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  • 24.02.2011 | Unfallschadensregulierung

    Reparaturkostenersatz bei Eigenreparatur: fiktiv oder konkret?

    1. Ein Unfallgeschädigter kann (fiktiv) die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts (WBW) in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und es zu diesem Zweck - falls erforderlich - verkehrssicher (teil-) reparieren lässt.  
    2. Vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist kann der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich repariert oder reparieren lässt, Reparaturkosten, die den WBW nicht übersteigen, regelmäßig nur ersetzt verlangen, wenn er den konkret angefallenen Reparaturaufwand geltend macht.  
    (BGH 23.11.10, VI ZR 35/10, Abruf-Nr. 110337).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach dem vom Kl. eingeholten Gutachten belief sich der WBW auf 39.000 EUR brutto (32.733,10 EUR netto), der Restwert auf 18.000 EUR und die geschätzten Reparaturkosten auf 23.549,54 EUR brutto (19.789,35 EUR netto). Letztere lagen somit netto unter, brutto über dem Wiederbeschaffungsaufwand (WBA) von 21.000 EUR. Der Kl. reparierte den Wagen in Eigenregie und veräußerte ihn sodann vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist für 32.000 EUR. Der bekl. VR rechnete auf Totalschadensbasis ab, wobei er als Restwert nicht die 18.000 EUR lt. Gutachten, sondern 22.890 EUR gem. einem Internet-Angebot zugrunde legte. Ziel der Klage ist eine Abrechnung auf Basis der Netto-Reparaturkosten plus Wertminderung. Die Vorinstanzen haben den Fahrzeugschaden unterschiedlich berechnet. Das OLG hält eine Abrechnung der Reparaturkosten nach Gutachten trotz Nichteinhaltung der Sechs-Monats-Frist für zulässig.  

     

    Der BGH hat das OLG-Urteil zugunsten der Bekl. korrigiert. Auf der Basis der geschätzten Reparaturkosten könne der Kl. seinen Schaden nicht (fiktiv) abrechnen, nachdem er sein Fahrzeug innerhalb der Sechsmonatsfrist verkauft habe. Dem stehe das Senatsurteil vom 5.12.06, VA 07, 58 = NJW 07, 588 (kein Weiternutzungserfordernis, kein Restwertabzug) nicht entgegen. Wenn das OLG diese Entscheidung zu einer Fremdreparatur auf den Fall der Eigenreparatur übertrage, übersehe es, dass es sich hier trotz der Instandsetzung um einen Fall der fiktiven Abrechnung handele. Die Eigenreparatur könne mangels gegenteiliger tatrichterlicher Feststellung auch eine Teilreparatur sein und damit wertmäßig hinter dem gutachterlich geschätzten Reparaturaufwand zurückbleiben. Dann aber, so der BGH, verstoße der Kl. gegen das Bereicherungsverbot, wenn er die Kosten einer - tatssächlich nicht durchgeführten - vollständigen und fachgerechten Reparatur (fiktv) abrechne.  

     

    Wie der BGH weiter ausführt, ist bei der Ermittlung des erstattungsfähigen WBA auf den Restwert lt. Gutachten abzustellen. Auf das ihm übermittelte höhere Angebot aus einer Internet-Restwertbörse müsse der Kl. sich nicht verweisen lassen. Im Zeitpunkt der Eigenreparatur und des Weiterverkaufs seien sämtliche Angebote längst abgelaufen gewesen. Der Kl. sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Bekl. über den beabsichtigten Verkauf seines Fahrzeugs zu informieren. Zum Schluss geht der BGH auf eine Reihe weiterer Gesichtspunkte ein, mit denen der Kl. seine Abrechnungsweise abgestützt hat: