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  • 26.03.2008 | Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer

    Führen des Kfz im Laufe des Angriffs reicht für Anwendbarkeit des § 316a StGB aus

    Die Anwendbarkeit des § 316 a StGB erfordert nicht, dass das Tatopfer bereits bei Beginn des Angriffs Führer oder Mitfahrer des Kraftfahrzeugs war (BGH 25.9.07, 4 StR 338/07, Abruf-Nr. 080018).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    A und sein Mittäter sprangen durch die Hintertüren in den Pkw des S, als dieser gerade in sein Fahrzeug einsteigen wollte. Dabei bedrohten sie S mit einer Gaspistole. Unter dem Eindruck dieser Drohung startete S das Fahrzeug und lenkte es zu einem abgelegenen Parkplatz. Während der Fahrt wurde er aufgefordert, sein Mobiltelefon an A zu übergeben und den Aufbewahrungsort des von ihm mitgeführten Geldes zu benennen. Beides nahm A an sich. A ist vom LG wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer nach § 316a Abs. 1 StGB verurteilt worden. Seine Revision hatte keinen Erfolg.  

    Die Anwendbarkeit des § 316a StGB erfordert nicht, dass das Tatopfer bereits bei Beginn des Angriffs Führer oder Mitfahrer des Kraftfahrzeugs gewesen ist. Das Tatbestandsmerkmal erfasst vielmehr auch den Zeitraum bis zur Beendigung des Angriffs. Es liegt auf der Hand, dass die Sicherheit des Kraftfahrverkehrs auf Straßen als Schutzgut des § 316a StGB nicht nur beeinträchtigt wird, wenn das Tatopfer während des Führens des Kraftfahrzeugs erstmals angegriffen wird. Dies ist auch der Fall, wenn ein bereits vor Fahrtantritt begonnenes, offenes Bedrohungsgeschehen während des Führens des Kraftfahrzeugs (nur) seinen Fortgang nimmt.  

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat 2004 seine Rechtsprechung zu § 316a StGB erheblich geändert (BGH NJW 04, 786; VA 05, 176). Bereits dort hatte er darauf hingewiesen, dass das Tatopfer nicht schon im Zeitpunkt des ersten nötigenden Zugriffs „Führer“ des Kfz gewesen sein müsse (zum Begriff des „Führers“ i.S. des § 316a StGB auch Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 4. Aufl., Teil 6, Rn. 259 ff.). In diesen Fällen muss aber besonderes Augenmerk auf die subjektive und objektive Komponente des Tatbestandsmerkmals unter „Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs“ gelegt werden. Entscheidend in objektiver Hinsicht ist, ob die Eigenschaft des Tatopfers als Kfz-Führer für die Aufrechterhaltung bzw. Fortdauer des Angriffs mindestens mitursächlich geworden ist. Das ist zu verneinen, wenn der Täter sein Opfer bereits vor der Fahrt unter seine uneingeschränkte Kontrolle gebracht hat und die dadurch geschaffene Nötigungslage während der nachfolgenden Fahrt lediglich unverändert aufrechterhalten wird. Anders ist es in den Fällen, in denen sich der Täter durch die erste Angriffshandlung noch nicht des Tatopfers „kontrolliert bemächtigt“ hatte. Das ist der Fall, wenn – wie hier – erst durch die erzwungene Fahrt die Gegenwehr und insbesondere die Fluchtmöglichkeit des Opfers endgültig eingeschränkt werden.  

    Quelle: Ausgabe 04 / 2008 | Seite 67 | ID 118211