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  • 01.08.2007 | Autokauf

    Gebrauchtwagenkauf: OLG geht neue Wege

    1. Auch bei einem verschleißbedingten Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang muss der Verkäufer eines gebrauchten Kfz die gesetzliche Vermutung widerlegen, dass das Fahrzeug bereits ursprünglich fehlerhaft war.  
    2. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens gehört es auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zur vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit, dass bei den vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Inspektionen sämtliche erforderlichen Arbeiten durchgeführt wurden.  
    (OLG Koblenz 19.4.07, 5 U 768/06, Abruf-Nr. 071953 = NJW 07, 1828)  

     

    Sachverhalt

    Der Kläger erwarb von dem beklagten Kfz-Händler einen gebrauchten Audi A 4. Bei Auslieferung am 11.8.04 zeigte der Tacho 133.000 km. Bei Km-Stand 153.516 trat am 10.2.05, also noch innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB, ein Motorschaden auf. Als Ursache stellte sich der Ausfall des Riemen-spanndämpfer-Elements heraus. Es war verschlissen. Der Kläger klagte nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens auf Ersatz von Nutzungsausfall, Reparatur- und Anwaltskosten. Das LG Trier hat die Klage wegen fehlenden Nachweises einer Mangelhaftigkeit abgewiesen. Das OLG Koblenz hat das Urteil nach Einholung eines Gutachtens und Vernehmung von Zeugen bestätigt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Anders als das LG hält das OLG den § 476 BGB (Beweislastumkehr) im Ausgangspunkt für anwendbar. Trete bei normaler Nutzung innerhalb der Sechsmonatsfrist ein vollständiger Verschleiß auf, sei es Sache des Verkäufers, die Vermutung zu widerlegen, dieser Verschleiß habe schon bei Übergabe vorgelegen. Der Beklagten sei dies nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme gelungen. Erwiesen sei, dass bei Auslieferung ein Verschleiß des Spanndämpfer-Elements, der als Mangel anzusehen wäre, noch nicht vorgelegen habe. Wiederum abweichend vom LG bejaht das OLG sodann einen Mangel für den Fall, dass das o.a. Element bei der großen 120.000er Inspektion hätte gewechselt werden müssen, was unstreitig unterblieben war. Es habe jedoch, so die Beweisaufnahme, keine Notwendigkeit für einen Austausch bestanden. Der Zahnriemenwechsel im Rahmen der 120.000er Wartung ohne Austausch des Spanndämpfer-Elements sei ordnungsgemäß gewesen.  

     

    Praxishinweis

    Das Beste an dem Urteil ist sein Ergebnis. Die Begründung ist in zentralen Punkten bedenklich. Mit dem Leitsatz Nr. 1 weicht das OLG von der h.M. zu § 476 BGB ab (siehe VA 06, 154, 156). Gleichwohl kann das rkr. Urteil Verbraucher-Käufern helfen, in den heiklen Verschleißfällen über die erste Hürde (liegt überhaupt ein Mangel vor?) zu kommen. Verkäufer-Anwälten ist ein aktuelles Urteil des LG Dortmund zu empfehlen, das die 476er Problematik im Sinne der h.M. richtig bewältigt (3.1.07, 22 O 85/06, Abruf-Nr. 071481).