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  • 26.02.2008 | Nutzungsausfall

    Unfall bei laufender Lieferfrist: Interimsfahrzeug?

    Dem Geschädigten kann über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs Nutzungsausfallentschädigung zuzubilligen sein, soweit diese die wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Ankauf und Wiederverkauf eines Zwischenfahrzeugs zusätzlich entstehen würden, nicht wesentlich übersteigt (BGH 18.12.07, VI ZR 62/07, Abruf-Nr. 080195).

     

    Sachverhalt

    Am 11.10.05 erlitt der Pkw des Klägers einen Totalschaden (Ersatzbeschaffungsfrist gem. Gutachten: 14 Tage). Von einem Ersatzkauf sah der Kläger ab, da er zuvor bereits den Kaufvertrag über einen neuen Pkw abgeschlossen hatte (Liefertermin 12/05). Darüber wurde der Versicherer mit dem Hinweis informiert, entweder auf dessen Kosten ein „Interimsfahrzeug“ zu kaufen oder bis zur Lieferung des Neuen eine Nutzungsausfallentschädigung zu fordern. Der Versicherer äußerte sich dazu nicht. Die Kosten für den direkt nach dem Unfall für 10 Tage genommenen Mietwagen glich er aus, lehnte jedoch eine Entschädigung des Nutzungsausfalls bis zum Tag der Lieferung des Neufahrzeugs (2.1.06) ab. Die Vorinstanzen urteilten unterschiedlich. Die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts hob der BGH auf.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nutzungsersatz müsse der Schädiger zwar grundsätzlich nur für den Zeitraum leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist. Im Allgemeinen sei dies die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Benötige der Geschädigte einen längeren Zeitraum, sei zu unterscheiden, ob er sich wegen des Unfalls ein Ersatzfahrzeug mit längerer Lieferzeit anschaffe oder ob er bereits vor dem Unfall ein Ersatzfahrzeug bestellt habe. Bei einer Bestellung schon vor dem Unfall werde die bereits bestehende wirtschaftliche Planung unfallbedingt gestört. Der Geschädigte habe mehrere Möglichkeiten, diese Störung zu beseitigen. Im Rahmen des Zumutbaren müsse er die wirtschaftlichere wählen. Nutzungsentschädigung statt Interimskauf sei zu billigen, sofern sie nicht wesentlich über den Kosten liege, die mit dem An- und Verkauf eines Interimsfahrzeugs verbunden sind. Die für den Kostenvergleich erforderlichen Feststellungen muss das LG nun nachholen.  

     

    Praxishinweis

    Dass Geschädigte auf ein Interimsfahrzeug verwiesen werden, ist zwar relativ selten. Es kommt aber hin und wieder vor (z.B. OLG Celle 24.10.07, 14 U 85/07, Abruf-Nr. 073385 – Lkw). Der springende Punkt ist neben der Zumutbarkeitsfrage der Kostenvergleich. Der Zwischenkauf eines Fahrzeugs muss wesentlich billiger sein als die Alternativen Mietwagen bzw. pauschale Nutzungsentschädigung. M.a.W.: Die klassischen Wege beim Nutzungsersatz können getrost etwas teurer sein als die wirtschaftlichen Nachteile eines Zwischenkaufs. Was aber bedeutet die BGH-Formel „nicht wesentlich übersteigt“ konkret? Einen bestimmten Prozentsatz nennt der BGH aus gutem Grund nicht. Zu Einzelheiten des Kostenvergleichs und der Zumutbarkeitsprüfung s. OLG Celle, a.a.O. und Eggert, NZV 88, 121. Der Anwalt des Geschädigten tut jedenfalls gut daran, den gegnerischen Versicherer auf die Verlängerung des normalen Ausfallzeitraums unter Vorlage des Kaufvertrags rechtzeitig hinzuweisen. Ein Schweigen des Versicherers bedeute, so der BGH, keine Zustimmung zu einem bestimmten Procedere. Also ggf. nachhaken.