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  • · Fachbeitrag · Ehegatten-Arbeitsverhältnisse

    Ehegatten-Arbeitsverhältnisse rechtssicher und optimal gestalten - Teil 1

    | Viele Klein- und Mittelständler wären ohne die Mitarbeit des Ehe- oder Lebenspartners nicht so erfolgreich. Eine dreiteilige Beitragsreihe zeigt, wie entsprechende Arbeitsverhältnisse rechtssicher gestaltet und optimiert werden können. Der erste Teil erläutert die sozialversicherungsrechtliche Komponente. In den anderen beiden Teilen zeigen wir die lohnsteuerlichen sowie die arbeitsrechtlichen Spielregeln mitsamt Mustervertrag. |

    Gesetzlicher Versicherungsschutz gewünscht?

    Stichfeste Vereinbarungen sind aufgrund der familiären Nähe äußerst wichtig, weil sie den peniblen Prüfungen der Sozialversicherungsträger ausgesetzt sind. Besonders kritisch sind die Prüfer aufgrund der Befürchtung, dass über die Beschäftigung der Schutz der Sozialversicherung ungerechtfertigt „erschlichen“ werden könnte.

    • Beispiel

    Viele Handwerker und Selbstständige sind privat krankenversichert. Damit wären auch Kinder und der Ehe- oder Lebenspartner privat abzusichern. Durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schlüpft der Ehe- oder Lebenspartner in die gesetzliche Krankenversicherung, Kinder können dann unter Umständen beitragsfrei in der Familienversicherung mitversichert werden.

     

    Auf der anderen Seite wünscht nicht jeder den Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung - neben der Kranken- und Pflegeversicherung auch der Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Insbesondere wenn statt einer eigenen Versicherung des Ehe- oder Lebenspartners eine beitragsfreie Familienversicherung möglich wäre. Dies ist der Fall, wenn

    • der Unternehmer sich freiwillig gesetzlich krankenversichert hat und
    • der Ehe- oder Lebenspartner durchschnittlich monatlich nicht mehr als 385 Euro eigene Einkünfte hat. Bei einem Arbeitsverhältnis - beispielsweise einem Minijob - beträgt die Freigrenze 450 Euro (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

     

    PRAXISHINWEIS | Letztendlich bleibt ein Wahlrecht:

    • Wer die Sozialversicherung vermeiden will, muss darauf achten, dass der Ehe- oder Lebenspartner keine oder nur sehr wenige Merkmale einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung erfüllt. Eine Mitarbeit kann auch aufgrund des familiären Zusammenhalts oder als selbstständige Tätigkeit erfolgen.
    • Wer den Schutz der Sozialversicherung für seinen mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner anstrebt, muss möglichst viele Kennzeichen einer Beschäftigung erfüllen. Zudem müssen die Grenzen der kurzfristigen Beschäftigung sowie der geringfügigen Beschäftigung (Minijob) überschritten werden. Dabei sollte die Arbeitslohngrenze von 450 Euro nicht nur um wenige Euro überschritten werden, weil Prüfer dann besonders misstrauisch werden.
     

    Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung

    Entscheidende Abgrenzungskriterien für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind das Weisungsrecht des Arbeitgebers und die Eingliederung in dessen Betrieb. Das BSG übersetzt das mit der „persönlichen Abhängigkeit“.

     

    Einzelkriterien nur Indizwirkung

    Praktiker sind an konkreten Vorgaben und Abgrenzungskriterien interessiert. Daran fehlt es aber bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Ehegatten- oder Lebenspartner-Arbeitsverhältnissen. Maßgebend sind weniger einzelne Kriterien als vielmehr das Gesamtbild der Umstände nach der Gewichtung der Einzelkriterien. Darin liegt die praktische Schwierigkeit: Je nach Interessenlage wird dasselbe Kriterium von den Sozialversicherungsträgern mal zugunsten, mal gegen eine Beschäftigung herangezogen.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Übersicht möglicher Einzelkriterien finden Sie auf Seite 160 - mit einer Gewichtung, wie wichtig sie aus Sicht der Redaktion sind.

     

    Weisungsrecht als besonders wichtiges Kriterium

    Sowohl nach den Veröffentlichungen der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger (Rundschreiben vom 13.4.2010, insbesondere Anlage 4; Abruf-Nr. 132763) als auch nach der Rechtsprechung zum Ehegatten-Arbeitsverhältnis kommt es entscheidend auf das Weisungsrecht des Betriebsinhabers an. Der Arbeitgeber muss bezüglich Zeit, Dauer, Ort, Art und Ausführung der Arbeit das unmittelbare Weisungsrecht haben.

     

    Wichtig | Sowohl das BSG als auch die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger akzeptieren, dass das Weisungsrecht „bei Diensten höherer Art“ erheblich eingeschränkt sein darf, zumal viele berufliche Entscheidungen zwischen Ehe- oder Lebenspartnern gemeinsam getroffen werden. Allerdings darf es nicht vollständig wegfallen, sondern es muss bei einer fremdbestimmten Arbeitsleistung bleiben.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Frage der Weisungsgebundenheit versus Eigenbestimmtheit spielt vor allem eine Rolle, wenn der Ehe-oder Lebenspartner gleichzeitig am Unternehmen beteiligt ist. Hält der Ehepartner beispielsweise an einer GmbH 50 Prozent der Gesellschaftsanteile, stellt das BSG darauf ab, ob der mitarbeitende Ehepartner mit seiner Stimme jeden Beschluss der GmbH maßgeblich beeinflussen kann. In diesem Fall liegt keine Beschäftigung vor (BSG, Urteil vom 17.5.2001, Az. B 12 KR 34/00 R; Abruf-Nr. 011073).

     

    Vergütung als gewichtiges Indiz

    Einig sind sich die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger (Rundschreiben vom 13.4.2010, Anlage 4, TZ 1.2.3) und das BSG (Urteil vom 19.2.1987, Az. 12 RK 45/85), dass die Vergütung für die Tätigkeit des Ehe- oder Lebenspartners für die tatsächliche Arbeitsleistung angemessen sein muss. Es darf sich nicht nur um ein Taschengeld oder eine Anerkennung handeln, sondern es muss eine Gegenleistung für die Arbeit vorliegen.

     

    Beträgt der Arbeitslohn maximal 50 Prozent des Tariflohns bzw. des ortsüblichen Arbeitsentgelts, spricht das gegen ein Beschäftigungsverhältnis. Allerdings ist auch das nur eines von vielen Beurteilungskriterien.

     

    Ein weiteres Kennzeichen der Beschäftigung ist, dass der Lohn pünktlich, vollständig und regelmäßig ausgezahlt wird. Außerdem muss der Lohn dem mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner auch tatsächlich und zur freien Verfügung zufließen. Deshalb wird eine Banküberweisung empfohlen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Löhne an Ehe- oder Lebenspartner sollten wie die an fremde Arbeitnehmer überwiesen werden und nicht erst bei einer günstigen Liquiditätslage. Kann der Lohn für den mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner dauerhaft nicht bezahlt werden, sollte der Arbeitsvertrag entsprechend angepasst und die Vergütung nach unten korrigiert werden.

     

    Gestaltungsspielraum durch passende Regelungen festlegen

    In erster Linie ist es der Betriebsinhaber, der maßgeblich über die sozialversicherungsrechtliche Stellung von mitarbeitenden Familienangehörigen entscheidet: Ob sie sozialversicherungsfrei aufgrund der familiären Beziehung mithelfen, die Stellung eines Arbeitnehmers erhalten oder in Ausnahmefällen selbstständig tätig sind. Damit es bei späteren Prüfungen keine Schwierigkeiten gibt, muss ein klarer, eindeutiger Vertrag vorliegen.

     

    Wichtig | Der Vertrag muss sich nach den tatsächlichen Verhältnissen richten. Er darf nicht nur - vor allem zur Ersparnis von Steuern und Abgaben - „erfunden“ werden, sondern muss mit der Praxis übereinstimmen. Nur dann können die getroffenen Vereinbarungen „prüfungssicher“ sein.

     

    Ändern sich die Verhältnisse - weil zum Beispiel der Partner weitgehende Leitungsfunktionen übernimmt oder sich finanziell in erheblichem Umfang beteiligt -, müssen die Verträge angepasst werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei jeder Änderung von Arbeitszeit, Aufgabenfeld oder Lohnhöhe muss der ursprüngliche Arbeitsvertrag angepasst und eine neue Beurteilung über die Art der Beschäftigung getroffen werden.

     

    Zwingende Statusklärung bei der Anmeldung

    Der Ehe- oder Lebenspartner muss im Lohnprogramm mit der Kennzahl „1“ angemeldet werden (§ 28a Abs. 3 SGB V). Das löst bei der Deutschen Rentenversicherung ein Verfahren zur Statusklärung aus (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Das Ergebnis der Statusklärung ist für alle Sozialversicherungsträger bindend. Damit bietet die Statusklärung folgende Sicherheiten:

     

    • Wird eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung festgestellt, gilt dies auch für die Bundesagentur für Arbeit. Bei späterer Arbeitslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit kann sie Leistungen nicht verweigern.
    • Gehen die Beteiligten davon aus, dass keine Beschäftigung vorliegt, schützt die rechtzeitige Statusklärung vor späteren Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen. Solange das Statusklärungsverfahren läuft, besteht keine Versicherungspflicht. Das gilt bis zu dem Zeitpunkt, bis zu dem die Entscheidung über die Statusfeststellung bestandskräftig wird. Dieser Schutz des Arbeitgebers wird aber nur erreicht, wenn
      • der Antrag auf Statusfeststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird,
      • der Beschäftigte dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht zustimmt und
      • bei Beginn des Anfrageverfahrens für den mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner eine ausreichende Krankenversicherung und Altersvorsorge besteht, deren Leistungen der gesetzlichen Versicherung entsprechen.

     

    Wichtig | Immer wieder versuchen Arbeitgeber, ein jahrelang angemeldetes Arbeitsverhältnis im Nachhinein zu korrigieren. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat aber klargestellt (Urteil vom 18.4.2012, Az. L 11 KR 312/10, Abruf-Nr. 132765): Ein „Sinneswandel“ oder eine Fehleinschätzung genügen dazu nicht. Nur bei schwerwiegenden Fehlern oder der Erschleichung des Versicherungsschutzes ist ein rückwirkender Ausstieg aus der Versicherungspflicht möglich. Schlechte Karten hat man, wenn die bisherige Behandlung weder bei Prüfungen der Sozialversicherung noch des Finanzamts aufgegriffen wurde.

    Sozialversicherungsstatus unabhängig vom Steuerrecht

    Es kann sein, dass die Sozialversicherungsträger zu einem anderen Ergebnis kommen als die Prüfer des Finanzamts. Das kommt von den unterschiedlichen Interessen der beiden Institutionen. Die steuerliche Behandlung der Vergütung ist für die Sozialversicherung nur eines von vielen Indizien. Selbst wenn das Finanzamt die Vergütung des mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartner steuerlich kappt, bleibt es sozialversicherungsrechtlich bei den bisherigen Sozialversicherungsbeiträgen. Eine rückwirkende Korrektur ist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 7.2.2002, Az. B 12 KR 13/01 R; Abruf-Nr. 020391).

    Übersicht bedeutender Kriterien

    Abschließend finden Sie bedeutende Kriterien für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von mitarbeitenden Ehe- oder Lebenspartnern:

     

    • Übersicht Arbeitsverhältnis mit Ehe- oder Lebenspartner

    Kriterium

    Pro Beschäftigung

    Contra Beschäftigung

    Gewicht

    Weisungsrecht des Arbeit-gebers

    Arbeitgeber legt insbesondere Dauer und Lage der Arbeitszeit, Arbeitsort und Art der Arbeitsausführung fest.

    Ehegatte kann Tätigkeit weitgehend frei gestalten (Arbeitsort und Arbeitszeit) sowie über Arbeitskraft frei verfügen.

    

    Vertragliche Grundlagen

    Wille der Vertragspartner und Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses ist in schriftlichem Arbeitsvertrag festgelegt.

    Wille der Vertragspartner ist nicht eindeutig geregelt.

    

    Tatsächliche Durchführung

    Werden die schriftlichen Regelungen wie vereinbart umgesetzt, sind sie maßgeblich, wenn sie den tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widersprechen.

    Die tatsächlichen Verhältnisse geben den Ausschlag, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 28.5.2008, Az. B 12 KR 13/07 R, RZ 17; Abruf-Nr. 082276).

    

    Tatsächliche Durchführung

    Bei Familienmitgliedern übliche Abweichungen werden akzeptiert (beispielsweise Urlaub wird mit Betriebsinhaber abgestimmt oder nicht jedes Jahr voll genommen, mitarbeitender Ehe- oder Lebenspartner leistet freiwillig unbezahlte Überstunden).

    Vereinbarter Urlaub wird nicht genommen (zum Beispiel statt sechs nur zwei Wochen), vereinbarte Arbeits- bzw. Anwesenheitszeiten werden nicht eingehalten oder es wird unüblich viel gearbeitet (zum Beispiel sechs Tage zu zwölf Stunden).

    

    Ersatz fremder Arbeitskraft

    Ohne die Beschäftigung müsste zwingend eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden.

    Mitarbeit des Ehe- oder Lebenspartner ist nicht betriebsnotwendig.

    

    Vergütung

    Arbeitslohn

    • ist angemessen (Arbeitsleistung und Vergütung ausgewogen und fremdüblich),
    • wird regelmäßig und in der vereinbarten Höhe gezahlt,
    • wird auf ein Konto des Arbeitnehmers überwiesen und
    • steht dem Arbeitnehmer frei und uneingeschränkt zur Verfügung.

    Arbeitslohn

    • beträgt maximal 50 Prozent des üblichen (Tarif-)Lohns

    

    Güterstand

    Gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft sowie vertraglich vereinbarte Gütertrennung sind unschädlich, ebenso eingetragene Lebenspartnerschaften (§§ 6, 7 LPartG mit Verweis auf BGB-Regelungen).

    Eheleute leben in Gütergemeinschaft und Betrieb gehört zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft.

    

    Organisatorische Stellung

    Ehe- oder Lebenspartner ist fremdbestimmt in die Betriebsorganisation eingebunden (beispielsweise sind Arbeitszeiten und Anwesenheitstage vorbestimmt oder ergeben sich aus der Aufgabenstellung).

    Ehe- oder Lebenspartner unterliegt nur seiner selbst gegebenen Arbeits- oder Betriebsordnung (insbesondere als Geschäftsführer oder Betriebsleiter).

    

    Rechtliche Stellung

    Ehe- oder Lebenspartner

    • ist nicht am Betrieb beteiligt und
    • hat keine oder nur geringfügige Vertretungsbefugnis.

    Ehe- oder Lebenspartner ist insbesondere an einer GmbH so beteiligt, dass er Beschlüsse der Gesellschafterversammlung blockieren kann.

    

    Steuerliche Behandlung

    Steuerliche Beurteilung als Arbeitslohn und Betriebsausgabe ist grundsätzlich kein Indiz für eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung (SG Landshut, Urteil vom 9.7.2010, Az. S 1 KR 72/08; Abruf-Nr. 132764).

    Keine Lohnversteuerung und kein Abzug als Betriebsausgabe sprechen nach Auffassung der Sozialversicherungsträger gegen eine Beschäftigung (Rundschreiben der Spitzenverbände vom 13.4.2010, Anlage 4, TZ 1.2.5).

    Unternehmerisches Risiko

    Ehe- oder Lebenspartner

    • erhält feste Vergütung.
    • Teilweise Tantieme bzw. Umsatzbeteiligung spricht nicht gegen Beschäftigung.

    Wer eigenes Kapital, Vermögen oder die eigene Arbeitskraft einsetzt und dabei damit rechnen muss, dass das eingesetzte Kapital bzw. Vermögen verloren geht oder die eingesetzte Arbeitszeit nicht vergütet wird, gilt nicht als Beschäftigter.

     

    Wichtig | Darlehen oder Bürgschaften kein sicheres Abgrenzungskriterium, da von Sozialversicherungsprüfern oft entgegengesetzt argumentiert wird.

     

    Weiterführende Hinweise 

    • Beitrag „Kurzfrist-Job“, LGP 4/2012, Seite 66 (Hinweis: Die 400 Euro-Grenze dieses Beitrags ist aktuell mit 450 Euro zu ersetzen)
    • Die lohnsteuerlichen Besonderheiten von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen erscheinen in der Oktober-Ausgabe
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 157 | ID 42241676

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