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  • · Fachbeitrag · Reparaturkosten

    Versicherer mit neuem Generalangriff auf SV-Kostenerstattung

    | Nachdem der BGH eisern daran festhält, dass der Geschädigte bei weitgehender Übereinstimmung von Schadengutachten und Reparaturkosten schadenrechtlich umfassend geschützt ist, werden bei manchen Versicherern offenbar wieder die Messer gewetzt, um die Schadengutachter zurückzudrängen. Neben den Restwertthemen (siehe Seite 16 in dieser Ausgabe) rückt nun wieder die Erkenntnis in den Vordergrund, dass der Schadengutachter sehr häufig auf Empfehlung der Werkstatt eingeschaltet wird. UE setzt sich nachfolgend damit auseinander und liefert die Antworten. |

    Neuer Versicherer-Fragebogen

    Vor Jahren hat es schon einmal ein Versicherer versucht, jedoch sehr bald erkannt, dass das nicht weiterführt. Doch jetzt geht es bei einem anderen Versicherer los. Der verschickt folgenden Fragebogen ‒ hier exemplarisch an einen Rechtsanwalt:

     

    Versicherer-Fragebogen / Acht Fragen zur Beauftragung des Sachverständigen

    Zur weiteren Aufklärung der Angelegenheit bezüglich der Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten bitten wir in Absprache mit Ihrem Mandanten um die Beantwortung der anliegenden Fragen:

     

    • 1) Hat der Sachverständige Ihren Mandanten bei Vertragsschluss auf seine Preise hingewiesen?
    • 2) Wurde deutlich gemacht, dass wegen der Preishöhe bei Abrechnung mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer ggf. auch Kostenanteile bei Ihrem Mandanten verbleiben könnten?
    • 3) Wie hat Ihr Mandant den Sachverständigen gefunden?
      • Internetrecherche
      • Empfehlung der Werkstatt
      • durch Bekannte
      • etc.
    • 4) Hat Ihr Mandant den Sachverständigen aus mehreren ausgewählt?
    • 5) Hat Ihr Mandant sich bei diesen nach Preisen erkundigt?
    • 6) Wie hat Ihr Mandant die Auswahlentscheidung getroffen?
      • nach Preis
      • nach Qualität
      • etc.
    • 7) Sind Ihrem Mandanten die AGB vor der Unterschrift ausgehändigt worden und hatte Ihr Mandant die Gelegenheit, diese einzusehen, bevor Ihr Mandant diese unterschrieben hat?
    • 8) Hat der Sachverständige Ihren Mandanten darauf hingewiesen, dass er trotz der von Ihrem Mandanten unterzeichneten Abtretungserklärung Ihren Mandanten persönlich bezüglich der Restbeträge in Anspruch nehmen wird?
     

    Das sind die Antworten auf die Versicherer-Fragen

    Jeder Fall ist anders, aber im Kern dürfte doch vieles standardisierbar sein. UE hat die Antworten nachfolgend für Sie vorformuliert (die Antworten sind kursiv).

     

    Wichtig | Beachten Sie, dass es bei einigen Antworten darauf ankommt, ob es eine Preisvereinbarung gibt.

     

    Zu Frage 1) Preise

    • Variante Preisvereinbarung: Es sind sogar Preise vereinbart worden.

     

    • Variante übliche Preise: Nein. Meine Mandantschaft geht davon aus, dass „das Übliche“ berechnet wird, wie es beim Werkvertrag ohne Preisvereinbarung das Gesetz eben vorsieht.

     

    Zu Frage 2) Kostenanteile bei Geschädigtem

    Es ist bei den vom Gutachter berechneten Preisen nach der Rechtsprechung der hiesigen Justiz nicht zu befürchten, dass Preisanteile am Mandanten hängenbleiben. Wenn das nach der vorgerichtlichen Abrechnung so ist, liegt das nicht am Schadengutachter, sondern an Ihrer eigenwilligen Schadenregulierung.

     

    Zu Frage 3) Frage zum Sachverständigen

    Variante: Der Gutachter ist hier in der Region der „Platzhirsch“.

    Variante: Der Gutachter wurde von der Werkstatt empfohlen.

     

    Zu Frage 4) Auswahl des Sachverständigen

    Nein, er ist dessen Renommeé und der Empfehlung gefolgt, weil er als Unfall-Laie selbst ohnehin nicht beurteilen kann, wer „gut“ ist und wer nicht.

     

    Zu Frage 5) Erkundigung nach Preisen

    • Variante Preisvereinbarung: Nicht nur das, es wurde sogar die Gültigkeit der Preisliste vereinbart.

     

    • Variante übliche Preise: Nein, die ergeben sich doch aus dem Gesetz („üblich“). Und laut BGH darf ein Geschädigter davon ausgehen, dass ihm nicht mehr als das Übliche berechnet wird (BGH, Urteil vom 28.02.2017, Az. VI ZR 76/16, Abruf-Nr. 193340, dort Leitsatz 2: „…denn der verständige Geschädigte wird unter diesen Umständen im Regelfall davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht.“)

     

    Zu Frage 6) Auswahlentscheidung

    Siehe Antwort zu Frage 4.

     

    Zu Frage 7) Einsicht in AGB

    Daran erinnert sich der Mandant nicht. Das ist aber für die Erstattung der Gutachterkosten ohne jede Relevanz. Ggf. gelten eben der Gutachtervertrag und das Werkvertragsrecht mit der „Üblichkeit“ ohne die Feinheiten der AGB.

     

    Zu Frage 8) Hinweis zur möglichen Inanspruchnahme des Geschädigten

    Das ergibt sich bereits aus dem Konstrukt der Abtretung an Erfüllung statt. Im Übrigen ist ‒ siehe Antwort auf Frage 2 ‒ bei den vom Gutachter berechneten Preisen nach der Rechtsprechung der hiesigen Justiz eine Inanspruchnahme des Geschädigten nicht zu befürchten.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 12 | ID 49486936