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· Fachbeitrag · Viertes Quartal 2019

FG Rechtsprechung kompakt: Die Top 11 für die Gestaltungsberatung

von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

| Im vierten Quartal 2019 sind wieder zahlreiche praxisrelevante FG-Urteile veröffentlicht worden, die man unbedingt im Blick haben sollte. Die für die Gestaltungsberatung wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie auf den Punkt gebracht und mit ersten Handlungsempfehlungen versehen. |

1. Doppelte Haushaltsführung von Ledigen bei ausreichender finanzieller Beteiligung am Haupthausstand

Das FG Niedersachsen (18.9.19, 9 K 209/18; Rev. BFH: VI R 39/19) hat erstmals zu den neuen gesetzlichen Anforderungen der „finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG Stellung genommen. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist danach eine Beteiligung an den laufenden Miet-, Neben- und Lebensführungskosten nicht erforderlich. Auch rückwirkende Zahlungen, einmalige oder außergewöhnliche finanzielle Beiträge sind nach Auffassung des FG ausreichend, soweit sie insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % der haushaltsbezogenen Lebensführungskosten des Haupthausstandes übersteigen.

 

PRAXISTIPP | Man darf gespannt sein, wie der BFH die neuen Tatbestandsmerkmale auslegt. Bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens sollte der steuerliche Berater betroffenen Mandanten anraten, sich monatlich mit einem nicht unwesentlichen Betrag (oberhalb von 10 %) an den Gesamtkosten des Haupthausstandes zu beteiligen. In bereits aufgegriffenen Fällen bleibt nur der Einspruch unter Berufung auf das Besprechungsurteil und ein Hoffen auf eine günstige Entscheidung des BFH.

 

2. USt bei Warenverkäufen mit Null-Prozent-Finanzierung

Warenverkäufe, die mit Null-Prozent-Finanzierungen locken, gehören heutzutage zum Alltag im Handel, insbesondere bei größeren Elektrogeräten oder Fahrrädern. Das FG Hessen ist nun zu dem Ergebnis gelangt, dass die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus solchen Warenverkäufen nicht um die an das finanzierende Kreditinstitut entrichteten Entgelte zu mindern ist. Der einfache Grund: Die Lieferung der Waren und die Übernahme der Finanzierungskosten durch den liefernden Unternehmer sind als einheitliche Leistung anzusehen (FG Hessen 12.2.19, 1 K 384/17, Rev. BFH: XI R 15/19).

 

Im Streitfall hatte der Einzelhändler in seinen Rechnungen dem Kunden offengelegt, dass ein als Nachlass bezeichneter Betrag zugunsten des Kunden direkt an die finanzierende Bank gezahlt und die Bemessungsgrundlage der Warenlieferung um diesen Betrag gemindert werde. Ein Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses bestand aber nicht.

 

PRAXISTIPP | Der BFH wird sich u. a. mit der Frage befassen, ob eine Vergleichbarkeit des den Kunden gewährten „Finanzierungsnachlasses“ mit Preisnachlässen in Form von Barzahlungsrabatten oder Skonti besteht, bei denen es zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage kommt. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Zahlungen der Hersteller/Händler an Autobanken und sonstige Finanzierungsinstitute im Rahmen von Finanzierungs- bzw. Leasinggeschäften sowie üblichen Konsumentenkreditgeschäften nehmen Sie bitte das BMF-Schreiben vom 24.9.13 (IV D 2 - S 7100/09/10003 :002, BStBl I 13, 1219) zur Hand.

 

3. Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Waldgrundstücken

Das FG Münster (14.11.19, 8 K 168/19 GrE; Rev. BFH: II R 45/19) hat im Falle von zusammen mit einem Grundstück erworbenen Weihnachtsbaumkulturen entschieden, dass nur der das Grundstück betreffende Teil des Kaufpreises der Grunderwerbsteuer unterliegt. Nach Auffassung des FG sind die Weihnachtsbäume kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, sondern nur sog. Scheinbestandteile.

 

PRAXISTIPP | Die Problematik dürfte über den entschiedenen Einzelfall hinaus Bedeutung haben, insbesondere in Fällen, in denen etwa forstwirtschaftliche Betriebe kontinuierlich bewirtschaftete Waldflächen erwerben (vgl. hierzu bereits FG Düsseldorf 16.5.19, 7 K 3217/18 GE, Rev. BFH II R 36/19). Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide offengehalten und bei der Vertragsgestaltung weiterhin auf eine angemessene Verteilung der Kaufpreise auf Grund und Boden und aufstehendes Holz geachtet werden. Einer solchen Kaufpreisaufteilung ist in der Regel zu folgen, wenn die Zuordnung der Einzelpreise objektiv angemessen und nicht rechtsmissbräuchlich erscheint.

 

4. Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim bei mehrjähriger Renovierungsphase

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bleibt der Erwerb des Eigentums an einem bebauten Grundstück von Todes wegen durch die Kinder steuerfrei, soweit der Erblasser darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, die beim Erwerber unverzüglich nach dem Erbfall selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und soweit die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigt. Das FG Münster hat allerdings klargestellt, dass der Erwerb eines Familienheims nicht steuerbefreit ist, wenn der Erbe das Objekt erst nach einer dreijährigen Renovierungsphase bezieht (FG Münster 24.10.19, 3 K 3184/17 Erb; Rev. zugelassen).

 

Beachten Sie | „Unverzüglich“ i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG bedeutet laut BFH ohne schuldhaftes Zögern ‒ d. h. innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall. Angemessen ist nach Auffassung des BFH regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten. Nach Ablauf von sechs Monaten muss der Erwerber glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung als Familienheim entschlossen hat, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

 

PRAXISTIPP | Umstände in seinem Einflussbereich, wie eine Renovierung der Wohnung, sind dem Steuerpflichtigen nur unter besonderen Voraussetzungen nicht anzulasten (BFH 28.5.19, II R 37/16, BStBl II 19, 678). Die steuerliche Praxis sollte die betroffenen Mandanten auf die strengen und folgenschweren Anforderungen aufmerksam machen und anhalten, den Fortgang der Renovierung und Gründe für eingetretene Verzögerungen unbedingt zu dokumentieren.

 

5. Kürzung der Werbungskosten für Forschungsaufenthalt im Ausland um steuerfreie Stipendien

Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Diese Kürzungsvorschrift soll auch zum Tragen kommen, wenn eine wissenschaftliche Mitarbeiterin für einen Forschungsaufenthalt im Ausland ein Stipendium in Form eines monatlichen Festbetrages und einer einmaligen Reisepauschale erhält. Die mit dem Auslandsaufenthalt zusammenhängenden Werbungskosten (Reisekosten, doppelte Haushaltsführung und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) sind daher um für diesen Aufenthalt gewährte, gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfreie Stipendien zu kürzen (FG Münster 15.10.19, 12 K 1794/16 E; so auch bereits FG Köln 20.5.16, 12 K 562/13, EFG 16, 1605).

 

PRAXISTIPP | Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage fehlt bislang. Bitte beachten sie, dass der Bezug von monatlichen Zahlungen aus einem Forschungsstipendium im Inland zu steuerbaren sonstigen Einkünften führen kann (vgl. FG Düsseldorf 8.5.18, 13 K 614/17 E; anders FG Niedersachsen 14.2.19, 19, 10 K 247/17, Rev. BFH: X R 6/19 betr. Zahlungen im Rahmen eines Stipendiums bei einer Gastarzttätigkeit in Deutschland).

 

6. Abzug nicht verbrauchter Erhaltungsaufwendungen beim Erben oder Erblasser?

Nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen i. S. v. § 82b EStDV sind nach Auffassung des FG Münster in einer Summe beim Erblasser in dessen Todesjahr abzuziehen (entgegen R 21.1 Abs. 6 EStR 2012). Eine Fortführung der Verteilung nach § 82 EStDV beim Erben kommt danach nicht in Betracht (FG Münster 11.10.19, 10 K 3350/18 E; Rev. BFH IX R 31/19).

 

Auch der BFH ist in seinem Urteil vom 13.3.18 (IX R 22/17, BFH/NV 18, 824 zum Fall eines Vorbehaltsnießbrauchers im Verhältnis zum Eigentümer) davon ausgegangen, dass von einem Steuerpflichtigen getragene Erhaltungsaufwendungen i. S. v. § 82b EStDV bei seinem Tod nicht auf seine Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergehen. Der verbliebene Teil der Erhaltungsaufwendungen sei vielmehr beim Erblasser im VZ seines Todes bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Jedoch geht die Finanzverwaltung in R 21.1 Abs. 6 EStR weiterhin von der gegenteiligen Beurteilung aus.

 

PRAXISTIPP | Die Verwaltung will nun im anhängigen Revisionsverfahren klären lassen, ob der BFH an seiner Rechtsauslegung auch für die im Streitfall vorliegende Konstellation eines „einfachenr“ Erbfalls festhält. Da bis zur höchstrichterlichen Klärung mit Widerstand der Finanzämter zu rechnen ist, ist bis dahin Einspruch gegen betroffene Steuerbescheide geboten.

 

7. Sky-Bundesliga-Abo als Werbungskosten

Kosten für ein Sky-Bundesliga-Abo können nach einer Entscheidung des FG Düsseldorf (5.11.19, 15 K 1338/19 E) bei entsprechender beruflicher Veranlassung als Werbungskosten abzugsfähig sein. Im Streitfall ging es um einen bei einem Lizenzfußballverein angestellten Torwarttrainer.

 

Im ersten Rechtsgang hatte das FG Düsseldorf den Werbungskostenabzug noch mit dem Argument abgelehnt, Zielgruppe des Pakets „Fußball Bundesliga“ sei kein Fachpublikum, sondern die Allgemeinheit. Die entsprechenden Kosten für ein Sky-Bundesliga-Abo seien daher ‒ wie bei dem Bezug einer Tageszeitung ‒ immer privat veranlasst, auch wenn ein Steuerpflichtiger ein berufliches Interesse daran habe. Im Revisionsverfahren folgte der BFH dieser Argumentation nicht. Aufwendungen für ein Sky-Bundesliga-Abo können danach Werbungskosten sein, wenn das Abo tatsächlich nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird (BFH 16.1.19, VI R 24/16). Im zweiten Rechtsgang konnte das FG Düsseldorf nun eine entsprechende, fast ausschließliche berufliche Veranlassung feststellen.

 

PRAXISTIPP | Auch wenn der vollständige Abzug der Sky-Abo-Kosten die Ausnahme bleiben wird, kommt eine steuerliche Berücksichtigung doch zumindest bei Arbeitnehmern im Profisport (insbesondere Fußballtrainer, Manager, sportliche Leiter u. Ä.) in Betracht. In diesen Fällen wird es in jedem Einzelfall auf die Darlegung des beruflichen Nutzens ankommen.

 

8. Rückabwicklung von Baukrediten: Vergleichsbeträge nur teilweise einkommensteuerpflichtig

Das FG Köln (14.8.19, 14 K 719/19; Rev. BFH: VIII R 30/19) hat jüngst entschieden, dass die aufgrund eines Vergleichs von einer Bank zurückgezahlten Zinsen keine einkommensteuerpflichtigen Kapitalerträge darstellen. Steuerpflichtig ist danach jedoch der Teil der Rückzahlung, der auf den Nutzungsersatz entfällt.

 

Im Streitfall hatten die Kläger wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung den Baukredit für ihr Eigenheim widerrufen. Aufgrund eines Vergleichs zahlte die Bank für alle aus dem Widerruf entstehenden gegenseitigen Ansprüche 4.225 EUR. Die Bank behandelte diesen Betrag als steuerpflichtigen Kapitalertrag, führte die Kapitalertragsteuer ab und stellte hierfür eine Steuerbescheinigung aus. Das FA ging von einer Bindungswirkung dieser Bescheinigung aus und unterwarf den gesamten Betrag der Besteuerung. Das FG folgte dem zur zum Teil. Insbesondere entfalte die falsch ausgestellte Steuerbescheinigung keine Bindungswirkung für die Einkommensteuer.

 

PRAXISTIPP | Man darf gespannt sein, wie sich der BFH hinsichtlich dieser sehr praxisrelevanten Rechtsfragen positioniert. Bis zur Entscheidung durch den BFH sollten betroffene Steuerbescheide unbedingt offengehalten werden.

 

9. Bildung eines Investitionsabzugsbetrags bei Errichtung einer Freiberufler-GbR

Wird eine Freiberufler-GbR errichtet, indem ein Gesellschafter seine Einzelpraxis einbringt und der andere eine Geldeinlage leistet, stellt sich die Frage, ob dieser Vorgang steuerlich als Anschaffung des Betriebsvermögens der Einzelpraxis durch die GbR zu werten ist. Für diesen Fall werden auch bewegliche Wirtschaftsgüter angeschafft, für die ‒ unter den Voraussetzungen des § 7g EStG ‒ die GbR bereits im Vorjahr (sofern z. B. der Gesellschaftsvertrag hier geschlossen wird) einen Investitionsabzugsbetrag bilden könnte. Das FG München hat diese Möglichkeit zwar abgelehnt, jedoch die Revision zugelassen (FG München 27.6.19, 11 K 3048/18; Rev. BFH: VIII R 22/19).

 

PRAXISTIPP | Der BFH wird im Revisionsverfahren auch klären, ob für den Fall der grundsätzlich möglichen Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags für die GbR zu diesem Zweck dann bereits für das ‒ vor dem Jahr des Inkrafttreten des Vertrags liegende ‒ Jahr negative Einkünfte der GbR festzustellen sind. Um von einer ggf. günstigen Entscheidung des BFH profitieren zu können, sollte der steuerliche Berater einen entsprechenden Investitionsabzugsbetrag im Vorjahr der tatsächlichen Einbringungen ‒ sofern die GbR hier bereits durch Vertrag gegründet wurde ‒ im Rahmen einer Feststellungserklärung geltend machen und bei Ablehnung der Feststellung der negativen Einkünfte Einspruch einlegen.

 

10. Aufwendungen für typisch stille Beteiligung minderjähriger Kinder an einer Zahnarztpraxis nicht abziehbar

Aufwendungen für eine stille Beteiligung der minderjährigen Kinder des Steuerpflichtigen an dessen Zahnarztpraxis sind nach Auffassung des FG München vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, wenn die Zusage von Gewinnbeteiligungen privat motiviert ist; nämlich um Steuern zu sparen und den Kindern einen Vorteil zukommen zu lassen. Die Zahlungen an die Kinder unterliegen dann dem Abzugsverbot nach § 12 EStG (FG München 17.5.19, 6 K 756/18; Rev. BFH VIII R 17/19).

 

PRAXISTIPP | Die Beteiligung von Kindern an einem gewerblichen oder freiberuflichen Betrieb ist in der Praxis ein beliebtes Gestaltungsinstrument zur Steueroptimierung. Sofern minderjährige Kinder beteiligt werden sollen, ist zunächst im Hinblick auf die zivilrechtliche Wirksamkeit zu beachten, dass die Kinder beim Abschluss der notariellen Verträge durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden und das zuständige Amtsgericht als Vormundschaftsgericht die Verträge genehmigt. Sofern die Beteiligung an einer freiberuflichen Praxis erfolgt, führen die Verträge mangels Handelsgewerbe nicht zu stillen Gesellschaften i. S. d. § 230 HGB. Steuerliche Folge ist, dass der Freiberufler und seine Kinder nicht an denselben Einkünften beteiligt sind, eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte mithin nicht erforderlich ist.

Die gezahlten Gewinnbeteiligungen sind Betriebsausgaben, wenn sie steuerrechtlich anzuerkennen sind (st. Rspr.; vgl. BFH 10.11.87, VIII R 53/84, BStBl II 88, 186). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob der steuerliche Berater die betriebliche Veranlassung der Beteiligung ausreichend begründen kann. Die steuerliche Praxis sollte jedoch beachten, dass die Zuwendung von Geldbeträgen an minderjährige Kinder verbunden mit der Auflage, diese sogleich wieder als Einlage im Rahmen einer „typischen stillen Gesellschaft“ zur Verfügung zu stellen, in keinem Fall zur Abziehbarkeit der Gewinnanteile führen dürfte, wenn eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist (so etwa BFH 12.2.92, X R 121/88, BStBl II 92, 468).

 

11. Geeigneter Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer für Gebäude bei der AfA-Berechnung

Anstelle des regelmäßig in Betracht kommenden AfA-Satzes von 2 % kann bei Gebäuden nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechende AfA vorgenommen werden, sofern die tatsächliche Nutzungsdauer weniger als 50 Jahre beträgt. Das FG Düsseldorf hat hierzu aktuell entschieden, dass das Berechnungsmodell der Anlage 4 (Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen) der Sachwertrichtlinie vom 5.9.12 ein geeigneter Nachweis zur Bestimmung einer kürzeren Nutzungsdauer darstellt (FG Düsseldorf 12.7.19, 3 K 3307/16 F, EFG 19, 1673; Rev. BFH: IX R 25/19).

 

Die Finanzverwaltung vertritt immer wieder die Ansicht, dass die Anwendung eines typisierten Modells zur Ableitung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes grundsätzlich abzulehnen ist. Das von einem Sachverständigen angewandte Verfahren könne im Rahmen der Gebäudesachwertermittlung nach §§ 21 ff. i. V. m. § 6 Abs. 6 ImmoWertV ausschließlich für Zwecke der Verkehrswertermittlung Anwendung finden. Dem ist das FG nun jedoch entgegengetreten. Das von der Verwaltung geforderte „Bausubstanzgutachten“ stellt nach Auffassung des FG im Übrigen kein sachgerechteres Verfahren für die Ermittlung der Nutzungsdauer eines Gebäudes i. S. d. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG dar.

 

PRAXISTIPP | Die Nutzungsdauer i. S. v. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ist gemäß § 11c Abs. 1 EStDV der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die zu schätzende Nutzungsdauer wird dabei bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, die die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer ist als die technische Nutzungsdauer, kann der Steuerpflichtige sich auch hierauf berufen. In welcher Form der Nachweis zu führen ist, ist umstritten. Da es sich aber um eine steuermindernde Tatsache handelt, obliegt dem Steuerpflichtigen die Darlegungs- bzw. Nachweispflicht. Von der Revisionsentscheidung wird sich die steuerliche Praxis Klarstellungen erhoffen, wie eine kürzere Nutzungsdauer des vermieteten oder sonst einkunftsrelevant genutzten Gebäudes in geeigneter Form nachgewiesen werden kann.

 
Quelle: Seite 52 | ID 46312462