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  • · Fachbeitrag · Lizenzschranke

    Das neue BMF-Schreiben zu § 4j EStG als Arbeits- und Entscheidungshilfe

    von Dr. Christian Kahlenberg, M.Sc./LL.M., Flick Gocke Schaumburg, Berlin/Bonn

    | Seit dem 1.1.18 ist die sog. Lizenzschranke des § 4j EStG anwendbar. Die Vorschrift ist in ihrer Ausgestaltung sehr komplex, weil für Anwendungsfragen letztlich auf ausländisches (Steuer-)Recht abzustellen ist. Frühzeitig wurde von der Praxis ein begleitendes Anwendungsschreiben gefordert. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Frage, wann eine tatbestandlich maßgebende Präferenzregelung i. S. d. § 4j EStG vorliegt. Mit Schreiben vom 19.2.20 äußerte sich das BMF nun erstmalig, wenn auch nicht ausdrücklich, hierzu (BMF 19.2.20, IV C 2 ‒ S 2144-g/17/10002). |

    1. Rechtsgrundlagen der Zinsschranke

    Die Regelung des § 4j EStG wurde mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.17 (BGBl I 17, 2074) eingeführt. Ziel der Vorschrift soll nach der Gesetzesbegründung die Bekämpfung internationaler Gewinnverlagerungen durch sog. IP- oder Patentboxregime sein (BR-Drucks. 59/17, 4). Dessen Hintergrund waren die Arbeiten der OECD im Rahmen des BEPS-Aktionspunktes 5 (OECD, Countering Harmful Tax Practices More Effectively, 2015), wonach der internationale Steuerwettbewerb mithilfe derartiger Regime als schädlich eingestuft wurde. Als (internationale) Konsenslösung erarbeite die OECD den sog. Modified-Nexus-Approach, der steuerliche Fördermaßnahmen auf Gläubigerseite vereinfacht in dem Umfang zulässt, als eigenständige Forschungs- und Entwicklungsleistung erbracht wird.

     

    MERKE | Mit Wirkung zum 1.1.20 ist in Deutschland das sog. Forschungszulagengesetz (FZulG) in Kraft getreten, wonach Unternehmen mit F&E-Tätigkeiten 25 % der förderfähigen Kosten, maximal jedoch 500.000 EUR pro Wirtschaftsjahr und Unternehmen, erstattet bekommen (dazu z. B. Titgemeyer DStR 19, 1274). Das deutsche Konzept konzentriert sich auf die Aufwandsseite (Eingangsseite), während das OECD-Konzept die Steuerbegünstigung der Einkünfte aus der Verwertung von IP (Ausgangsseite) in den Blick nimmt.

     

     

    Die als wettbewerbsschädlich eingestuften IP- oder Patentboxen sollen nach den OECD-Empfehlungen bis zum 30.6.21 Bestandschutz genießen, um den verschiedenen Staaten hinreichend Zeit zur Anpassung ihrer bestehenden Regelungen an den Modified-Nexus-Approach zu geben. Hier kommt nun § 4j EStG ins Spiel. Die Vorschrift sieht eine Abzugsbeschränkung auf Schuldnerebene vor. Sie ist damit als unabgestimmte, unilaterale Maßnahme zu sehen, die gerade diesen Interimszeitraum aufgreift. Der Gesetzgeber meint daher auch eine flankierende Regelung geschaffen zu haben.

     

    Beachten Sie | Die deutsche Lizenzschranke ist für Aufwendungen für Rechteüberlassungen maßgebend, die nach dem 31.12.17 entstanden sind ‒ also seit dem Veranlagungszeitraum 2018 (§ 52 Abs. 8a und Abs. 16 EStG).

    2. Regelungskonzept des § 4j EStG

    2.1 Tatbestandsebene

    § 4j EStG knüpft tatbestandlich an Aufwendungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten an, deren korrespondierenden Erträge auf Ebene des Gläubigers einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung (Präferenzregelung) unterliegen müssen.

     

    MERKE | Die Formulierung entspricht § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, weshalb für Auslegungsfragen auf das dort vorherrschende Verständnis zurückgegriffen werden kann. Das führt aber zwangsläufig zum Import der aus § 50a EStG sowie § 73a EStDV bekannten Rechtsunsicherheit. In subjektiver Hinsicht muss es sich bei Schuldner und Gläubiger um sog. nahestehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG handeln.

     

    Beachten Sie | Im Rahmen des sog. ATAD-UmsG ist eine Anpassung des § 1 Abs. 2 AStG vorgesehen, wonach die Definition der nahestehenden Person zukünftig auch auf Mehrfachstimmrechte, stimmrechtslose Anteile oder Stimmbindungsverträge (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AStG-E) sowie Ansprüche auf Gewinne oder Liquidationserlöse (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AStG -E) ausgedehnt werden soll (s. auch Loose, PIStB 20, 44, Ditz et al, DStR 20, 73; Richter, ISR 20, 110).

     

    • Beispiel 1

    Die deutsche D-GmbH ist Teil eines global agierenden Pharmakonzerns und auf die Erforschung, Weiterentwicklung sowie Herstellung bestimmter Pflanzenschutzmittel spezialisiert. Für eine bestimmte Produktlinie hat sie ein Patent ihrer polnischen Schwestergesellschaft (PL sp.z.o.o) „erworben“ und leistet dafür jährlich angemessene Lizenzgebühren von rd. 365.000 EUR. Die Lizenzeinnahmen unterliegen bei der PL sp.z.o.o. einer Effektivbelastung von 5 %.

     

    Beachten Sie | Im Jahr 2019 hat Polen eine IP-Box eingeführt (Art. 24d und 24e KStG-PL), wonach anstelle des regulären Körperschaftsteuersatzes von 19 % Einkommen aus qualifizierten Immaterialgüterrechten (IP) mit lediglich 5 % besteuert werden, insoweit die Kosten im Zusammenhang mit dem IP auf eigene F&E-Tätigkeiten entfallen (Art. 24d Abs. 4 KStG-PL; vgl. Morska, PIStB 19, 144, Halat, IWB 20, 79).

     

    Der Tatbestand des § 4j Abs. 1 S. 1 EStG wäre erfüllt: Die D-GmbH leistet Aufwendungen für das Recht auf Nutzung des Patents, die PL sp.z.o.o. unterliegt in Polen einer von der Regelbesteuerung (19 %) abweichenden (5 %), niedrigen (weniger als 25 %) Besteuerung und es handelt sich bei der D-GmbH und ihrer Schwestergesellschaft um nahestehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG.

     

    Die Vorschrift erfasst auch Lizenzketten, sodass bei Zwischenschaltung regulär besteuerter Gläubiger in die Leistungsbeziehung (Lizenzvereinbarung) auf den bzw. die weiteren Gläubiger abzustellen ist (§ 4j Abs. 1 S. 2 EStG). Vorliegend würde also z. B. die Einschaltung einer regulär besteuerten Tochtergesellschaft der PL sp.z.o.o., die quasi zwischen die Leistungsbeziehung der D-GmbH und der PL sp.z.o.o. zwischengeschaltet wird, nur dazu führen, dass es nicht auf die reguläre Besteuerung der Tochtergesellschaft ankäme, sondern auf die Besteuerung der von ihr geleisteten Lizenzgebühren an die PL sp.z.o.o. (weiterer Gläubiger).

     

    Schuldner und Gläubiger können auch Betriebsstätten sein (§ 4j Abs. 1 S. 3 EStG).

     

    2.2 Rechtsfolgenebene

    Sind die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, bestimmt sich der nicht abzugsfähige Teil der Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) nach dem Verhältnis der ausländischen Ertragsteuerbelastung zur Niedrigsteuergrenze von 25 % (§ 4j Abs. 3 EStG: proportionales Abzugsverbot). Der nicht abzugsfähige Teil ermittelt sich daher wie folgt:

     

     

    Für das vorstehende Beispiel würde das proportionale Abzugsverbot letztlich dazu führen, dass grundsätzlich (1 ‒ 0,20 =) 80 % der Aufwendungen der D-GmbH nicht abzugsfähig wären.

     

    Das Abzugsverbot greift dabei auch ungeachtet der Regelung des Art. 25 Abs. 4 DBA-Polen ein. Danach sind u. a. Lizenzgebühren, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats (hier: Deutschland) an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person (hier: Polen) zahlt, unter den gleichen Bedingungen zum Abzug zuzulassen wie Zahlungen im rein nationalen Fall (Hagemann/Kahlenberg in H/H/R, § 4j EStG Rn. 14). Denn § 4j Abs. 1 S. 1 und 2 enthalten einen ausdrücklichen „Treaty Override“, sodass der DBA-rechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz letztlich überschrieben wird.

     

    2.3 Ausnahmeregelungen

    2.3.1 Nexus-Escape (§ 4j Abs. 1 S. 4 EStG)

    Um die OECD-Empfehlungen i. R. d. BEPS-Aktionspunkts 5 zu beherzigen, sieht § 4j Abs. 1 S. 4 EStG eine Ausnahmeregelung vor, wonach die Lizenzschranke keine Anwendung findet, wenn die Steuervergünstigung der Lizenzerträge dem Nexus-Ansatz der OECD (Modified Nexus Approach) entspricht.

     

    MERKE | Der Nexus-Ansatz prüft (vereinfacht), ob eine IP-/Patentbox den Umfang einer Steuervergünstigung vom Grad bzw. von der Intensität der eigenen F&E-Tätigkeit des Steuerpflichtigen abhängig macht (OECD, Countering Harmful Tax Practices More Effectively, 2015, Rn. 28). Begünstigungswürdig ist demnach eine wesentliche Geschäftstätigkeit, wobei der begünstigungsfähige Anteil vom Umfang der eigenen F&E-Tätigkeit abhängt.

     

    Der Nexus-Ansatz sieht eine Steuerbegünstigung im Verhältnis der qualifizierten (F&E-)Ausgaben zu den Gesamtausgaben nach folgender Formel vor:

     

     

    • Beispiel 2

    Die niederländische NL BV hat mit ihrer deutschen Tochter (D-GmbH) einen Lizenzvertrag über die Nutzung von Markenrechten abgeschlossen. Die D-GmbH zahlt dafür eine fremdübliche Vergütung von jährlich 675 TEUR. In den Niederlanden werden die Lizenzvergütungen aufgrund der Inanspruchnahme der niederländischen Innovationsbox effektiv mit rd. 7 % besteuert.

     

    Die niederländische Innovationsbox (dazu auch Francissen/Hop/Schwarz/Stein, RIW 19, 714) entspricht den OECD-Vorgaben, weil sie die Gewährung des Steuervorteils vom Anteil eigener F&E-Tätigkeiten abhängig macht, wie das Ermittlungsschema für begünstigte Verwertungserträge zeigt:

     

     

    MERKE | Zu den qualifizierenden Entwicklungsausgaben zählen Ausgaben, die einen unmittelbaren Bezug zur F&E-Tätigkeit haben. Zu den gesamten Entwicklungsausgaben gehören alle Aufwendungen, die das forschende Unternehmen bei eigenständiger Entwicklungsleistung selbst getragen hätte bzw. hätte aufwenden müssen. Hierzu zählen insbesondere Kosten für die Auftragsforschung oder den Erwerb von IP.

     

    In Konsequenz sind vorliegend die Tatbestandsmerkmale des § 4j Abs. 1 S. 1 EStG erfüllt ‒ insbesondere Lizenzaufwendungen zwischen nahestehenden Personen und präferenzielle Besteuerung der Lizenzeinnahmen. Die Rechtsfolge (proportionales Abzugsverbot) tritt aber gemäß § 4j Abs. 1 S. 4 EStG (Nexus-Ausnahme) nicht ein, weil das Präferenzregime Nexus-konform ist.

     

    2.3.2 Erfassung im Rahmen der (deutschen) Hinzurechnungsbesteuerung

    Schließlich soll das Abzugsverbot der Lizenzaufwendungen auch dann nicht eingreifen, wenn die korrespondierenden Erträge der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen (§ 4j Abs. 1 S. 5 AStG), um drohende Doppelbelastungen zu vermeiden (BT-Drucks. 18/11233, 15).

     

    Beachten Sie | Lizenzeinnahmen werden im Rahmen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung nur erfasst, wenn diese nicht auf eigener F&E-Tätigkeit basieren, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gemäß § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen i. S. d. § 1 Abs. 2 nahestehenden Person erfolgen (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a) AStG). Diese Regelung soll auch i. R. d. ATAD-UmsG unverändert fortbestehen.

     

    MERKE | Die Ausnahmeregelung gilt nur bei der Erfassung von Lizenzeinnahmen im Rahmen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. Der Aufgriff durch ausländische Hinzurechnungsbesteuerungsregime, z. B. in mehrstufigen Strukturen, wird aber bei der Ermittlung der Niedrigbesteuerung (§ 4j Abs. 2 S. 3 EStG) mitberücksichtigt (Hagemann/Kahlenberg, IStR 17, 100). Nach § 7 Abs. 1 S. 2 AStG-E soll zukünftig die Anwendung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung unterbleiben, wenn bei Berücksichtigung einer ausländischen Hinzurechnungsbesteuerung keine Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG-E (25 %) mehr verbleibt. In diesem Fall würde es weder zur deutschen Hinzurechnungsbesteuerung kommen noch zur Anwendung der Lizenzschranke, weil auch diese eine Niedrigbesteuerung bei 25 % definiert.

     

    3. Aktuelles BMF-Schreiben vom 19.2.20

    Mit Schreiben vom 19.2.20 äußert sich das BMF erstmals zur Vorschrift des § 4j EStG. Wesentlicher Inhalt sind zwei mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmte Listen von länderspezifischen Besteuerungsregimen, die auf ihre Vereinbarkeit mit dem OECD-Modified-Nexus-Approach geprüft wurden. Die Listen unterscheiden sich wie folgt:

     

    • Abschnitt II enthält eine Liste von Präferenzregimen, die für den Veranlagungszeitraum 2018 vom BMF bereits als nicht Nexus-konform eingestuft wurden (Folge: Abzugsverbot nach § 4j EStG).

     

    • Abschnitt III listet Präferenzregime auf, für die eine abschließende Prüfung auf Nexus-Konformität noch aussteht (Folge: zunächst kein Abzugsverbot nach § 4j EStG).

     

    MERKE | Die Länderlisten basieren letztlich auf den Untersuchungen der OECD von verschiedenen IP-Regimen (abrufbar unter www.iww.de/s3541).

     

    Das BMF-Schreiben kann nur als Arbeitshilfe verstanden werden, weil die aufgenommenen Besteuerungsregime keine abschließende Aufstellung über derzeit bestehende IP-/Patentboxen darstellt. Es handelt sich lediglich um einen exemplarischen „Negativkatalog“, der in der Praxis als Entscheidungsfindung dienen kann, ob eine fragliche Regelung ggf. unter § 4j EStG fällt. Für alle nicht aufgeführten Regime ist eine Einzelfallprüfung erforderlich. Die in Abschnitt II aufgeführten Regime unterfallen dagegen im Veranlagungszeitraum 2018 der Lizenzschrankenregelung ohne Möglichkeit des Nexus-Escapes.

     

    Beachten Sie | Das Abzugsverbot kann aber durchaus aufgrund des Escapes nach § 4j Abs. 1 S. 5 AStG nicht anwendbar sein.

     

    Darüber hinaus enthält das Schreiben den Hinweis, dass einige Staaten mittlerweile ihre Begünstigungsregelungen an den Modified-Nexus-Approach angepasst oder durch diesen ersetzt haben. Mithin ist insbesondere für Lizenzaufwendungen ab Veranlagungszeitraum 2019 gesondert zu prüfen, ob die BMF-Länderliste überhaupt noch aktuell bzw. zutreffend ist. Hinzu kommt, dass in einigen Staaten im Jahr 2018 Bestands- und Neuregelungen parallel anwendbar waren, sodass durchaus geprüft werden sollte, ob der betreffende Gläubiger von der Nexus-konformen oder Nexus-inkonformen Regelung profitiert hat.

     

    Das BMF-Schreiben übernimmt aber ‒ bedauerlicherweise u‒ nicht die Funktion, das verwaltungsseitige Verständnis zu erläutern, wann eine Präferenzregelung i. S. d. § 4j EStG vorliegt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des in Abschnitt III enthaltenen Katalogs bedauerlich, der weitestgehend sehr allgemeine Begünstigungsregelungen enthält (z. B. Finanz-/Holdinggesellschaften oder internationale Unternehmen). Unklar bleibt nämlich, ob die hierin enthaltenen Regime als Präferenzregelungen i. S. d. § 4j EStG zu verstehen sind (hierzu Kahlenberg, IStR 20, 224 ff.). Für die Praxis besonders bedeutsam ist insofern die Aufnahme der US-Regelung (FDII).

     

    • Beispiel 3

    Die D-GmbH hat von ihrer US-amerikanischen Muttergesellschaft (US Corp.) eine Vertriebslizenz erhalten und bezahlt dafür jährlich eine angemessene Lizenzgebühr.

     

    Mit der US-Steuerreform zum Jahreswechsel 2017/2018 wurde in den USA eine Regelung zur steuerlichen Begünstigung von Exporteinkünften (sog. Foreign Derived Intangible Income ‒ kurz FDII) eingeführt. Unter dem FDII ist eine Steuervergünstigung für bestimmte ausländische Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten (IP) zu verstehen. Sie wird gewährt, wenn Einkünfte aus einem immateriellen Wirtschaftsgut auf einem ausländischen Markt etwa durch Veräußerung oder Verwertung erzielt werden. Die FDII-Regelung führt zu einem Abzug von der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage der US-Gesellschaft. Der pauschale Abzugsbetrag wird maßgeblich durch die Höhe der ausländischen Einkünfte der US-Gesellschaft bestimmt und ermittelt sich wie folgt:

     

     

    Das Deemed Intangible Income entspricht wiederum dem abzugsberechtigten Gesamteinkommen (Deduction Eligible Income) der US-Gesellschaft, abzüglich einer fiktiven Rendite von 10 % auf die materiellen Vermögensgegenstände (Qualified Business Asset Investments) des US-Unternehmens.

     

    Im Rahmen ihrer Einkommensermittlung kann eine US-Corporation 37,5 % des ermittelten FDII von ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen, was dazu führt, dass ausländische Einkünfte ‒ ganz vereinfacht ‒ einer Effektivbelastung von 13,125 % (= 21 % [US Corporate Tax] × [1 ./. 37,5 %]) unterliegen.

     

    Die Höhe des FDII ist aber letztlich unabhängig davon, ob ein US-Unternehmen tatsächlich Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten erwirtschaftet, weshalb nach zutreffender Ansicht die US-Regelung eigentlich gerade keinen Anwendungsfall des § 4j EStG darstellen sollte (vgl. Zinowsky/Ellenrieder, IStR 18, 140; Jochimsen, ISR 18, 97; Linn, DStR 18, 326; kritisch Pinkernell, IStR 18, 253; a. A. Richter/John, ISR 18, 112).

     

    Nach dem BMF-Schreiben wird die US-Regelung als Präferenzregelung klassifiziert, für die noch nicht abschließend beurteilt wurde, ob diese als Nexus-konform zu interpretieren ist. Damit ist zu befürchten, dass das BMF das FDII-Regime als Präferenzregelung i. S. d. § 4j Abs. 1 S. 1 EStG einstuft und damit als Anwendungsfall begreift (Kahlenberg, IStR 20, 225). Da das US-Steuerrecht nicht den Modified-Nexus-Approach umgesetzt hat, dürfte auch keine Ausnahme nach § 4j Abs. 1 S. 4 EStG möglich sein mit der Folge, dass in die USA geleistete Lizenzaufwendungen unter das proportionale Abzugsverbot fallen.

     

    Vor dem Hintergrund, dass es sich aber nicht um eine exklusive Begünstigung für Lizenzeinnahmen handelt, sprechen die besseren Argumente dafür, dass die FDII-Besteuerung in den USA keine Präferenzregelung i. S. d. § 4j Abs. 1 S. 1 EStG darstellt.

     

    Beachten Sie | Nach dem BMF-Schreiben soll ein Betriebsausgabenabzug zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) zugelassen werden.

     

    FAZIT | Für Lizenzaufwendungen ist seit dem Veranlagungszeitraum 2018 die deutsche Lizenzschrankenregelung beachtlich. Die Regelung setzt u. a. eine Präferenzbesteuerung der Lizenzerträge beim Gläubiger voraus, weshalb sie nur für grenzüberschreitende Vorgänge maßgebend ist. Für die Praxis sind Sachverhaltseinschätzungen insbesondere deshalb schwierig, weil der Begriff der Präferenzbesteuerung unzureichend gesetzlich definiert ist. Daher ist das BMF-Schreiben vom 19.2.20 aus praktischer Sicht erfreulich, weil zumindest für einige Länderkonstellationen die Anwendung des § 4j EStG feststeht. Zusätzlich wäre aber eine Erläuterung wünschenswert, wie der Begriff der Präferenzregelung i. S. d. § 4j EStG aus Sicht der Verwaltung zu interpretieren ist. Denn für alle nicht genannten Länderkonstellationen bzw. -regime bleibt für die Praxis weiterhin unklar, wann ein konkreter Anwendungsfall der deutschen Lizenzschranke vorliegt, und wann eben nicht. Von daher bleibt zu hoffen, dass hier zeitnah ein ausführlicheres Anwendungsschreiben folgt.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 126 | ID 46493219

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