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  • 01.06.2007 | Geschwindigkeitsüberschreitung

    Fehlerhafte Eichung bei ProViDa-Fahrzeugen

    1. Zum Umgang mit einer fehlerhaften Eichung von ProViDa-Fahrzeugen nach einer Geschwindigkeitsmessung.  
    2. Lehnt das Eichamt trotz vorher jahrelang erfolgter Eichungen die Eichung eines Messgerätes ab, obwohl sich an dem Messgerät nichts verändert hat, so kommt jedenfalls in Verfahren wegen Geschwindigkeitsverstößen, in denen kein Fahrverbot in Rede steht, eine Einstellung nach § 47 OWiG in Betracht.  
    (AG Lüdinghausen 27.3.07, 10 OWi 89 Js 18/07-5/07, Abruf-Nr. 071423)  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Verfahren war nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen, da der Geschwindigkeitsverstoß nur mit erheblichem Aufwand weiterverfolgt werden könnte. Das Messgerät war zwar zur Tatzeit gültig geeicht, die Voraussetzungen für eine Eichung lagen aber offenbar nicht vor, da das Eichamt derzeit trotz unveränderter Bauweise eine Eichung der Fahrzeuge ablehnt. Die Autobahnpolizei hat dazu wie folgt Stellung genommen: Die Fahrzeuge vom Typ E 320 CDI waren zwar alle mindestens bis 31.12.06 geeicht. Aufgrund eines technischen Details im Fahrzeug führt das Eichamt Düsseldorf aber zurzeit die (Nach)Eichung nicht durch, obwohl herstellerseits den Zentralen Polizeitechnischen Diensten (ZPD) mitgeteilt wurde, durch welche technischen Gegebenheiten die erforderlichen Bedingungen gewährleistet sind. Nach Meinung des AG Lüdinghausen ist unklar, wie mit solchen Fällen, in denen formell richtig, materiell aber wohl falsch geeichte Messgeräte genutzt wurden, zu verfahren ist. Es bedürfte hier sicher einer sachverständigen Klärung. Der hierdurch verursachte Aufwand steht allerdings hier in keinem Verhältnis zur Wertigkeit des Verstoßes.  

     

    Praxishinweis

    Nach Einschätzung von RA Detlev Ströcker (Quante, Neuhaus & Partner) besteht das Problem nicht nur in NRW, sondern bundesweit. Ausgangspunkt der Enthüllungen war ein Verfahren, das Ströcker vor dem AG Münster führt. Dort hat das Eichamt Düsseldorf dem Gericht mit Schreiben vom 2.3.07 (Abruf-Nr. 071541) Folgendes mitgeteilt: Die meisten in NRW mit ProViDa-Systemen ausgerüsteten Fahrzeuge (E-Klasse ab Baureihe W 210, die neuen 5er-BMW und auch einige BMW-Motorräder) sind mit einem CAN-Bus ausgerüstet und arbeiten daher mit nachgebildeten Wegimpulsen. Da der CAN-Bus über keine Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) verfügt, sind die Voraussetzungen für eine Eichung nicht (mehr) gegeben.  

     

    Als Verteidiger sollten Sie sich auf die Rspr. des AG Lüdinghausen berufen und versuchen, eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Gelingt dies nicht und will das Gericht die gemessene Geschwindigkeit dennoch verwerten, sollten Sie ein Sachverständigen-Gutachten beantragen. Außerdem ist darauf zu achten, dass bei der Messung mit einem nicht geeichten System ein Sicherheitsabschlag von 20 % vorzunehmen ist (KG NZV 95, 37). Das kann für die Frage der Verhängung eines Fahrverbotes entscheidend sein.