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  • 05.01.2009 | Unfallschadensregulierung

    Haftungsverteilung bei Unfall auf Verteilerbahn

    1. Der Wechsel auf die Verteilerbahn im Bereich einer Autobahnverzweigung ist kein Fahrstreifenwechsel im Sinne von § 7 Abs. 5 StVO. Kommt es hierbei zu einer Kollision mit einem Fahrzeug, das von einer Autobahnausfahrt auf die Verteilerfahrbahn gelangt ist, spricht auch sonst kein Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden des auf die Verteilerfahrbahn wechselnden Fahrzeugführers.  
    2. Das an einer Autobahnausfahrt aufgestellte Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren!) gilt nicht für Fahrzeuge, die den Bereich der Auffahrt bereits verlassen haben und die sich auf der Verteilerfahrbahn befinden. Fahrer, die nach rechts auf die Verteilerfahrbahn wechseln, müssen die Sorgfaltsanforderungen des § 9 StVO, auf der Verteilerfahrbahn befindliche Fahrzeugführer müssen die Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO beachten.  
    (OLG Saarbrücken 29.7.08, 4 U 166/08, Abruf-Nr. 083862).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Beide wollten am Abzweig A 620/BAB 6 Richtung Frankreich fahren, der Kläger mit seinem Pkw und der Beklagte zu 1) mit einem Lkw. Unter strittigen Umständen kollidierten die Fahrzeuge auf einer parallel zur Autobahn verlaufenden Verteilerfahrbahn, als der Lkw, angeblich ohne zu blinken, von der rechten Richtungsfahrbahn nach rechts auf die Verteilerbahn wechseln wollte. Dort will der Kläger schon mehr als 100 m gefahren sein. Jede Seite wirft der anderen gravierende Fahrfehler vor. Der Kläger verlangt vollen Ersatz, während die Beklagten nur 1/3 übernehmen wollen. Das LG hat auf 70:30 zugunsten des Klägers erkannt. Beide Berufungen blieben erfolglos.  

     

    Das OLG sieht sich außerstande, irgendein unfallursächliches Verschulden festzustellen. Beide Unfallversionen enthielten mögliche, aber nicht beweiskräftige Ablauferklärungen. Ein Sachverständiger könne keine Klarheit schaffen, da der Kollisionsort mangels Spuren nicht rekonstruierbar sei und Fotos nur von dem beschädigten Pkw vorlägen.  

     

    Breiten Raum nimmt sodann die Prüfung ein, ob ein Verschulden des Lkw-Fahrers per Anscheinsbeweis feststellbar ist. Aufhänger ist § 7 Abs. 5 StVO (Spurwechsel). Die insoweit entwickelten Anscheinsbeweisgrundsätze seien indes unanwendbar, weil der Lkw mit dem Wechsel auf die Verteilerbahn keinen Spurwechsel i.S.d. § 7 Abs. 5 StVO vorgenommen habe. Der Vorgang sei vielmehr als Abbiegen gem. § 9 StVO zu qualifizieren, weshalb der Lkw-Fahrer die für Rechtsabbieger bestehenden Pflichten habe beachten müssen. Bei nicht geklärtem Unfallhergang spreche aber kein Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden des Rechtsabbiegers.