericht die Täterschaft des Betroffenen nachweisen. Aus dem Schweigen des Betroffenen oder aus dem bloßen Bestreiten der Täterschaft können in der Regel keine für ihn nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Bei einem teilweise schweigenden Betroffenen gilt ggf. etwas anderes. Auf dieser Grundlage begegnen die Ausführungen des AG erheblichen Bedenken. Denn hat der Betroffene sich nicht zur Sache eingelassen, kann ihm im Rahmen der Beweiswürdigung nicht vorgehalten werden, dass er nichts vorgetragen hat, um beim Gericht Zweifel an seiner Fahrereigenschaft zu wecken. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn der Betroffene nicht nur seine Fahrereigenschaft bestritten, sondern sich darüber hinaus eingelassen hat. Ob das der Fall ist, kann dahinstehen, da das angefochtene Urteil schon aus anderem Grund aufzuheben war.
    Praxishinweis
    Ähnlich hat das OLG Hamm schon in StraFo 00, 385 = VRS 99, 285 = StV 00, 659 = DAR 00, 581 = NZV 01, 390 entschieden. Das OLG hat das Urteil des AG allerdings nicht wegen dieses Fehlers in der Beweiswürdigung aufgehoben, sondern weil das AG die Anforderungen an die Urteilsbegründung bei einer Täteridentifizierung anhand eines Lichtbildes nicht genügend beachtet hat (vgl. dazu zuletzt OLG Hamm VA 03, 150, Abruf-Nr. 031641).
    Quelle: Verkehrsrecht aktuell - Ausgabe 02/2004, Seite 29
    Quelle: Ausgabe 02 / 2004 | Seite 29 | ID 107237