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  • · Fachbeitrag · Lizenzschranke

    Praxiseffekte der beiden neuen BMF-Schreiben zu § 4j EStG

    von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG, Düsseldorf

    | Steuerpflichtige müssen für seit dem 1.1.18 entstehende Lizenzaufwendungen prüfen, ob ihre steuerliche Abzugsfähigkeit durch die sog. Lizenzschranke eingeschränkt wird. Die Vorschrift des § 4j EStG wirft dabei in der Praxis zahlreiche Zweifelsfragen auf. Mit Schreiben vom 19.2.20 äußerte sich das BMF erstmals zu der Lizenzschranke. Nunmehr wurden mit Datum vom 5.1.22 und 6.1.22 zwei weitere BMF-Schreiben veröffentlicht. Einerseits positioniert sich die Finanzverwaltung darin zu ausgewählten Anwendungsfragen der Norm und zum anderen wird die nicht abschließende Auflistung von nicht Nexus-konformen Präferenzregelungen aktualisiert. |

    1. Zinsschrankenregelung nach § 4j EStG

    Die Vorschrift des § 4j EStG wird allgemein als Lizenzschranke bezeichnet und kann den steuerlichen Abzug bestimmter, nach dem 31.12.17 entstehender Lizenzaufwendungen einschränken oder sogar gänzlich ausschließen. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass multinationale Konzerne ihre steuerlichen Gewinne durch konzerninterne Lizenzzahlungen in Staaten mit speziellen Präferenzregelungen für Lizenzeinkünfte verschieben. Genauer gesagt geht es um Sachverhalte, in denen ein Schuldner Aufwendungen für Rechteüberlassungen tätigt, der Gläubiger der Lizenzzahlungen eine dem Schuldner nahestehende Person ist und zugleich die Einnahmen des direkten/indirekten Gläubigers aufgrund einer nicht dem Nexus-Ansatz entsprechenden Präferenzregelung niedrig besteuert werden.

     

    Die Lizenzschranke nimmt explizit Bezug auf den in Aktionspunkt 5 des BEPS-Abschlussberichts enthaltenen sog. modifizierten Nexus-Approach. Unter Einräumung einer Übergangsvorschrift bis zum 30.6.21 für bereits bestehende Präferenzregime gestattet der modifizierte Nexus-Approach eine begünstigte Besteuerung von Lizenzeinnahmen nur noch insoweit, als dass der Lizenzgeber in seinem Ansässigkeitsstaat eine substanzielle Geschäftstätigkeit ausübt. Stark vereinfacht ausgedrückt sollen nur Ausgaben für eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten begünstigungsfähig sein, nicht aber z. B. der Erwerb von IP. Folglich zielt die Lizenzschranke darauf ab, ausländische Staaten dazu anzuhalten, den modifizierten Nexus-Approach bereits vor Ablauf der Übergangsvorschrift als Voraussetzung für eine präferenzielle Besteuerung zu implementieren. Dem Grunde nach kann die Lizenzschranke demnach überhaupt nur noch insoweit greifen, als ein ausländischer Staat den modifizierten Nexus-Ansatz nicht als Voraussetzung für eine präferenzielle Besteuerung festgesetzt hat.

     

    Auf der Rechtsfolgenseite versagt die Lizenzschranke (partiell) die steuerliche Abzugsfähigkeit von Lizenzaufwendungen, wenn die o. g. Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Vorteil einer begünstigten Besteuerung auf der Einnahmeseite löst infolgedessen einen Nachteil durch eine Einschränkung der Abzugsfähigkeit auf der Aufwandseite aus. Der im Wege einer außerbilanziellen Hinzurechnung zu korrigierende nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen ermittelt sich als ein Quotient:

     

     

    MERKE | Je geringer die steuerliche Belastung der Lizenzeinnahmen bei einem präferenziell niedrig besteuerten ausländischen Lizenzgeber ist, desto höher ist der steuerlich nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen. Im Falle einer präferenziellen Besteuerung der Lizenzeinnahmen mit 0 % wird dem inländischen Lizenznehmer aufgrund eines Quotienten i. H. v. 1 der steuerliche Abzug sogar vollständig verweigert.

     

    In der Praxis bestehen in Bezug auf die Lizenzschranke seit ihrer Einführung zahlreiche Zweifelsfragen. So ist etwa nicht abschließend gesichert, wann genau eine Präferenzregelung vorliegt und welche ausländischen Steuerregime dem Nexus-Ansatz entsprechen. Das BMF äußerte sich erstmalig mit Schreiben vom 19.2.20 (IV C 2 - S 2144-g/17/10002, BStBl I 20, 238) zu der Vorschrift (s. ausführlich Kahlenberg, PIStB 20, 126). Jedoch blieben viele Fragen offen, zumal das Schreiben ausschließlich den Veranlagungszeitraum 2018 thematisierte. Nunmehr hat das BMF zwei weitere Schreiben veröffentlicht (BMF 5.1.22, IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :007, BStBl I 22, 100; 6.1.22, IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :005, BStBl I 22, 103). Anhand von ausgewählten Beispielen werden nachfolgend die Praxiseffekte der beiden BMF-Schreiben erläutert.

    2. Präferenzregelung

    Gemäß § 4j Abs. 1 S. 1 EStG ist für das Greifen der Lizenzschranke insbesondere erforderlich, dass die Lizenzeinnahmen des Gläubigers einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung i. S. d. § 4j Abs. 2 EStG unterliegen (Präferenzregelung).

     

    • Beispiel 1

    Eine in dem ausländischen Staat A ansässige Kapitalgesellschaft (ForCo) erhält von ihrer 100%igen deutschen Tochtergesellschaft (GmbH) für die Überlassung von IP eine fremdvergleichskonforme Lizenzgebühr. Die Lizenzeinnahmen unterliegen bei ForCo nicht dem 30%igen Nominalsteuersatz des Staates A, sondern sie werden aufgrund einer IP-Box einem Steuersatz von lediglich 15 % unterzogen.

     

     

     

    Dem BMF-Schreiben vom 5.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :007, BStBl I 22, 100) zufolge ist für die Analyse, ob eine Abweichung von der Regelbesteuerung vorliegt, die tatsächliche Besteuerung der Einnahmen des Gläubigers aus der Rechteüberlassung mit der Regelbesteuerung anderer Einkünfte in demselben Staat zu vergleichen. Die Regelbesteuerung ist dabei der reguläre Steuersatz, der ohne jede Vergünstigung (z. B. aufgrund der jeweiligen Rechtsform oder der Ansässigkeit des Gläubigers) angewendet werden würde. Unbeachtlich ist, ob ein Antrag für das Abweichen von der Regelbesteuerung vorausgesetzt wird. In Beispiel 1 ist somit unstreitig ein Abweichen von der Regelbesteuerung gegeben, da die Lizenzeinnahmen nur mit 15 % besteuert werden und andere Einkünfte der ForCo hingegen mit 30 %.

     

    • Beispiel 2

    Sachverhalt grundsätzlich wie in Beispiel 1. Nunmehr sei die ForCo jedoch in Staat B ansässig, dessen allgemeiner Nominalsteuersatz für Körperschaften 25 % betrage. Für aus dem Ausland bezogene Einnahmen, wie z. B. für die von der GmbH erhaltenen Lizenzgebühren, betrage der Steuersatz in Staat B einheitlich nur 15 %.

     

     

     

    Nach Ansicht der Finanzverwaltung muss eine Präferenzregelung nicht ausschließlich für Einnahmen aus Rechteüberlassungen gelten. Voraussetzung sei lediglich, dass die Präferenzregelung auch die Einnahmen aus Rechteüberlassungen erfasst. Entsprechend dieser weiten Auslegung ist auch in Beispiel 2 ein Abweichen von der Regelbesteuerung gegeben: Die Lizenzeinnahmen werden nur mit 15 % besteuert statt mit dem Nominalsteuersatz von 25 %. Unerheblich ist, dass z. B. auch aus dem Ausland erzielte Zinseinnahmen oder Dienstleistungsentgelte von dem reduzierten Steuersatz profitieren.

     

    Die Sichtweise der Finanzverwaltung, den Anwendungsbereich der Lizenzschranke nicht auf IP-Boxen, Patent- und Lizenzboxen (vgl. hierzu Beispiel 1) zu beschränken, ist umstritten. Zwar lässt der Gesetzeswortlaut eine solch weite Auslegung zu. Nach dem Sinn und Zweck der Norm wäre hingegen eine Einschränkung sachgerecht, da Deutschland ‒ wie oben ausgeführt ‒ andere Staaten incentivieren wollte, den Nexus-Ansatz bereits vor Ablauf der von der OECD vorgesehenen Übergangsvorschrift als notwendige Voraussetzung einer präferenziellen IP-Besteuerung zu implementieren.

     

    MERKE | Auch sog. Tax Rulings, mithin Einzelabsprachen zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung, können laut dem BMF-Schreiben vom 5.1.22 ein Abweichen von der Regelbesteuerung bewirken. Ein Beispiel wäre etwa, wenn ein ausländischer Staat einem Steuerpflichtigen aufgrund einer Zusage zur Schaffung zahlreicher neuer Arbeitsplätze im Verwaltungsverfahren einen reduzierten Steuersatz für Lizenzeinnahmen gewährt.

     

    Das (Teil-)Abzugsverbot kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Einnahmen des Gläubigers aufgrund einer von der Regelbesteuerung abweichenden Vorschrift niedriger besteuert werden. Die Finanzverwaltung stellt klar, dass infolge des Verweises in § 4j Abs. 2 S. 4 EStG auf § 8 Abs. 5 S. 2 und 3 AStG nicht die rechtlich geschuldete, sondern die tatsächlich erhobene und abgeführte Steuer maßgeblich ist. Folglich sind auch etwaige nachgelagerte Erstattungsansprüche bzw. rechtssubjektübergreifende Steuererstattungen zu berücksichtigen, die dem Gesellschafter einer Gesellschaft, die die Einnahmen aus der Rechteüberlassung erzielt, im Fall einer Gewinnausschüttung zustehen.

     

    • Beispiel 3

    Sachverhalt grundsätzlich wie in Beispiel 1. Allerdings ist die ForCo nun in Staat C ansässig. Staat C weist einen allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 5 % auf und stuft die GmbH als steuerlich transparentes Gebilde ein. Aufgrund einer reinen Innentransaktion unterbleibt demzufolge eine tatsächliche Besteuerung der Lizenzeinnahmen in Staat C. Deutsche Quellensteuern werden annahmegemäß durch ein DBA eliminiert.

     

     

     

    Ein allgemein niedriges Besteuerungsniveau im Staat des Gläubigers erfüllt auch aus Sicht der Finanzverwaltung alleine nicht die Voraussetzungen einer Präferenzregelung für Zwecke der Lizenzschranke, da die Niedrigbesteuerung im Zusammenhang mit einem Abweichen von der Regelbesteuerung stehen muss. Infolgedessen greift die Lizenzschranke in Beispiel 3 nicht. Sämtliche von der GmbH erzielten Einkünfte werden bei der ForCo nicht besteuert. Ursächlich für die Niedrigbesteuerung ist einzig und allein die transparente Einstufung des Lizenznehmers aus der Perspektive des Ansässigkeitsstaats des Lizenzgebers. Eine präferenzielle Behandlung der Lizenzeinnahmen liegt nicht vor.

     

    MERKE | Neben der Lizenzschranke sind zahlreiche weitere Abzugsbeschränkungen für Lizenzaufwendungen zu beachten. Zu nennen sind insbesondere der allgemeine Fremdvergleichsgrundsatz (z. B. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG), die partielle gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f) GewStG, die in Beispiel 3 ab dem 1.1.20 einschlägige Anti-Hybrid-Klausel des § 4k EStG und künftige Vorschriften für eine globale Mindestbesteuerung (Stichwort Pillar 2).

     

    3. Nexus-Konformität

    Für die Frage, ob ein Präferenzregime die Nexus-Ausnahme des § 4j Abs. 1 S. 4 EStG erfüllt (mit der Folge der Nichtanwendbarkeit der Lizenzschranke), kommt es auf eine abstrakte Sichtweise an. Dies stellt die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 5.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :00, BStBl I 22, 100) klar und entspricht dem klaren Wortlaut der Vorschrift. Folglich stellt die Lizenzschranke nicht auf die konkret vorhandene tatsächliche Substanz des ausländischen Lizenzgebers ab, sondern auf die abstrakte Verknüpfung der Präferenzregelung mit den Substanzvoraussetzungen des modifizierten Nexus-Ansatzes im jeweiligen ausländischen Steuersystem.

     

    Im obigen Beispiel 1 kann die Anwendung der Lizenzschranke somit nur vermieden werden, wenn der Staat A eine substanzielle Geschäftstätigkeit im Sinne des Nexus-Ansatzes als Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung der IP-Box im Gesetzestext verankert hat. Nicht ausreichend wäre hingegen ein Nachweis, dass die ForCo in Staat A tatsächlich eine substanzielle Geschäftstätigkeit ausübt.

     

    Die Beurteilung der Nexus-Konformität soll in erster Linie durch das Forum on Harmful Tax Practices (FHTP) der OECD erfolgen. Soweit das FHTP ein IP-Regime als nicht mit dem Nexus-Ansatz vereinbar deklariert, sind die Voraussetzungen der Ausnahme des § 4j Abs. 1 S. 4 EStG nach Verwaltungsauffassung nicht erfüllt, sodass die Lizenzschranke greift. Dies ist angesichts des Gesetzeswortlauts von § 4j Abs. 1 S. 4 EStG zumindest zweifelhaft; die Arbeiten des FHTP sollten allenfalls Indizwirkung haben können.

     

    Eine Arbeitshilfe mit einer (aktualisierten) nicht abschließenden Liste der vom FHTP als nicht Nexus-konform eingestuften bzw. noch nicht abschließend geprüften Präferenzregime hat die Finanzverwaltung für die Veranlagungszeiträume 2018 bis 2020 durch das BMF-Schreiben vom 6.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :005, BStBl I 22, 103) bereitgestellt:

     

    • Nicht Nexus-konforme Präferenzregelungen: Im Vergleich zu der für den Veranlagungszeitraum 2018 veröffentlichten Vorversion (BMF 19.2.20, IV C 2 - S 2144-g/17/10002, BStBl I 20, 238) wurden die bislang nicht abschließend geprüften Präferenzregime in den Staaten Aruba, Brunei Darussalam, Cookinseln, Dominica und Katar nunmehr (zusätzlich) als nicht Nexus-konform eingestuft. Weltweit haben die meisten Staaten ihre nicht Nexus-konformen Regelungen vor dem Hintergrund der zum 30.6.21 auslaufenden Übergangsfrist im Rahmen des BEPS-Projekts mittlerweile abgeschafft, es sind aber Ausnahmen zu beachten (z. B. Griechenlands „Patent Incentive“ oder Katars „Free Zone Areas“).
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    • Beachten Sie | Für die Anwendung des § 4j EStG ist der Übergangszeitraum jedoch irrelevant, sodass Steuerpflichtige einzelfallabhängig zu prüfen haben, ob und in welchem genauen Zeitraum ein nicht Nexus-konformes Präferenzregime genutzt wurde.

     

    • Ein eigener Abschnitt des BMF-Schreibens vom 6.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :005, BStBl I 22, 103, Kapitel II.2.) befasst sich (erstmals) mit kantonalen Spezialgesellschaften in der Schweiz. Diese Verwaltungs-, Domizil- und gemischten Gesellschaften sowie Holdinggesellschaften stellen nach Ansicht der Finanzverwaltung Präferenzregelungen dar, die nicht dem Nexus-Ansatz entsprechen. Dies basiert nicht auf einer Prüfung durch das FHTP, sondern auf der Ansicht der Finanzverwaltung, dass diese Spezialgesellschaften allenfalls in sehr begrenztem Umfang substanzielle Geschäftstätigkeiten in der Schweiz ausüben.

     

    • PRAXISTIPP | Da diese Gesellschaften mit Wirkung zum 1.1.20 abgeschafft und durch eine (Nexus-konforme) Patentbox ersetzt wurden, haben Steuerpflichtige insoweit nur zu prüfen, ob bis zum 31.12.19 Lizenzeinnahmen über derartige Regime direkt bzw. indirekt vereinnahmt wurden.

       
    • Noch nicht abschließend geprüfte Präferenzregelungen: Aufgelistet werden Präferenzregelungen in Jordanien, Litauen, Paraguay sowie das FDII-(Foreign Derived Intangible Income-)Regime in den USA. Insoweit ergibt sich keine Veränderung gegenüber dem BMF-Schreiben vom 19.2.20 (IV C 2 - S 2144-g/17/10002, BStBl I 20, 238). Für die Veranlagungszeiträume 2018 bis 2020 sollen entsprechende Aufwendungen als (nicht der Lizenzschranke unterliegende) grundsätzlich abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden. Die Veranlagung hat aber nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu erfolgen.

     

    In keinem Fall ist ein vollständiges Verlassen auf das FHTP möglich. So werden z. B. Präferenzregime, die nicht oder nicht ausschließlich für Lizenzeinnahmen gelten (sog. sonstige Präferenzregime), vom FHTP gar nicht auf ihre Nexus-Konformität hin geprüft. Ferner unterbleibt eine Prüfung durch das FHTP, wenn das jeweilige Präferenzregime im Übergangszeitraum bis zum 30.6.21 aufgehoben oder Nexus-konform angepasst wurde. Schließlich liegen für Tax Rulings im Regelfall keine Analysen des FHTP vor.

     

     

    Höchste Praxisrelevanz hat die Einstufung des US-amerikanischen FDII-Regimes (s. obige Grafik). Die Finanzverwaltung geht diesbezüglich unter Hinweis auf eine „teilweise Steuerbefreiung für ausländische Einkünfte“ von einer Präferenzregelung aus, deren Nexus-Konformität noch nicht geklärt ist. Allerdings gewährt das FDII-Regime gar keine partielle Steuerbefreiung, sondern vielmehr einen formelhaft zu ermittelnden Pauschalabzug auf der Aufwandsseite ohne direkten Zusammenhang zu der Einnahmeseite, sodass bereits fraglich ist, ob überhaupt ein Abweichen von der Regelbesteuerung vorliegt.

     

    PRAXISTIPP | Steuerpflichtige sollten entsprechende Lizenzaufwendungen grundsätzlich als abzugsfähig deklarieren. Eine Einzelfallprüfung ist jedoch angezeigt, da die Veranlagung gemäß dem BMF-Schreiben vom 6.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :005, BStBl I 22, 103) nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt.

     

    4. Beweislastverteilung

    Erstmals äußert sich die Finanzverwaltung durch das BMF-Schreiben vom 5.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :00BStBl I 22, 100) zu der Beweislastverteilung hinsichtlich der Anwendung der Lizenzschranke. Demnach sollen die allgemeinen Grundsätze gelten, wonach die Finanzverwaltung grundsätzlich die Beweislast für steuererhöhende Tatsachen trägt und der Steuerpflichtige für steuermindernde Tatsachen:

     

    • Die Finanzverwaltung hat das Vorliegen einer Präferenzregelung mit daraus resultierender Abzugsbeschränkung nachzuweisen. Der Steuerpflichtige ist dabei jedoch zur Mitwirkung verpflichtet (§ 90 Abs. 2 AO).

     

    • Soweit im Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers, z. B. durch Rückgriff auf die vom FHTP bereitgestellten Reviews, das Vorliegen einer Präferenzregelung feststellt wurde, kann die Finanzverwaltung von deren tatsächlicher Anwendung auf die Lizenzeinnahmen ausgehen. Durch Vorlage entsprechender Nachweise kann der Steuerpflichtige jedoch die Anwendung der Präferenzregelung widerlegen.

     

    • Dass eine Lizenzzahlung keiner Präferenzregelung, sondern vielmehr der Regelbesteuerung unterlegen hat, soll der Steuerpflichtige dabei grundsätzlich nur durch Vorlage von Unterlagen aus der Buchführung des Lizenzgebers sowie des ausländischen Steuerbescheids nebst Berechnungsgrundlagen führen können. Das BMF-Schreiben vom 5.1.22 (IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :00, BStBl I 22, 100) listet detaillierte, nicht abschließende Anforderungen auf, die aus den Unterlagen ersichtlich sein müssen, z. B. dass die Einnahmen nicht durch einen fiktiven Betriebsausgabenabzug verringert wurden.

     

    • Beachten Sie | Die Finanzverwaltung setzt somit sehr weitgehende Mitwirkungspflichten fest, zumal Unterlagen und Informationen eines anderen und zudem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen beizubringen sind, über die der inländische Steuerpflichtige gegebenenfalls nicht verfügt und die er auch nicht beschaffen kann. Um Streitigkeiten in späteren Betriebsprüfungen zu vermeiden, sollten Steuerpflichtige bereits frühzeitig damit beginnen, die entsprechenden Nachweise zusammenzustellen.

     

    • Die Nexus-Konformität einer Präferenzregelung ist vom Steuerpflichtigen anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Sofern aber das FHTP von einer Nexus-Konformität ausgeht, gilt der Nachweis der Einschlägigkeit der Ausnahmeregelung als erbracht; im Falle einer Nexus-Inkonformität kann die Escape-Regelung des § 4j Abs. 1 S. 4 EStG hingegen nicht greifen.

     

    FAZIT | Durch die beiden BMF-Schreiben aus Januar 2022 konkretisiert die Finanzverwaltung ihre Interpretation der Vorschrift des § 4j EStG. Sie nimmt dabei für Präferenzregelungen eine weite Auslegung vor, sodass z. B. auch sog. gemischte Gesellschaften in der Schweiz die Anwendung der Lizenzschranke auslösen können. Steuerpflichtige sollten ihre Konzernstrukturen hinsichtlich der in den BMF-Schreiben als schädlich eingestuften Regime durchforsten und die geforderten Dokumentationen frühzeitig erstellen. Zu beachten ist dabei, dass weltweit mittlerweile die ganz überwiegende Mehrzahl der Staaten den modifizierten Nexus-Ansatz umgesetzt hat; zumindest nach Ende der OECD-Übergangsfrist, mithin ab dem 1.7.21, ist die Lizenzschranke daher in vielen Fällen nicht mehr einschlägig. Von unverändert hoher Praxisrelevanz ist jedoch die nach wie vor nicht geklärte Behandlung des FDII-Regimes in den USA.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2022 | Seite 131 | ID 48140639

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