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  • 01.03.2006 | Unfallschadensregulierung

    Altschäden bei der Regulierung von Neuschäden

    von VRiOLG Dr. Christoph Eggert, Düsseldorf

    Unsere Autos werden immer älter. Damit steigt die Anzahl von Fahrzeugen, die bei einem Unfall bereits vorgeschädigt waren. Das eröffnet dem Neuschädiger und seiner Versicherung viele Ansätze, die Regulierung ganz oder teilweise abzulehnen; nicht nur beim eigentlichen Fahrzeugschaden, sondern auch in Nebenpositionen. Die Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten sowie den aktuellen Stand der Rspr. zeigen die nachfolgenden Checklisten auf.  

     

    Einwendungen/Argumente des KH-Versicherers
    1. Keinerlei Reparaturkostenersatz, weil die Unfallbedingtheit der geltend gemachten Beschädigungen insgesamt zweifelhaft ist, denn
    • das Fahrzeug hat ausweislich des eingereichten Schadengutachtens oder anderer Quellen(eigene Dateien, z.B. „Uniwagnis“) erhebliche Vorschäden, deren vollständige und fachgerechte Beseitigung nicht nachgewiesen ist, und
    • nicht ausgeschlossen werden kann, dass der nicht oder nur provisorisch behobene Vorschaden zumindest teilweise mit dem geltend gemachten Neuschaden deckungsgleich ist (Überlagerungseinwand), so dass
    • der jetzige Unfall selbst bei an sich kompatibler Beschädigung überhaupt keinen messbaren Schaden ausgelöst hat und/oder
    • die jetzt geltend gemachte Beschädigung aus dem Vor-Unfall herrühren kann (Hinweis vor allem auf OLG Hamburg MDR 01, 1111; OLG Köln VersR 99, 865; OLG Frankfurt zfs 05, 69; Brand OLG SP 05, 413).

     

    2. Kein Reparaturkostenersatz in der geltend gemachten Höhe, weil
    • bei bestimmten Abrechnungspositionen nicht klar ist, ob sie mit dem jetzt geltend gemachten Unfallschaden etwas zu tun haben,
    • wegen des nicht oder nur provisorisch beseitigten Vorschadens zumindest ein Abzug „neu für alt“ zu machen ist.

     

    3. Keine Abrechnung auf Totalschadensbasis, weil
    • der Wiederbeschaffungswert wegen eines nicht oder nicht fachgerecht beseitigten Vorschadens erheblich niedriger zu veranschlagen ist als im Schadengutachten ermittelt (Hinweis auf OLG Hamburg OLGR 03, 499).
    • der Restwert wegen ungeklärter Vorschäden nicht feststellbar ist.

     

    4. Kein Ersatz eines merkantilen Minderwerts, weil
    der ungeklärte Vorschaden schon vom Ansatz her einer Wertminderung entgegen steht, ein etwaiger Minderwert jedenfalls nicht seriös eingeschätzt werden kann.

     

    5. Kein Ersatz von Sachverständigenkosten, weil
    • der Anspruchsteller dem von ihm beauftragten Sachverständigen relevante Vorschäden verschwiegen hat, so dass das Gutachten unbrauchbar ist (Hinweis auf KG DAR 04, 352),
    • das Gutachten deshalb unbrauchbar ist, da der Gutachter ihm mitgeteilte Vorschäden zu Unrecht als fachgerecht beseitigt unterstellt hat (Hinweis auf OLG Frankfurt OLGR 98, 190).

     

    6. Kein Ersatz von Mietwagenkosten bzw. Nutzungsausfallentschädigung, weil
    • nicht auszuschließen ist, dass die Dauer des Werkstattaufenthalts auch mit Vorschäden zu tun hat (Hinweis auf OLG Hamm r+s 94, 59; OLG Frankfurt VersR 91, 1070),
    • (bei Nutzungsausfallentschädigung) eine Einstufung in die gängige Tabelle wegen des „ungeklärten qualitativen Vor-Zustandes“ nicht möglich ist (so LG Duisburg 7.10.05, 10 O 401/01, Abruf-Nr. 060434, nrkr.).

     

    7. Keine Zahlung von Schmerzensgeld, weil
    • der Versuch, Vorschäden am Fahrzeug „unterzuschieben“, Zweifel an der Redlichkeit des Anspruchstellers auch in puncto Unfallverletzungen begründe (Hinweis auf OLG Hamburg SP 03, 382).

     

    8. Vorschaden und Manipulationsindiz: Keine Regulierung, weil
    • das Fahrzeug nicht zuletzt wegen der zahlreichen Vorschäden schwer verkäuflich war, was – neben anderen Umständen – die Annahme rechtfertigt, dass der Anspruchsteller in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat,
    • ein neuer „Unfall“ die Möglichkeit eröffnet, nicht oder nicht ordnungsgemäß beseitigte Vorschäden gewinnbringend abzurechnen (Hinweis auf zahllose instanzgerichtliche Entscheidungen).