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  • 23.09.2010 | Unfallschadensregulierung

    Reparaturdauer: Vertrauen ist gut, Nachfrage ist besser

    Ein Unfallgeschädigter, der für den Ausfall eines gewerblich genutzten Transporters Erstattung der angefallenen Mietwagenkosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs geltend macht, verstößt gegen seine Pflicht zur Schadensminderung, wenn er sich auf die Angabe des beauftragten Reparaturbetriebs verlässt, die Reparatur werde „vier bis acht Wochen“ dauern. Vielmehr ist der Geschädigte im Rahmen der Schadensminderungspflicht gehalten, den Grund für die außergewöhnlich lange Reparaturdauer zu hinterfragen, um sich gegebenenfalls nach einem anderen Reparaturbetrieb umzusehen (OLG Saarbrücken 23.3.10, 4 U 504/09 - 146, Abruf-Nr. 101807).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Am 3.12.08 wurde ein als Kurierfahrzeug eingesetzter Pkw des Kl. bei einem Unfall beschädigt. Ein Kollege des unfallverletzten Fahrers brachte den Wagen in die Werkstatt, in der Fahrzeuge aus dem Fuhrpark des Kl. regelmäßig repariert wurden. Nach der Behauptung des Kl. hat die Werkstatt als Reparaturdauer anfänglich eine Zeit zwischen vier und acht Wochen genannt. Ein Schadensgutachten lag dem Kl. seinerzeit noch nicht vor. Es wurde erst unter dem 26.1.09 erstattet. Darin wurde die voraussichtliche Reparaturdauer auf 18 bis 19 Arbeitstage geschätzt. In Wirklichkeit dauerte es - aus umstrittenen Gründen - rund acht Wochen, bis der Wagen wieder einsatzbereit war. Die gesamte Ausfallzeit überbrückte der Kl. mit einem Mietwagen. Von der Rechnung über 9.385 EUR (brutto) erkannte der Versicherer nur einen Betrag von 2.023 EUR an, wobei er einen Mietzeitraum von 26 Tagen akzeptierte.  

     

    Das OLG hält Kosten i.H.v. 2.528 EUR für erstattungsfähig. Da das Unfallfahrzeug gewerblich genutzt worden war, geht es zunächst auf die beiden Möglichkeiten des Schadensausgleichs ein: Gewinnentgang (§ 252 BGB) oder Ersatz der Mietkosten. Dass der Kl. den zweiten Weg gewählt hat, beanstandet der Senat nicht, obgleich der Fahrer des Pkw unfallbedingt ausgefallen war und der Kl. auch über weitere Fahrzeuge verfügte. Erfolg hat jedoch der Vorwurf der Bekl., der Kl. habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Mit der Ankündigung seines Reparaturbetriebs „vier bis acht Wochen“ habe sich der Kl. nicht zufrieden geben dürfen. Vielmehr habe er nach dem Grund für diesen ungewöhnlich langen Zeitraum fragen müssen. Dann hätte er erfahren, dass die Reparatur von der Beschaffung einer Richtbank abhängig gewesen sei. Spätestens jetzt hätte er die Möglichkeit des Wechsels zu einer anderen Werkstatt in Betracht ziehen müssen. Mit dem Argument, der fehlende Richtsatz habe auch von jeder anderen Werkstatt erst bestellt werden müssen, wurde der Kl. aus Gründen des § 531 ZPO nicht gehört.  

     

    Praxishinweis

    Dass das Werkstatt- und Prognoserisiko grundsätzlich der Schädiger trägt, hilft Geschädigten in vielen Fällen mit Reparaturverzögerungen. Wie der konkrete Fall zeigt, aber nicht in allen. Allerdings weist er einige Besonderheiten auf: Der Geschädigte war ein Unternehmer mit einem (kleineren) Fuhrpark, keine Privatperson. Ungewöhnlich ist ferner, dass erst nach Ablauf von sieben Wochen nach dem Unfall und damit weder im Zeitpunkt der Werkstattauskunft noch bei Anmietung des Ersatzfahrzeugs das Schadensgutachten mit der deutlich kürzeren und auch präziseren Zeitspanne als Informationsquelle vorgelegen hat. So war der Kl. auf die Seriosität seiner Werkstatt angewiesen, immerhin keine x-beliebige, sondern eine, in der er Stammkunde war. Besonderes Vertrauen? Oder Sorglosigkeit? Und wenn ja, was ist mit der Kausalität des Unterlassens einer Nachfrage? Auch sie sollte der Anwalt des Geschädigten vorsorglich bestreiten, und zwar rechtzeitig, wie das OLG anmahnt. Interessant ist sein Urteil auch mit Blick auf die Problematik „Normaltarif plus x“. X war hier 25 Prozent, obwohl der Kläger-RA zu unfallspezifischen Leistungen „nicht explizit“ (OLG) vorgetragen hatte.