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  • 04.07.2011 | Nötigung

    Kurzes In-den-Weg-Stellen im Straßenverkehr

    Stellt sich der Täter dem herannahenden Kraftfahrer lediglich für 30 Sekunden in den Weg und zwingt ihn allein durch seine körperliche Anwesenheit zum Anhalten, liegt keine Gewalt im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB vor (OLG Frankfurt a.M. 23.11.10, 2 Ss 274/10, Abruf-Nr. 110813).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Angeklagte und der Zeuge Z waren in der Vergangenheit schon häufiger in Streit geraten, weil der Zeuge mit seinem Motorrad über das Grundstück des Angeklagten fuhr. Als er dies wieder einmal tat, stellte sich der Angeklagte ihm in den Weg und forderte ihn auf, nicht über sein Grundstück zu fahren. Weil er hierbei einen Stock in der Hand hielt, fragte ihn der Zeuge, ob er ihn nun schlagen wolle. Hierauf erwiderte der Angeklagte etwas und entfernte sich. Der Wortwechsel dauerte ca. 30 Sekunden. Der Angeklagte ist vom LG frei gesprochen worden. Die Revision der StA blieb erfolglos.  

    Die tatsächlichen Feststellungen des LG tragen den Freispruch vom Vorwurf der Nötigung. Insbesondere liegt kein Darstellungsmangel vor. Das LG musste keine näheren Feststellungen zur Hinderung des Zeugen am Wegfahren treffen. Auch wenn der Zeuge sein Motorrad anhalten musste, um den im Weg stehenden Angeklagten nicht anzufahren, ergibt sich keine Strafbarkeit wegen Nötigung nach § 240 StGB. Die Annahme einer tatbestandsmäßigen Gewalt scheidet aus, wenn die Handlung lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Betroffenen nur psychischer Natur ist (BVerfGE 92, 1; BGHSt 41, 231; OLG Düsseldorf NJW 99, 2912). So verhielt es sich hier. Eine physische Gewalteinwirkung auf den Zeugen war nicht gegeben. Der Angeklagte versperrte dem Zeugen, selbst wenn dieser wegen ihm sein Motorrad anhalten musste, ohne direkte körperliche Einwirkung lediglich für etwa 30 Sekunden den Weg und gab diesen unmittelbar wieder frei (vgl. auch BGH NStZ-RR 02, 236).  

     

    Praxishinweis

    Das OLG hat darauf hingewiesen, dass es im Übrigen auch an einer Verwerflichkeit der Tathandlungen i.S.d. § 240 Abs. 2 StGB fehlen würde. Diese liegt vor, wenn die Nötigungshandlung zu dem angestrebten Zweck unter Berücksichtigung aller Umstände so anstößig ist, dass es als grober Angriff auf die Entschlussfreiheit anderer der Zurechtweisung mit den Mitteln des Strafrechts bedarf (OLG Düsseldorf a.a.O.). Diese Voraussetzungen sah das OLG hier ebenfalls als nicht gegeben an. Der Zeuge war mehrfach über das Grundstück des Angeklagten gefahren. Da sich dieser einem weiteren Eingriff in sein Eigentumsrecht ausgesetzt wähnte und die Hinderung des Zeugen am Wegfahren lediglich etwa 30 Sekunden andauerte, wäre das Verhalten nicht ethisch missbilligenswert und somit nicht verwerflich i.S.d.§ 240 Abs. 2 StGB.  

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wir haben über die Nötigung im Straßenverkehr in VA 05, 70 berichtet.