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  • 25.10.2010 | Informatorische Befragung

    Abgrenzung informatorische Befragung zur Vernehmung

    Nicht jeder unbestimmte Tatverdacht begründet bereits die Beschuldigteneigenschaft mit der Folge einer entsprechenden Belehrungspflicht (OLG Zweibrücken 16.8.10, 1 SsBs 2/10, Abruf-Nr. 103017).

     

    Sachverhalt

    Der Betroffene wollte auf einer Polizeiinspektion einen Bekannten abholen. Der dortige Polizeibeamte hatte den Eindruck, der Betroffene stehe unter Drogeneinfluss. Auf seine Frage, wie er hergekommen sei, erklärte der Betroffene, er sei mit dem Auto gefahren. Daraufhin belehrte ihn der Polizeibeamte als Beschuldigten und setzte die Befragung fort. Das AG hat auch die vor der Belehrung gemachten Angaben des Betroffenen verwertet und ihn wegen einer fahrlässigen Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG verurteilt. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Eine Verletzung von Verfahrensrecht liegt nicht darin, dass das AG auch die vor der Belehrung gefallene Äußerung des Betroffenen verwertet hat, er sei mit dem Auto gefahren. Seit der Grundsatzentscheidung des BGH ist zwar anerkannt, dass der Verstoß gegen die Belehrungspflicht bei der ersten Vernehmung durch die Polizei grds. ein Verwertungsverbot nach sich zieht (BGHSt 38, 214). Allerdings begründet nicht jeder unbestimmte Tatverdacht bereits die Beschuldigteneigenschaft mit der Folge einer Belehrungspflicht. Vielmehr kommt es auf die Stärke des Verdachts an. Die Strafverfolgungsbehörde muss nach pflichtgemäßer Beurteilung darüber befinden, ob dieser sich bereits so verdichtet hat, dass die vernommene Person ernstlich als Täter oder Beteiligter der untersuchten Straftat in Betracht kommt. Diese Grenze der informellen Befragung ist hier als noch nicht überschritten angesehen. Die Wahrnehmungen des Polizeibeamten deuteten zunächst nur auf den Einfluss von Drogen hin. Der Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz ist erst durch die Antwort des Betroffenen hergestellt worden. Die Wertung des Beamten, der erst hierdurch den zur Belehrungspflicht führenden Verdachtsgrad als erfüllt erachtet, ist nicht zu beanstanden.  

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung ist m.E. nicht zutreffend. Die von dem Polizeibeamten gestellte Frage, wie der Betroffene nach Germersheim gekommen sei, zielte gerade auf den Umstand des Fahrens ab. Deshalb hätte hier der Betroffene vor dieser Frage belehrt werden müssen (vgl. dazu auch Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2010, Rn. 380 ff.). In der Hauptverhandlung muss der Verteidiger darauf achten, dass er der Verwertung der Angaben, die der Betroffene vor seiner Belehrung gemacht hat, widersprechen muss.