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  • 01.02.2007 | Geschwindigkeitsüberschreitung

    Keine Ablehnung eines Beweisantrages bei konkreter Fehlerbehauptung

    Bei einem standardisierten Messverfahren drängt sich eine weitere Beweisaufnahme auf bzw. liegt diese nahe, wenn konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes behauptet werden (OLG Hamm 11.12.06, 2 Ss OWi 598/06, Abruf-Nr. 070236).

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde, mit der er u.a. die formelle Rüge erhoben hat. Zu deren Begründung ist vorgetragen worden, das AG habe einen Beweisantrag des Betroffenen nicht ablehnen dürfen, mit dem der Verteidiger die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache verlangt hatte, dass das verwendete RIEGL-Messgerät bei der vorliegenden Messdistanz von 166 m mit einer Fehlerquelle behaftet ist, durch welche die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit des Porsche 911-996 Coupé erheblich geringer als die mit dem Gerät gemessene Geschwindigkeit gewesen sein könne. Deshalb entspreche die gemessene Geschwindigkeit nicht der tatsächlich gefahrenen. Die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Ablehnung des Beweisantrages hinsichtlich der behaupteten Fehlerquelle des RIEGL-Messgerätes verletzt die Vorschrift des § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG bzw. das Beweisantragsrecht des Betroffenen. Zwar hatte das AG bereits die Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens zur Beweisaufnahme herangezogen und zu dessen Einsatz zwei Messbeamte als Zeugen vernommen. Die Berufung auf ein standardisiertes Messverfahren objektiviert eine Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch nur dann ohne weiteres, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlmessung im Einzelfall dargetan werden. Hier hatte der Betroffene hingegen für die spezifische Situation eines aus 166 m gemessenen Porsche unter substantiierender Bezugnahme auf Fachliteratur dargelegt, dass eine Fehlerquelle des verwendeten Messverfahrens gerade in der auch vom Gericht angenommenen konkreten Messkonstellation existiert. Die aufgeworfenen Zweifel ergaben sich somit nicht nur aus allgemein behaupteten Fehlerquellen des RIEGL-Gerätes, sondern auch aus seinen tatsächlichen Einsatzumständen.  

     

    Praxishinweis

    Der Verteidiger muss bei der Formulierung eines Beweisantrages darauf achten, dass er eine konkrete Beweisbehauptung aufstellt und einen konkreten Messfehler darlegt, z.B. wie folgt: „Ich beantrage zum Beweis der Tatsache, dass die gemessene Geschwindigkeit nicht der tatsächlichen Geschwindigkeit entspricht und nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine erheblich niedrigere Geschwindigkeit gefahren werden konnte, die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Begründung: ...“ Es reicht nicht aus, nur allgemein die Unzuverlässigkeit des Messgerätes darzulegen. In dem Fall muss er nämlich damit rechnen, dass sein Beweisantrag zurückgewiesen wird.