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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Vorschaden: OLG Hamburg bestätigt seine strenge Linie

    Bei einem Vorschaden im Schadensbereich des späteren Unfalls ist der Geschädigte darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Vorschaden ordnungsgemäß und fachgerecht repariert worden war (Hanseatisches OLG Hamburg 29.8.13, 14 U 57/13, Abruf-Nr. 133109).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Bei einer Kreuzungskollision war der Pkw des Kl. auf der linken Seite beschädigt worden. Dort hatte er bereits bei einem früheren Unfall einen Schaden erlitten. Dessen genaues Ausmaß blieb „dunkel“ (OLG). Strittig war ferner und vor allem, ob der Vorschaden ordnungsgemäß repariert worden war. Der Kl. hat vorgetragen, ein Sachverständiger habe sein Fahrzeug vor dem (Zweit-)Unfall untersucht und dabei festgestellt, dass die Teile, die bei dem streitigen Unfall beschädigt worden seien, sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden hätten. Dem LG Hamburg hat das ersichtlich genügt. Das OLG Hamburg hingegen hat die Klage auf die Berufung der Bekl. komplett abgewiesen. Dem Kl. sei die Darlegung einer ordnungsgemäßen und fachgerechten Reparatur des Vorschadens nicht gelungen. Nach den Angaben des vom Kl. benannten Sachverständigen sei von „ganz erheblichen Restspuren“ des früheren Unfalls auszugehen (Veränderungen von Spaltmaßen und Wellen im Bodenblech).

     

    Praxishinweis

    Das Urteil liegt auf der strengen Hamburg-Köln-Frankfurter-Linie. Sobald ein Vorschaden im Spiel ist, leisten die Versicherer Widerstand. Im Ansatz gewiss zurecht. Nicht selten trifft es jedoch den Falschen. Und dies mit Unterstützung von Gerichten, die statt genau hinzusehen kurzen Prozess machen, indem sie „Darlegungsmängel“ monieren.

     

    VA hat wiederholt auf die vielschichtige Problematik der „Vorschadensfälle“ hingewiesen, zuletzt in der Juni-Ausgabe (S. 96 ff.). Scharf zu trennen ist zwischen der (haftungsausfüllenden) Kausalität und der eigentlichen Schadensbemessung, bei der das Gericht auch Risikoabschläge oder die Ermittlung eines Mindestschadens in Betracht zu ziehen hat, bevor es die Klage vollständig abweist (BGH NJW 13, 2584 Tz. 19/20). Ob der Vorschaden „fachgerecht“ oder „ordnungsgemäß“ beseitigt worden war (schon diese Begriffe sind durchaus problematisch), ist unter dem Kausalitätsaspekt nicht der entscheidende Punkt. Insoweit kommt es auf Vollständigkeit an. Ist der Vorschaden ganz oder teilweise „offen“ gewesen? Ein „offener“ Vorschaden kann eine Neuschädigung ausschließen (muss es nicht zwingend). Ein nur „mangelhaft“ reparierter Vorschaden dagegen ist einer Neuschädigung zugänglich. Ob der Geschädigte vollen oder nur teilweisen Ersatz von Reparaturkosten erhält, lässt sich nicht pauschal sagen. Was er jedenfalls verlangen kann, ist die Wiederherstellung des Zustands vor dem (Zweit-)Unfall.

     

    Einsender | Rechtsanwalt Gunnar Stark, Kanzlei Ochsendorf & Coll., Hamburg

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 184 | ID 42336396