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  • · Fachbeitrag · Abwesenheitsverhandlung

    Entbindung des Betroffenen vom Erscheinen in der Hauptverhandlung

    Zur Frage der Entbindung des Betroffenen in der Hauptverhandlung, wenn ihm der Vorwurf der Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr gemacht wird (OLG Düsseldorf 14.12.11, IV 1 RBs 144/11, Abruf-Nr. 121345).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, als Führer eines Kfz verbotswidrig ein Mobiltelefon benutzt zu haben. Er hat beantragt, von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden zu werden. Das AG lehnte ab und verwarf den Einspruch gem. § 74 Abs. 2 OWiG. Die Rechtsbeschwerde beim OLG Düsseldorf blieb erfolglos.

    Das AG hat den Betroffenen zu Recht nicht von der Pflicht zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung entbunden. In der Hauptverhandlung rund vier Monate nach der Tat sollte ein Polizeibeamter als Zeuge auftreten. Die Feststellung des Tatvorwurfs hing maßgeblich davon ab, ob sich der Zeuge an den konkreten Einzelfall erinnerte. Eine solche Erinnerung ist notwendig an den optischen Eindruck von dem Betroffenen geknüpft, wenn es - wie hier - um dessen körperliches Verhalten geht. Denn der Zeuge hätte sich konkret daran erinnern müssen, ob er gesehen hat, dass der Betroffene ein Mobiltelefon bedient hat. Dazu hätte er den Betroffenen unmittelbar identifizieren müssen. Bereits dieser Umstand rechtfertigte die Annahme, die Anwesenheit des Betroffenen sei erforderlich. Hinzu kommt, dass der Zeuge den Betroffenen nach Aktenlage nicht persönlich kannte und seit der Begegnung mit ihm vier Monate verstrichen waren. Überdies wird der Zeuge als Polizeibeamter in dieser Zeit eine Vielzahl ähnlicher Vorfälle beobachtet haben. Das ist angesichts der Häufigkeit solcher Verstöße keine bloße Spekulation, sondern sehr wahrscheinlich, und es erschwert die Erinnerung an den konkreten Vorfall zusätzlich.

     

    Praxishinweis

    Das OLG ist davon ausgegangen, dass sich der Fall des verbotswidrigen Mobiltelefonierens von anderen Verkehrsverstößen unterscheidet, in denen das verkehrswidrige Verhalten mittelbar z.B. durch Beobachtung des fahrenden Kfz oder durch Auswertung einer Blutprobe festgestellt wird. Die Annahme, ein Zeuge könne sich bei Anwesenheit des Betroffenen besser erinnern, könne in solchen Fällen dessen persönliche Anwesenheit nicht immer erforderlich machen (vgl. für Geschwindigkeitsüberschreitungen bzw. Verstöße gegen § 24a StVG KG Berlin DAR 11, 146; OLG Bamberg VRR 10, 231; OLG Naumburg StraFo 07, 207). Vorliegend seien die aufgezeigten Umstände jedoch ausreichend, um die Annahme des AG zu rechtfertigen, der Zeuge wäre im Angesicht des Betroffenen zu zuverlässigeren Bekundungen in der Lage gewesen. M.E. ist fraglich, ob das richtig ist. Denn wo ist der Unterschied zur Geschwindigkeitsüberschreitung? Und wenn der Betroffene den Verstoß eingeräumt hat (das blieb hier offen), ist die Entscheidung m.E. auf jeden Fall falsch. Dann bestand überhaupt kein Anlass, den Betroffenen in die Hauptverhandlung zu zitieren. Welchen Erkenntnisgewinn sollte seine Anwesenheit dann noch haben?

    Quelle: Ausgabe 06 / 2012 | Seite 106 | ID 33467080