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  • 01.03.2007 | Täteridentifizierung

    Falsche Bezugnahme auf das Radarfoto

    Macht der Tatrichter von der Möglichkeit, auf das Radarfoto zu verweisen, nicht deutlich und zweifelsfrei Gebrauch, muss er in den Urteilsgründen aussagekräftige charakteristische (individuelle) Merkmale feststellen, anhand derer Gesichter typischerweise und nach der jedermann zugänglichen Erfahrung mit großer Sicherheit intuitiv (wieder)erkannt werden (OLG Düsseldorf 8.12.06, IV-5 Ss (OWi) 199/06 - (OWi) 147/06 I, Abruf-Nr. 070473).

     

    Entscheidungsgründe

    Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten weder eine wirksame Bezugnahme auf das Radarfoto (§§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO, 71 Abs. 1 OWiG) noch die dann erforderliche Beschreibung, ob das Foto für eine Identifizierung geeignet ist.  

     

    • Die Bezugnahme auf das Radarfoto muss in den Urteilsgründen deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden (BGHSt 41, 376, 382). Den Gründen muss eindeutig zu entnehmen sein, dass nicht nur der Vorgang der Beweiserhebung beschrieben, sondern durch die entsprechenden Ausführungen das Foto zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht werden soll. Das angefochtene Urteil verweist weder ausdrücklich auf § 267 Abs. 1 S. 3 StPO noch kann den Gründen ansonsten mit hinreichender Gewissheit entnommen werden, dass das Foto durch Bezugnahme ebenso wie der Text Teil der Urteilsurkunde, gleichsam in das Urteil eingefügt sein soll. Die Angabe von Blattzahlen reicht dazu nicht aus.

     

    • Der Bezeichnung des Fotos als qualitativ „gut“ ist zwar zu entnehmen, dass es eine männliche Person darstellt, deren Kopf vollständig, gut ausgeleuchtet und so hinreichend scharf abgebildet ist, dass die einzelnen Gesichtszüge zu erkennen sind. Die beschriebenen Merkmale der fotografierten Person (zurückgesetzter Haaransatz, randlose Brille, runder Kopf und ausgeprägtes, spitz zulaufendes Kinn) reichen aber weder einzeln noch zusammen aus, um eine Identifizierung zu ermöglichen. Haaransatz und Brille sind veränderliche Merkmale, die im Übrigen auf eine Vielzahl von Männern im Alter des Betroffenen, der zur Tatzeit 56 Jahre alt war, zutreffen dürften. Der „runde Kopf“ und das „ausgeprägte, spitz zulaufende Kinn“ sind noch keine ausreichenden Merkmale zur Identifizierung. Aussagekräftige charakteristische (individuelle) Merkmale, anhand derer Gesichter typischerweise und, wie die jedermann zugängliche Erfahrung lehrt, mit großer Sicherheit intuitiv (wieder)erkannt werden, sind die Augenringe, insbesondere die oberen Kanten der Augenhöhlen, der Bereich um die Wangenknochen, die Seitenpartien des Mundes (Mundwinkel) und der Nasenumriss.

     

    Praxishinweis

    Die Identifizierung des Betroffenen anhand eines Lichtbildes spielt in der Praxis eine erhebliche Rolle (dazu BGHSt 41, 376, 383, und unseren Schwerpunktbeitrag in VA 06, 144 m.w.N.). Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist der erneute Beweis, dass es den Amtsrichtern häufig nicht gelingt, den Betroffenen als individuellen Menschen zu beschreiben. Erforderlich ist dazu das Aufführen individueller Merkmale (dazu www.bsi.bund.de [Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik], unter „Gesichtserkennung“). Dazu war nichts festgestellt.