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  • 01.04.2007 | EU-Fahrerlaubnis

    Erwerb während laufender Sperrfrist

    Der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU (hier Tschechei) erworbenen Fahrerlaubnis, gegen den im Inland eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis verhängt worden war und der erst nach Ablauf dieser Sperrfrist im Inland fahrerlaubnispflichtige Kfz führt, macht sich auch dann nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar, wenn die EU-Fahrerlaubnis noch während der Sperrfrist erteilt worden war. Unerheblich ist dabei, ob die Fahrerlaubnis in dem anderen Mitgliedstaat der EU nur deshalb erworben wurde, um die inländischen Vorschriften über die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug zu umgehen (OLG München 29.1.07, 4 St RR 222/06, Abruf-Nr. 070469).

     

    Entscheidungsgründe

    Ein Fahren ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG lag nicht vor, da der Angeklagte im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Nach § 28 Abs. 1 FeV berechtigt eine EU-Fahrerlaubnis grundsätzlich zum Führen von Kfz im Inland. Ein Fall, der die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis rechtfertigen würde, liegt nicht vor, weil § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FeV im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben eng auszulegen und daher nur eingeschränkt anwendbar ist. Es macht im Strafverfahren keinen Unterschied, ob der Erwerb einer Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat noch während einer im Inland verhängten Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis erfolgt oder erst nach Ablauf einer solchen Frist. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass der Angeklagte die EU-Fahrerlaubnis nur erworben hat, weil er damit die deutschen Vorschriften über die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug und nach Verhängung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung umgehen wollte. Es kann nämlich dahinstehen, ob eine solche mit dem Stichwort Führerscheintourismus belegte Verhaltensweise als rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen wäre oder nicht, weil sie jedenfalls eine Strafbarkeit nicht begründet. Ausschlaggebend ist im strafrechtlichen Zusammenhang nur die formelle verwaltungsrechtliche Wirksamkeit eines Verwaltungsakts, nicht dessen materiell-rechtliche Richtigkeit.  

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung steht in Einklang mit der EuGH-Rspr. in Sachen „Kapper“ und „Halbritter“ (VA 04, 100, Abruf-Nr. 041215 , VA 06, 120, Abruf-Nr. 061594). Sie steht allerdings im Widerspruch zur verwaltungsrechtlichen Rspr. (zuletzt u.a. OVG Thüringen VA 06, 211, Abruf-Nr. 063199, und OVG Mecklenburg-Vorpommern VA 06, 211, Abruf-Nr. 063200). Danach kann es nämlich im Einzelfall einem Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts ausnahmsweise verwehrt sein, sich auf den Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG zu berufen. Das wird im Fall des „Rechtsmissbrauchs“ angenommen, von dem die verwaltungsrechtliche Rspr. im Fall des Führerscheintourismus ausgeht. Das OLG München hat zutreffend klargestellt, dass es für den Bereich des Strafrechts nicht drauf ankommt, ob die Fahrerlaubnis im Wege des „Führerscheintourismus“ erworben wurde. Entscheidend ist allein die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit (s. auch schon OLG Saarbrücken NStZ-RR 05, 50).